Fast 1000 Jahre lang fand Josef in der Kirche kaum Beachtung – er ist ja „nur“ der Nährvater Jesu. Erst im 9. und 10. Jahrhundert finden sich in Heiligen-Verzeichnissen der römischen Kirche Spuren einer Josefsverehrung, die jedoch praktisch das ganze Mittelalter hindurch eher eine private war. Wohl nur die Kopten feierten schon früher ein Fest zu seinen Ehren. Die erste Josefskirche dürfte Anfang des 12. Jahrhunderts in Bologna entstanden sein.
Starke Fürsprache erfuhr Josef beim Konzil von Konstanz (1414-1418). Die französischen Reformtheologen Pierre d’Ailly und Johannes Gerson bemühten sich um eine Abkehr vom tradierten Josefsbild, das ihn als alten Mann im Hintergrund sah, zweifelnd, oft schlafend; selbst Ochs und Esel scheinen auf Darstellungen der Geburt Jesu näher am Geschehen zu sein. Auch die Franziskaner bemühten sich um eine Aufwertung des Heiligen. Unter Papst Sixtus IV., selbst Franziskaner, wurde das Josefsfest 1479 ins Brevier, das Gebetbuch des katholischen Klerus mit den Stundengebeten, aufgenommen. Gregor XV. erhob das Fest 1621 zum gebotenen Feiertag. Vor 150 Jahren wurde Josef zum Schutzpatron der gesamten katholischen Kirche und der Josefstag - der 19. März - zum Hochfest bestimmt. Papst Franziskus hat für 2021 ein „Jahr des heiligen Josef“ ausgerufen und ein eigenes Schreiben über diesen seinen Lieblingsheiligen veröffentlicht: „Patris corde“.
Das veränderte Josefsbild spiegelt sich auch in der Kunst wider. Wohl von Spanien ausgehend, zeigten Künstler den Heiligen in seiner unterschätzten Bedeutung: als Mann des Glaubens und der Zuversicht in den göttlichen Heilsplan: als Mensch, der Verantwortung übernimmt und immer wieder neu aufbricht; als treusorgenden Ernährer und Ziehvater in einer innigen Beziehung zu Jesus; und wenn man so will: als vorbildlichen Partner, der auch im Haushalt mit anpackt. Zu den herausragenden Darstellungen zählt das 1674 entstandene Gemälde von Johann Heiss, das die innige Zuneigung des Zimmermanns zu seinem Ziehsohn zeigt, der ihn mit einem Kranz aus Lilien, dem Symbol der Keuschheit und Reinheit krönt. Das Gemälde ist im Diözesanmuseum Rottenburg zu sehen.