Die Mädchenkantorei ist seit 30 Jahren das einzige reine Mädchenensemble im Großraum Stuttgart. Ins Jubiläumsjahr starten die Sängerinnen mit einem Passionskonzert, das Raum lässt für viele aktuelle Bezüge: Gegenübergestellt werden Benjamin Brittens „Children’s Crusade“ und Werke von J. S. Bach. Sechs Schlagzeuger, zwei Klaviere, eine Orgel und 25 Mädchenstimmen versprechen am Samstag, 9. März, unter der Leitung von Domkapellmeisterin Lydia Schimmer ein besonderes Konzerterlebnis, das um 20 Uhr in der Domkirche St. Eberhard beginnt und im Rahmen der Stuttgarter Bachwoche stattfindet.
„Ich wollte etwas Aufrüttelndes machen und habe ein Thema genommen, das die Menschen damals wie heute bewegt“, erzählt Domkapellmeisterin Lydia Schimmer. Benjamin Brittens „Children’s Crusade“ basiert auf dem Gedicht „Kinderkreuzzug 1939“ von Bertolt Brecht. Dabei geht es um eine Gruppe von Kindern, die zu Kriegswaisen geworden sind und ein friedliches Land suchen. Statt ihr Ziel zu erreichen, erleben sie die Schrecken des Krieges und gehen schließlich an Kälte und Hunger zugrunde. „Dass Unschuldige ihr Leben lassen müssen, ist ein sehr aktuelles Passionsthema. Wir singen nicht das englische Original, sondern auf Deutsch, damit alle die Inhalte gut verstehen“, berichtet Lydia Schimmer, die das Chorkonzert leitet.
Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen musikalisch und inhaltlich
Bei den biblischen Sprüchen von Telemann singen die Mädchen über Vertrauen und das Hoffen auf Gott. Sowohl inhaltlich als auch musikalisch wird die heutige Zeit der vergangenen gegenübergestellt. „Alt und neu sowie Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen“, so die Domkapellmeisterin. „Die Inhalte der Psalmen, die wir singen, haben die Menschen früher auf die gleiche Weise beschäftigt wie heute. Durch den Glauben hatten die Menschen Hoffnung auf Rettung und Erlösung. ‚Wo Frieden war‘ ist der Kernsatz des Stückes“, erzählt Lydia Schimmer. Auf ihrem Weg zur ersten Domkapellmeisterin Baden-Württembergs, diese Position hat sie seit Herbst 2022 inne, war sie immer eine Frau unter vielen Männern – und ist es immer noch. „Ich selbst habe als sehr junges Mädchen angefangen, in der Kirche Musik zu machen. Mich hat damals meine Dirigentin sehr inspiriert und motiviert. Und so möchte auch ich für die Mädchen ein Vorbild sein, sie fördern und ihnen zeigen, was in ihnen steckt“, sagt Lydia Schimmer.