Corona hat vieles verändert: Einstellungen, Blickwinkel, Prioritäten. Nicht wenige sagen, man könne nur noch „auf Sicht fahren“. Wie steht es da eigentlich um die Bereitschaft, sich noch um Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit zu bemühen? Durch das eigene Denken und Handeln die Welt zu verändern und zu gestalten? Man durfte deshalb gespannt sein, wie die erste Projektwoche „werde WELTfairÄNDERER“ nach Corona bei Schülerinnen und Schülern ankommen würde. Am Bildungszentrum Gerstetter Alb im Kreis Heidenheim schlug das Team um BDKJ-Projektreferentin Anna Kleiner in Zusammenarbeit mit der Heidenheimer Dekanatsjugendreferentin Carolin Christmann, der örtlichen Kirchengemeinde und natürlich den Schulen seine Zelte auf. Und zwar nicht nur sprichwörtlich. In dieser kleinen Zeltstadt auf dem Schulhof drehte sich eine Woche um die Themen Nachhaltigkeit, Fairness und globales Lernen. In Workshops, angeleitet von ehrenamtlichen Teamerinnen und Teamern des BDKJ, erfuhren Schülerinnen und Schüler, wie sie im Blick auf ihr soziales und ökologisches Verhalten sowie durch ihr Konsumverhalten die Welt ein bisschen „fairer“ gestalten können.
Die WELTfairÄNDERUNG geht weiter
Begeisterung mitgeben für Nachhaltigkeit
„Für uns war es eine absolut lohnenswerte Woche, einfach weil es ein ganz konkretes Angebot und eine tolle Kooperation mit der Schule ist“, sagt Carolin Christmann. „Es kommen Themen zur Sprache, die den Interessen von jungen Menschen gerecht werden, die aber eben auch ‚im Interesse der Zeit‘ sind. Zu den angebotenen Workshops zählte etwa das Basteln von Insektenhotels, Upcycling von Tetra Paks, das Reinigen des Schulbiotops, Müllsammeln oder das Bestücken des Bücherschranks zu den Themen Nachhaltigkeit und Fairness. „Je nach Klassenstufe setzt man ganz niederschwellig an: Was kann man an der Schule umsetzen? Wo sind blinde Flecken, was können wir besser machen bei uns an der Schule?“ Vor allem aber gehe es darum, „Begeisterung mitzugeben für das Thema“.
Dass diese Begeisterung bei vielen durchaus schon vorhanden ist und dass die Schülerinnen und Schüler verstanden haben, worum es geht, hat Stefan Wietschorke, Gemeindereferent in der Kirchengemeinde St. Petrus und Paulus Gerstetten, beobachtet. Bei der Gestaltung eines attraktiven Rahmenprogramms, das am Nachmittag und Abend bewusst auch Eltern und die Öffentlichkeit ansprechen wollte, war die Kirchengemeinde ein wichtiger Partner bei dem Projekt: ein ökumenisches Friedensgebet, einen Gottesdienst zum Thema Schöpfung, einen themenbezogenen Kinoabend und eine „faire“ Verkostung unter dem Blickwinkel von Nachhaltigkeit und Regionalität waren die Angebote, die engagierte Gemeindemitglieder auf die Beine gestellt hatten. Einen besonderen Akzent setzte die Heidenheimer Dekanatsreferentin Gabriele Kraatz, die an einem Abend das dekanatsweite Thema „Faire Gemeinde“ vorstellte.
„Das Wenige, das du tun kannst, ist viel“
Neben den Workshopzelten gab es während der Projektwoche ein „fairCafé“, das Raum bot für Gespräch und Austausch und in dem Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und Interessierte einige Produkte aus dem Heidenheimer Weltladen vorfanden und verschiedene Anregungen und Denkanstöße für den Alltag mitnehmen konnten, wie jeder und jede auch im Kleinen die Welt verändern kann – getreu einem Ausspruch von Albert Schweizer: „Das Wenige, das du tun kannst, ist viel.“
Großes Lob zollt die Dekanatsjugendreferentin den Lehrerinnen und Lehrern, „die ganz viel Engagement gezeigt haben“. Hauptansprechpartnerin war Daniela Feitz, die gleichsam als Scharnier zwischen Schule und kirchlichen Stellen fungierte. „Dani Feitz verfügt selbst über Erfahrungen aus der Jugendarbeit und hat eine besondere Motivation reingebracht“, sagt Carolin Christmann und sieht diese Form der Kooperation als Idealfall. Zunächst gehe es ja darum, mit den jungen Leuten überhaupt gut ins Gespräch zu kommen. Die Schülerinnen und Schüler sollen merken: da sind „meine Themen“ und tolle Leute, die diese vertreten. „Und wenn dann jemand entdeckt: ‚die sind ja von der Kirche‘, ist das ein großartiger und für die kirchliche Jugendarbeit wertvoller Nebeneffekt.“
Nicht nur darüber sprechen
Für sie selbst als Jugendreferentin sei es „ein Gewinn, dass eine nachhaltige Kooperation entstanden ist“. Im nächsten Schuljahr gestaltet Christmann ein Mentorenprogramm mit zwei Klassen. Stefan Wietschorke, zu dessen Aufgaben auch Religionsunterricht gehört, habe bei der Projektwoche wertvolle Impulse für einen themenbezogenen Schulanfangsgottesdienst gesammelt. „Was mir auffällt: wie lang das Thema in Kirchenkreisen immer wieder auf dem Tisch lag, aber eben oft nicht aufgegriffen worden ist“, sagt er nachdenklich. „Jetzt, wo sich der Klimawandel immer mehr zuspitzt und auch für uns spürbar wird, erhoffe ich mir, dass die Leute in den Kirchengemeinden wirklich bereit sind, das auch umzusetzen und nicht nur darüber zu sprechen.“ Und Carolin Christmann ergänzt: „Nachhaltigkeit muss ein Selbstverständnis für Christinnen und Christen sein, weil es geht hier nicht nur um Schöpfungsfreundlichkeit, sondern tatsächlich um die Bewahrung der Schöpfung“. Möglichkeiten, sich für Nachhaltigkeit und für die Schöpfung einzusetzen, gebe es ja wirklich „wie Sand am Meer – man muss es einfach tun“.