Seit dem 24. Februar herrscht wieder Krieg mitten in Europa und wir werden fast täglich mit neuen Gräueltaten aus der Ukraine konfrontiert. Dabei stellt sich die Frage, wie es den Menschen geht, die das überlebt und die Flucht bis zu uns geschafft haben. Nicht wenige von ihnen sind traumatisiert und brauchen besondere Zuwendung. „Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte lehren, wie gravierend die Langzeitfolgen von Traumata das Leben von Menschen dauerhaft beeinträchtigen können, wenn nicht bereits früh Hilfe geleistet wird“, sagt Dr. Joachim Drumm, Flüchtlingsbeauftragter der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
"Gerade am Anfang kann noch viel getan"
Er hält fest: „ Der entsprechenden Sensibilisierung und Schulung unseres Personals ist daher große Bedeutung beizumessen.“ Justyna Höver, Leiterin des diözesanen Koordinierungsteams Ukraine-Hilfe, ergänzt: „Gerade die vielen haupt- und ehrenamtlich Engagierten, welche die Geflüchteten aus der Ukraine liebevoll und verlässlich begleiten, sind eine wertvolle Ressource. Es war uns daher ein großes Anliegen, die Mitarbeitenden, die Großartiges leisten, für ihre Arbeit rasch gut auszurüsten. Denn gerade am Anfang kann noch viel getan werden, um eine Verschlechterung oder gar Chronifizierung von Traumata zu vermeiden.“ Daher habe bereits im Mai die Fortbildungsreihe „Wenn die Seele weint – Traumasensible Seelsorge und Begleitung von Geflüchteten“ begonnen.
Angebot für verschiedene Zielgruppen
Das Angebot sei zusammen mit Dr. Claudia Hofrichter vom Institut für Fort-und Weiterbildung der Diözese und den zuständigen Referentinnen und Referenten der Diözese entwickelt worden und die erste dreistündige Veranstaltung sei gut besucht gewesen, obwohl der Termin sehr kurzfristig angeboten wurde, berichtet Justyna Höver. „Wichtig war uns, das Angebot schnell aber auch angepasst für die verschiedenen Zielgruppen auf die Beine zu stellen. So gibt es eigene Kurse für die Zielgruppe von traumatisierten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Trauma bleibt Trauma, aber der Umgang sieht in der Praxis dann doch anders aus.“
Weitere Termine werden ermöglicht
Teilnehmen könnten an dem kostenfreien Angebot alle Mitarbeitenden der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Laut Claudia Hofrichter wird das Angebot der dreistündigen Veranstaltungen insgesamt gut angenommen und mittlerweile seien fast alle ausgebucht. Gerade das Online-Format und die schnelle Bereitstellung der Kurse sei begrüßt worden. „Sobald wir Wartelisten eröffnen, werden wir weitere Termine ermöglichen“, hält sie fest.
Grundwissen zum Thema Trauma
Die Kurse vermittelten Grundwissen zum Thema Trauma, sie stellten Erfahrungen aus der Arbeit mit traumatisierten Menschen vor und lieferten Hinweise zum richtigen Umgang mit Betroffenen. „ Je nach Schwerpunkt, der gewählt wurde, geht es dann spezieller um Kinder und Jugendliche, Eltern oder Erwachsene. Die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer können auch ihre eigenen Fragen stellen. Einer Jugendgruppenleiterin war es zum Beispiel wichtig zu erfahren, wie sie gut entscheiden kann, ob sie ukrainische Jugendliche mit zur Ferienfreizeit nimmt“, berichtet Hofrichter. Generell gehe es in den Onlinekursen unter anderem um die Frage, was traumatisierten Geflüchteten hilft, was man konkret tun kann, wenn Verhaltensauffälligkeiten bemerkt werden, die auf eine Traumatisierung hinweisen, wohin man sich im Falle einer Überforderung wenden kann und wie mit einem Dolmetscher an der Seite Gespräche geführt werden können.
Konkrete Tipps
Es gebe viele Berufsgruppen, die Hilfestellungen und konkrete Tipps im Umgang mit traumatisierten Geflüchteten benötigten, berichtet Hofrichter: Seelsorgerinnen und Seelsorger, Lehrerinnen und Lehrer, Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter, Mitarbeiterende in der Schulpastoral, Jugendreferenteninnen und -referenten, Erzieherinnen und Erzieher oder Mitarbeitende in der Familienpflege, gibt sie einige Beispiele. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des diözesanen Caritasverbands könnten sich anmelden und teilnehmen, wenn noch Plätze frei sind.