„Zum Glück kannten wir aus unserer Nachbargemeinde einen pensionierten Kirchenmalermeister, dem unsere Kapelle sehr am Herzen lag“, berichtet Johann Kohler. „Aus seiner langjährigen Erfahrung gab er uns immer fachkundige Auskunft und Ratschläge.“ Außer Freunden und Verwandten halfen auch Familien aus dem Kapellengässle bei einzelnen Renovierungsschritten mit. Ein auf alte Putzarbeiten spezialisierter Handwerker brachte den empfohlenen Trass-Kalk-Putz auf. „Der Putz muss sich wie eine Haut um die Kapelle legen“, erklärt Edeltraud Kohler. Auch für das Modellieren der Gesimse bedurfte es einer besonderen Putzmischung und der Erfahrung der Spezialisten.
Stiftungspreisträger der Stiftung Wegzeichen
Rund 17.000 Euro und 800 Arbeitsstunden, so hat das Ehepaar Kohler ausgerechnet, wurde in die Renovierung der Kapelle investiert. Für ihr Engagement wurden sie mit vom Schwäbischen Heimatbund und von der Stiftung Wegzeichen-Lebenszeichen-Glaubenszeichen der Diözese Rottenburg-Stuttgart ausgezeichnet.
Vom gemeinsamen Ortstermin aller Beteiligten bis zur Wiedereinweihung der Kapelle durch Pfarrer Dr. Dietmar Horst vergingen vier Jahre. Zu dieser Zeit waren Johann und Edeltraud Kohler noch beide berufstätig. „Im Rückblick war es gut, dass wir ohne Zeitdruck die Kapelle renovierten“, sagt der Landwirt. „Beim Entfernen der Heraklithplatten stießen wir auf zwei Lichtöffnungen, eine rechte Wandnische und das große Rundbogenfenster. Jetzt wurde die Renovierung immer interessanter.“ Und die Kapellenbesitzer staunten nicht schlecht, als unter Bauschutt im Chorraum alte Fundamente und ein alter Backsteinfußboden zum Vorschein kamen.
Die Geschichte der Kapelle erforscht
Spätestens jetzt war heimatkundlicher, baugeschichtlicher und kunsthistorischer Spürsinn gefragt. Edeltraud Kohler erbat dafür die Unterstützung von Heimatforscher Dr. Alois Kapfer und den langjährigen Dillinger Kreisheimatpfleger Alois Sailer. Denn für die vermutlich seit jeher private Kapelle, die seit Generationen im Besitz der Familie Kohler ist, finden sich kaum Eintragungen in einschlägigen Archiven. Nach Einschätzung der Experten dürfte ein erstes Heiligenhäuschen an dieser Stelle aus der Zeit um 1320 stammen, eine Erweiterung zur heutigen Chorbreite erfuhr es etwa um 1400.
„Die Widmung der Kapelle für den auf seinem Gang auf den Kalvarienberg schwer misshandelten, sich ausruhenden Erlöser könnte unmittelbar aus dem Erleben des für diese Region als bis dahin größte Katastrophe empfundenen Dreißigjährigen Krieges entstanden sein“, vermutet Kapfer. Die Bevölkerungszahl von Demmingen sei zwischen 1630 und 1643 von 300 auf 50 Seelen zurückgegangen. Und Alois Sailer schreibt in einer vom Ehepaar Kohler mit Sorgfalt und Liebe erstellten Broschüre: „Es war ein geradezu ‚heiliger Weg‘ von einem bescheidenen Heiligenhäuschen mit einer heute unbekannten Ausstattung bis zu der neurenovierten Kapelle, die trotz aller leidlichen Zeitläufe erst heute ihren gestalterischen Höhepunkt erreicht hat.“ Auf dass auch heute und in Zukunft Menschen hier das eigene Kreuz an das Kreuz Jesu anlehnen mögen und Trost und Segen erfahren.