„Sing Africa“ singen und tanzen die Mädchen und Jungen aus dem Bienvenue-Shelter in Johannesburg, in dem die Schwestern des Scalabrini-Ordens geflüchtete Mütter und ihre Kinder aus afrikanischen Kriegs- und Krisen aufnehmen. Sie lockern die wissenschaftliche Atmosphäre der internationalen Konferenz auf. Die Kinder bitten einfach darum geliebt zu werden, wie es eines ihrer Lieder ausdrückt. Um neue Lebensperspektiven geht es bei der Konferenz. Im Blick sind aktuelle Hotspots der Schicksale Geflüchteter: die Grenzen zwischen Mocambique und Südafrika, zwischen Angola und der Demokratischen Republik Kongo und zwischen Mexiko und den USA.
Eingeladen hatte das Centro Scalabriniano de Estudios Migratórios (CSEM) in Brasilia, ein wissenschaftliches Institut des Ordens der Scalabrini-Schwestern, der weltweit in der Flüchtlingsarbeit engagiert ist. Mit seiner Direktorin Sr. Marlene Wildner verbindet die Diözese Rottenburg-Stuttgart eine langjährige Partnerschaft. Das CSEM hatte 2017 und 2018 ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, das diese Arbeit exemplarisch an den drei genannten Grenzen für die Weiterentwicklung dieser Arbeit wissenschaftlich auswertet und dessen Ergebnisse derzeit in Johannesburg vorgestellt werden. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat das Forschungsprojekt und die Konferenz konzeptionell und finanziell unterstützt.
Domkapitular Heinz Detlef Stäps, der mit einer kleinen Delegation aus Württemberg dabei ist, betonte in einem Begrüßungsstatement, es gehöre zum Selbstverständnis der Diözese Rottenburg-Stuttgart, „in der Weltkirche und als Weltkirche“ zu leben. Die Hilfen für Geflüchtete weltweit und ihre Integration im Bereich der Diözese stelle derzeit einen Schwerpunkt ihres Engagements dar. Wegen der verhängnisvollen Kolonialgeschichte und auch aktuell durch Ausbeutung, Waffenhandel und unfaire Wirtschaftsbeziehungen seien die europäischen Gesellschaften mitverantwortlich für die derzeitigen Fluchtursachen. Auch die Kirchen seien darin involviert. „Deshalb“, so Stäps, „begegnen wir den Menschen des Südens als Freunde, aber auch in Bescheidenheit und Demut“.
Thomas Broch, ehemaliger Pressesprecher der Diözese, stellte das Integrationszentrum im oberschwäbischen Weingarten vor – exemplarisch für die konzeptionellen Vorstellungen von Integration in der diözesanen Flüchtlingsarbeit. Neben der humanitären Verpflichtung der Kirche gehe es dabei auch um eine gesellschaftspolitische Vision: „In welcher Gesellschaft wollen wir leben, und welche Verantwortung haben die Kirchen bei der Gestaltung dieser Gesellschaft?“ Das Integrationszentrum in Weingarten versuche das Modell ein inklusiven Gesellschaft umzusetzen, in der Menschen unterschiedlichster Herkunft, Lebensgeschichte, ethnischer und religiöser Zugehörigkeit einander begegnen und Heimat finden können. Nicht Fragen wie „Woher kommst du?“, „Welche Hautfarbe hast du“, „Woran glaubst du?“ stünden im Vordergrund, sagte Broch, sondern: „Wer bist du?“ Es gehe um Menschen, nicht um Zuschreibungen.