Aktion Martinusmantel

„Niemand wird fallengelassen"

Austausch und Information beim Trägernetzwerktreffen der Aktion Martinusmantel in Schwäbisch Gmünd (von links): Helga Frey, Leiterin des Sozialbetriebes Werkhof Ost, Christine Wible, Bereichsleiterin Markt & Integration im Jobcenter Ostalbkreis, Karin Stroh, Sozialpädagogin im Werkhof Ost, und Karin Schieszl-Rathgeb, Ordinariatsrätin und Leiterin der Hauptabteilung XI „Kirche und Gesellschaft“ im Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Foto: drs/Jerabek

Aktuelle Fragen und Projekte zur Förderung langzeitarbeitsloser Menschen standen im Fokus des Trägernetzwerktreffens der „Aktion Martinusmantel".

Medial ist es ein Nebenschauplatz, für die Träger von Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekten ist und bleibt es ein „Kerngeschäft": die Integration von Langzeitarbeitslosen und gering Qualifizierten in das Arbeitsleben. Denn von der aktuell hohen Arbeitskräftenachfrage profitieren Menschen mit Hemmnissen kaum. Zu diesem ernüchternden Lagebild gesellen sich Gerechtigkeitsfragen, Klischees und Neiddebatten, aber auch - quasi als Antwort - eine beeindruckende Palette von Projekten und Initiativen verschiedenster, vor allem kirchlicher Träger. Dazu zählen die Caritas, die Stiftung Haus Lindenhof, die Staufen Arbeits- und Beschäftigungsförderung gGmbH (SAB), der Verein für Jugend-, Familien- und Gemeinwesenarbeit (JuFuN e.V.), die Da Capo GmbH und andere mehr. Seit fast 40 Jahren fördert die Aktion Martinusmantel aus Spenden, der jährlichen Martinuskollekte und aus Haushaltszuschüssen der Diözese solche Maßnahmen: In derzeit 16 Projekten begleiten Fachleute 350 erwerbslose Menschen und schaffen Zugänge zu Ausbildung und Arbeit. Sie arbeiten mit Jobcentern, Beratungsstellen, Firmen und Einrichtungen zusammen.

Eine „Gratwanderung"

Mit Sorge blicke man auf die bisweilen polemischer werdenden Gerechtigkeitsdebatten und auf die Forderungen nach schärferen Sanktionen beim Bezug von Bürgergeld, so machten Vertreterinnen und Vertreter der Träger von Beschäftigungsprojekten bei ihrem jüngsten Netzwerktreffen in Schwäbisch Gmünd deutlich. Bei dem Bemühen, den Wert der Arbeit stärker zu thematisieren und in der Förderung von Maßnahmen besser zu berücksichtigen, bleibe es eine „Gratwanderung", dabei nicht ungewollt eine Position einzunehmen, die geeignet sei, Bezieher von Bürgergeld „abzuqualifizieren". Dass das Bürgergeld - allen Polemiken zum Trotz - nur dazu geeignet ist, das Überleben sicherzustellen, diese Botschaft gelte es verstärkt in der gesellschaftspolitischen Debatte einzubringen. Menschen, die „auf dem Sofa liegen" und vom Staat eine Förderung erwarten, seien Einzelfälle. In der Breite entspreche dieses Bild nicht der Erfahrung aus der Arbeit mit Betroffenen.

Lebensperspektiven eröffnen

Die Menschen wollten gerne arbeiten, sähen sich aber oft in der Situation, dass sie sich Arbeit in Industrie oder Gewerbe - außerhalb eines geschützten Rahmens - nicht (mehr) zutrauen. Meist seien dies Menschen, bei denen das Alter, gesundheitliche oder psychosoziale Hemmnisse eine Arbeitsaufnahme erschweren, berichteten die Konferenzteilnehmer. Aber auch junge Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss tun sich schwer, eine existenzsichernde Arbeitsstelle zu finden. Zunehmende  Bedeutung erhält die Verknüpfung von Arbeitslosigkeit und Migration. Diesen Menschen Lebensperspektiven zu eröffnen und sie in ihren Bemühungen um berufliche und gesellschaftliche Teilhabe zu unterstützen, ist Ziel der von der Aktion Martinusmantel geförderten Arbeitsintegrations­maßnahmen.

„Was wir an Positivem gemeinsam erreichen können"

Nicht auf die Defizite der Menschen zu schauen, sondern vor allem auf ihre Kompetenzen und Fähigkeiten, und die Menschen, die Bürgergeld beziehen, in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, das hat sich das Jobcenter Ostalbkreis schon lange auf die Fahnen geschrieben. „Niemand wird fallengelassen, alle haben die Möglichkeit zur Teilhabe, alle kriegen eine Beratung", sagte Christine Wible, Bereichsleiterin Markt und Integration, in ihrem Referat zu aktuellen Fragen der Arbeitsmarktintegration und Arbeitsmarktpolitik. Mit Blick auf die wieder aufgeflammte Sanktions-Debatte zum Bezug von Bürgergeld sagte Wible, der Teil der arbeitslosen Menschen, die es zu sanktionieren gelte, sei verschwindend gering. Schon vor etwa zehn Jahren habe das Jobcenter, das in Trägerschaft des Landkreises ist, deshalb das Thema Sanktionen versuchsweise in der Beratungspraxis ausgeblendet und sich darauf fokussiert, „was wir an Positivem gemeinsam erreichen können". Die Erfahrungen mit diesem Weg seien gut: der Anteil der Menschen, die sich verweigern, sei nicht mehr und nicht weniger geworden als zuvor; dafür hätten die Integrationsberaterinnen und -berater jetzt mehr Beratungskapazitäten zur Verfügung. „Wir sind davon überzeugt, dass das ein richtiger Weg ist", so Wible.

Die gesellschaftliche Teilhabe im Blick

Zu den aktuellen Herausforderungen in der Arbeitsmarktintegration zählt die Jobcenter-Expertin neben den angekündigten Einschnitten im Etat die steigende Langzeitarbeitslosigkeit und den großen Bedarf an „niedrigschwelligen, motivierenden und aktivierenden Maßnahmen", die auch die gesellschaftliche Teilhabe im Blick haben. „Viele Ihrer Projekte gehen genau in diese Richtung, und wir sind auch als Jobcenter sehr dankbar, dass es diese ergänzenden Möglichkeiten und Mittel gibt", sagte Wible an die Runde der Projektträger gerichtet.

Eine gute Tradition bei den Netzwerktreffen der Aktion Martinusmantel ist es, die gastgebende Einrichtung kennenzulernen. Helga Frey, Leiterin des Werkhof Ost, und Sozialpädagogin Karin Stroh führten durch die Räume des Sozialbetriebs, in welchem langzeitarbeitslose Menschen Arbeit, Beratung und Unterstützung bekommen. Gleichzeitig helfen die langzeitarbeitslosen Menschen im Rahmen des Seniorennetzwerkes der Stadt Schwäbisch Gmünd und der organisierten Nachbarschaftshilfe Hardt älteren Menschen bei Kleinreparaturen, Gartenarbeiten und im Haushalt. Der Betrieb wird getragen durch den gemeinnützigen Verein für Jugend-, Familien und Gemeinwesenarbeit (JuFuN e.V.).

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