Ukraine

Die neue Bedeutung der Auferstehung

Am Sonntagabend feierte die Ukrainische griechisch-katholische Gemeinde im Rottenburger Dom das Osterfest.

Ein Sprachgemisch aus Ukrainisch und Deutsch, viele Familien, deren Kinder umherliefen und zwischen den Kirchenbänken spielten, schwerer Duft von Weihrauch und feierliche Gesänge erfüllten am Sonntagabend den Rottenburger Dom. Dort fand der Ostergottesdienst der Ukrainischen griechisch-katholischen Gemeinde statt.

Auch in der orthodoxen Kirche ist Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang. Allerdings richtet sich der Feiertag nach dem Julianische Kalender – der liegt inzwischen um 13 Tage hinter dem im Alltag gebräuchlichen Gregorianischen Kalender zurück. Dass der Gottesdienst nicht in der Früh, sondern erst abends stattfand, hat allerdings nichts mit der Glaubensrichtung zu tun. Pfarrer Roman Wruszczak von der Ukrainischen griechisch-katholischen Gemeinde erklärte, dass es aus terminlichen und logistischen Gründen erst später am Tag geklappt habe, denn „in der Diaspora haben wir keine eigene Kirche.“ 

Unterschiede im Gottesdienst

Der katholischen Kirchengemeinde St. Martin war es deshalb ein Anliegen, den geflüchteten ukrainischen Familien in der schweren Zeit des Krieges einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem sie die Auferstehung Jesu Christi feiern können. Rottenburger Stadtdiakon Ralf-Maria Weitzenberg feierte den Gottesdienst mit und war dankbar für die Möglichkeit. Denn es gibt einige Unterschiede zu katholischen Gottesdiensten – natürlich die Sprache, aber auch die Mundkommunion, dass Pfarrer verheiratet sein und Kinder haben dürfen und die Musik: „Es ist sehr spannend für Westkatholiken, solche Gottesdienste zu mitzuerleben“, so Weitzenberg. „Die Gesänge berühren das Herz.“

 

Wruszczak und Weitzenberg hielten den Gottesdienst zusammen mit dem ukrainischen Pfarrer Miroslav Shevchulc, der sich als Seelsorger drei Monate lang um ukrainische Flüchtlinge in unserer Diözese kümmert. Shevchulc hielt die Predigt auf ukrainisch – danach wurde sie ins Deutsche übersetzt. Der ukrainische Pfarrer bedankte sich für die Gebete, aber auch die finanzielle Unterstützung.

Beisammensein im Gemeindehaus

Nach der Speisesegnung waren alle zum Beisammensein mit Brezeln und Kranzbrot im Gemeindehaus St. Martin eingeladen. Einige kannten sich bereits, andere nutzten die Einladung, um neue Kontakte zu knüpfen. Christina Chaban aus Tübingen lebt schon lange in Deutschland und ist in der ukrainischen Gemeinde in Tübingen engagiert. Dort gibt es alle zwei Wochen einen Gottesdienst, „aber die Leute aus Rottenburg kommen dort nicht unbedingt hin“, sagt sie, „deswegen war heute eine gute Gelegenheit, sich zu sehen.“ Außerdem war sie sehr erfreut über die schöne Organisation der Kirchengemeinde und die feierliche Atmosphäre in St. Martin.

Seit Beginn des Krieges sind viele neue Gesichter hinzugekommen. Pfarrer Wruszczak: „In Stuttgart hatten wir vor zwei Jahren noch etwa 200 Leute an Ostern im Gottesdienst – dieses Jahr waren es 600.“ Er sei jetzt sehr viel in der Diözese unterwegs und fahre von Dorf zu Dorf, um die Menschen zu betreuen, die vor dem Krieg geflohen sind.

Die Auferstehung bekommt durch den Krieg eine neue Bedeutung

Dazu gehören auch Marta (11) und Valeria (13). Die beiden sind vor etwa einem Jahr nach Deutschland gekommen und waren mit ihren Familien im Ostergottesdienst. Die Freundinnen wohnten eine Weile in derselben Unterkunft, erklärt Valeria, leben jetzt aber weiter voneinander weg. „Es ist schön, dass wir uns hier wiedersehen.“

Yury Kovalchuk aus Tübingen lebt bereits seit rund 30 Jahren in Deutschland. Für ihn ist dieses Ostern etwas Besonderes: „Jedes Ostern ist Hoffnung. Aber dieses Jahr ist es auch Hoffnung auf ein Ende des Krieges.“ Außerdem lese er die Bibel jetzt mit einem zweiten Blick, weil viele Familien aus der Ukraine Schweres durchgemacht haben: Manche von ihnen können ihre Kinder nicht mehr sehen, weil sie gestorben sind. Die Auferstehung bekommt eine neue Bedeutung.“

Wer mehr über die Ukrainische griechisch-katholischen Kirche wissen möchte und wie die Gottesdienste genau ablaufen, findet hier unsere Podcast-Folge dazu!

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