Wallfahrt

„Das Kreuz macht Beine"

Reiterinnen und Reiter aus dem nahen und weiten Umkreis stellten sich und ihre Pferde unter den Segen Gottes. Der Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier und Dekan Ulrich Kloos spendeten ihn mit den Kreuzreliquien. Foto: drs/Jerabek

Kein „passives Symbol“, sondern „Ansporn für ein Leben mit Christus": Wiblingen feierte das Heilig-Kreuz-Fest mit Reiterprozession und Festmesse.

Allgegenwärtig – auf Kirchtürmen und im Herrgottswinkel, als Schmuckanhänger und nicht selten sogar als Tattoo – und doch irgendwie sperrig ist das Kreuz, dessen Ambivalenz am Fest der Kreuzerhöhung besonders in den Fokus tritt und dessen dunkle, schmerzvolle Seite sich vor allem in der Sprache widerspiegelt – in „durchkreuzten“ Plänen oder in Menschen, die als „Kreuz“ empfunden werden. Der Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier legte als Festprediger beim Festgottesdienst in der Wiblinger Basilika den Finger in die Wunde, als er fragte: „Denken wir überhaupt noch etwas, wenn wir ein Kreuz sehen bzw. an einem Wegkreuz vorbeigehen – bewegt sich etwas in uns? Sprechen wir ein Gebet, halten wir kurz inne oder verneigen wir uns für einen Moment?" Vielen Menschen sei das Kreuz und insbesondere die Darstellung des Gekreuzigten „ein Anblick, dem wir uns unwillkürlich nicht lange aussetzen wollen". Denn die Haltung des Gekreuzigten entspreche der menschlichen Haltung der Wehrlosigkeit.

Der Vergänglichkeit den Stachel nehmen

Trotzdem: „Das Kreuz, grob aus zwei Balken zusammengezimmert, verbindet Himmel und Erde, die Vertikale und die Horizontale", sagte Meier. Die Haltung des Gekreuzigten sei auch die Haltung des Gebetes. „Die sogenannte Orantehaltung, die der Priester in der Heiligen Messe einnimmt und die allgemein wieder beliebt geworden ist, lässt uns mit offenen Armen und dem nach oben gerichteten Blick vor Gott hintreten." Für Christen sei das Kreuz ein Erinnerungszeichen, ein „Pluszeichen", das Welt und Gott in Beziehung setze und der Vergänglichkeit den Stachel nehme, sagte der Augsburger Bischof, der als einstiger Kaplan, dann Stadtpfarrer und Dekan in Neu-Ulm eine gute Verbindung in die Ulmer Region und das Dekanat Ehingen-Ulm hat.

Ansporn für ein Leben mit Christus

Das Kreuz sei mehr als ein „passives Symbol", wie vor Jahren der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte formulierte, als er entschied, dass das Anbringen des Kruzifixes im Klassenzimmer keinen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstellt. „Das Kreuz macht Beine", rief Bischof Meier den Gläubigen zu; es fordere heraus, aktiv zu werden. Am Beispiel der heiligen Edith Stein zeigte der Prediger auf, was es heißt, das Kreuz im Herzen zu tragen und die Welt unter diesem Vorzeichen, diesem Pluszeichen zu sehen. „Trauen auch wir diesem Kreuz wieder mehr zu, lassen wir es nicht 'passives Symbol' sein, sondern Ansporn für ein Leben mit Christus und in der Nachfolge des Gekreuzigten", sagte Meier.

Festliche Reiterprozession

Am Schluss des an der neuen Wiblinger Hauptorgel und von Solisten unter der Leitung von Marion Kaßberger festlich gestalteten Gottesdienstes – es erklang die „Messe pour deux voix égales“ von Cecilie Chaminade – spendete der Bischof den Gläubigen den Segen mit dem Kreuzpartikel der Basilika. Zuvor hatten bereits rund 50 Reiterinnen und Reiter und zahlreiche Gläubige und Schaulustige im Wiblinger Klosterhof den Segen mit den beiden Kreuzreliquien aus Wiblingen und Gögglingen empfangen. Basilika-Pfarrer und Dekan Ulrich Kloos hatte den in Gögglingen verwahrten Partikel in einer festlichen Reiterprozession von der Heilig-Kreuz-Kirche in Gögglingen nach Wiblingen gebracht.

Das Kreuz verbindet

Heuer ist es 925 Jahre her, seit das Brüderpaar Hartmann und Otto von Kirchberg ein Benediktinerkloster stifteten und dafür von Papst Urban II. Partikel des Kreuzes Christi erhielten. Der letzte Abt des Benediktinerkonventes vor der Säkularisation, Ulrich Keck, verbrachte 1803 einen Partikel der Wiblinger Reliquie nach Gögglingen und verband damit die beiden Orte in der gemeinsamen Kreuzverehrung. In der Reiterprozession am Heilig-Kreuz-Fest werden diese Partikel des Kreuzes Jesu in Wiblingen zusammengebracht – symbolisch auch als das verbindende Element der Gemeinden der Seelsorgeeinheit Ulm-Basilika, die das Doppelkreuz in ihrem Logo führt. An der von Christoph Raiber mit zahlreichen Helferinnen und Helfern umsichtig organisierten Prozession beteiligten sich mehrere Reiterhöfe und Reitvereine aus Wiblingen, Gögglingen und Umgebung, eine Gruppe von Blutreitern aus Weißenau und Weingarten mit Diakon Erik Thouet und zahlreiche Pferdeliebhaber. Familie Geiger stellte eine Kutsche zur Verfügung.

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