Das Leben lernen

Es ist eine Kultur der Wertschätzung und Achtsamkeit, die den Geist von St. Gertrudis ausmacht. Dadurch seien die 15 Jahre Schulleitung das Beste gewesen, was ihr passieren konnte, ist Schwester M. Birgit Reutemann überzeugt. Foto: Schwenk

Fünfzehn Jahre hat Schwester M. Birgit Reutemann die Ellwanger Schule St. Gertrudis geleitet und geprägt.

Für die Mädchen und Jungen an St. Gertrudis beinhaltet die Schulzeit mehr als binomische Formeln, Gedichtvergleiche oder die perfekte Kür auf dem Schwebebalken. In den 15 Jahren als Schulleiterin der Mädchenrealschule und des Gymnasiums St. Gertrudis hat Schwester Birgit mit ihrem Lehrerkollegium den Schülerinnen und Schülern noch etwas Anderes mitgegeben: die Möglichkeit, das Leben und Denken aus der franziskanischen Spiritualität zu gestalten, den Glauben an sich selbst zu wagen und den Mut, zu entdecken, was in einem steckt.

Auch die vorurteilsfreie und offene Begegnung mit anderen Menschen sowie die eigene Überzeugung, die durchaus abseits des Mainstreams liegen kann, zu leben, gehören zu den Bausteinen der franziskanischen Pädagogik und zu dessen christlichem Menschenbild. „Man muss sie natürlich immer wieder neu in die jeweilige Zeit hinein buchstabieren“, ist Schwester Birgit überzeugt. Dass ihr dies gelungen ist, stellten bei einer Abschiedsfeier die Vertreter des Schulträgers, des Elternbeirats, der Schüler und der Stadt Ellwangen in ihren Grußworten heraus.

Ganzheitliche Bildung

„Der Lehrerberuf“, so sagt Schwester Birgit, „beinhaltet mehr als die Wissensvermittlung“. Lehren bedeutet für sie ganzheitliche Bildung der Schülerinnen und Schüler, die Ermutigung an jeden einzelnen, den eigenen ganz persönlichen Weg zu entdecken und zuversichtlich zu gehen, in Verantwortung und Solidarität sein Leben zu gestalten und seine Potentiale in Gesellschaft und Kirche einzubringen.

Dieses Konzept kommt bei Schülerinnen und Schülern und Eltern gleichermaßen gut an. Der große Zulauf – in St. Gertrudis drücken ca. 1130 Kinder und Jugendliche die Schulbank – gibt ihr Recht. Voller Überzeugung und mit viel Liebe widmete sich Schwester Birgit dem Lehrerberuf. Schon ganz früh in ihrem Leben war ihr klar, dass sie das Lehren auf ihre Art und Weise, geprägt und begleitet von den in der damaligen Zeit revolutionären Ansätzen des heiligen Franziskus, umsetzen will.

Schwester Birgit Reutemann ist geboren und aufgewachsen in Friedrichshafen und studierte direkt nach dem Abitur Grund- und Hauptschullehrerin. Sie trat 1977 während ihrem Studium in die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Sießen ein. Nach dem Noviziat (Probezeit im Ordensleben) war sie im Internat und im Aufbaugymnasium im Kloster Sießen eingesetzt. Es folgte das Aufbaustudium zur Realschullehrerin in den Fächern Deutsch, kath. Theologie und Sport.

Leidenschaftliche Sportlerin

Lächelnd erzählt sie, dass sie als Jugendliche eine leidenschaftliche Sportlerin war und sogar dreimal an den Württembergischen Meisterschaften teilgenommen hat. In ihrer Jugendzeit war sie außerdem sehr engagiert in der Jugendarbeit ihrer Kirchengemeinde und im Dekanat. Sie organisierte Jugendfreizeiten und Zeltlager, Besinnungstage und Mediationswochenenden. „Diese Zeit prägt mich bis heute“, sagt Schwester Birgit. Der ganzheitliche Zugang zum Glauben ist für sie neben der theologischen Auseinandersetzung und Reflexion eine wichtige Säule der Persönlichkeitsbildung und des Religionsunterrichts.

Pastorale Arbeit und religiöse Bildungsarbeit im Raum Isny, Wangen und Leutkirch, Leitung der Ordensausbildung und Generalvikarin (Stellvertreterin der Generaloberin) sind weitere Stationen im Leben von Sr. Birgit. Ihr Interesse an gesellschaftlichen Entwicklungen führte sie zu einem zweiten Studium in Philosophie und Soziologie, das sie mit dem Magister Artium abschloss.

Auf zu neuen Horizonten

Im Jahr 2005 kam Sr. Birgit noch einmal nach St. Gertrudis zurück, dieses Mal als Schulleiterin. Zusammen mit ihrem Kollegium entwickelte sie das Konzept der Sießener Schulen weiter. Neben der Vermittlung von Wissen stehen eine Kultur der Achtsamkeit, des Dialogs, der wertschätzende Umgang mit sich selbst, mit der Schöpfung und mit den Mitmenschen sowie Mädchen- und Jungenbildung im Zentrum.

Dankbar und zufrieden blickt Schwester Birgit Reutemann auf ihre Zeit als Schulleiterin zurück. „Mein Kollegium ist ein sehr gutes“, sagt sie. Viel an Beziehungen sei gewachsen und weil ihr die Arbeit sehr viel Freude gemacht hat, geht sie natürlich auch mit Wehmut und mit der Erkenntnis: „Ich selbst habe mich in dieser Arbeit am meisten entwickelt.“

Die Verabschiedung begann mit einem Wortgottesdienst am Bergaltar des Schönenbergs, anschließend traf man sich im Obstgarten beim Tagungshaus. Die Feier stand unter dem Titel „Auf zu neuen Horizonten, vor uns liegt ein weites Land“. Voraussichtlich im Februar übernimmt Sr. Birgit Reutemann die Leitung des Geistlichen Zentrums Stadtkloster Bad Mergentheim.

 

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