Ein tanzender Spatz im Vorgarten, ein freundliches Hallo des Nachbarn, ein Sonnenstrahl, der den Nebel durchbricht – all das können Glücksmomente sein. „Es gehört offenbar zum Wesen des Menschen, dass er sich trotz aller Widrigkeiten und Gefährdungen seines Lebens immer wieder von Neuem öffnen kann für die Freude am Schönen, an kleinen Dingen, an der Natur mit ihrem unerschöpflichen Farben- und Formenspiel, an der Musik und an all den Spiegelungen von Erfahrungen, Ereignissen, Bildern und Worten, die eine tiefere Sicht in die uns umgebende Wirklichkeit zu schenken vermögen“, sagt Wolfgang Schneller. Ein kleines Glück ist oft ganz nah, davon ist der frühere Leiter des Cursillohauses Oberdischingen und Mitbegründer der deutschsprachigen Pilgerseelsorge in Santiago de Compostela überzeugt.
Ein kleines Glück entdecken
Wolfgang Schneller, der seit vielen Jahren Gedichte schreibt und schon einige Bändchen veröffentlicht hat, lässt sich in seinem neuen Lyrikbändchen von den Entdeckungen vor seiner Haustür und der näheren Umgebung von Ulm-Gögglingen berühren und verführen. „Die Poesie dieses Bändchens will zum Verweilen einladen“, schreibt er im Vorwort. „Wer sich noch innere Freiräume bewahrt hat, um vor einem Bild, einem Werk der Kunst oder der Natur, bei einer Melodie oder einem Gedanken seine Sinne zu öffnen, weiß um ihren Gewinn. Diese Freude, in die uns die Kraft lyrischer Sprache entführen kann, vermag uns vor der Gewöhnung an alltägliche Dinge zu bewahren.“ In drei kurzen Videos gibt er Kostproben seines Schaffens und lädt dazu ein, „in guten Augenblicken und Stunden der Stille zu verkosten, wo sich auch in Ihrem Leben ‚ein kleines Glück‘ entdecken und finden lässt“.
Sprache ist für Wolfgang Schneller ein Schatz und ein Instrument, „um in den Dialog mit der Schöpfung zu treten. Mir ist auch vieles aus den Psalmen wichtig geworden, wo sich die Psalmisten sehr poetisch ausdrücken. Ich denke an Psalm 18: Du führst mich hinaus ins Weite, du machst meine Finsternis hell. Oder auch Psalm 23 oder 27… Der Herr ist mein Licht und mein Heil“, sagt der Autor. Auch in diesen Worten komme etwas zum Ausdruck, „wo der Mensch sich abhebt von der irdischen Schwerfälligkeit. Sprache kann uns entheben von der Erdenschwere, die uns oft Schwierigkeiten macht. Dichtung will uns erheben, den Geist in andere Dimensionen entführen und verführen, wo dann dem Menschen auf einmal ein Licht aufgeht und er sagt: So habe ich das noch nie gesehen.“
Schnellers Liebe zur Poesie hat sich von Jugend an entwickelt. „Ich war selbst überrascht davon, dass diese Veranlagung da ist“, sagte er einmal im Interview. „Ich habe immer großen Respekt vor der Sprache gehabt. Die ganze Tradition der Lyrik, der Schriftsteller und das, was wir als kulturellen Schatz hegen und pflegen, das war mir immer sehr wichtig.“
Aufgewachsen ist Wolfgang Schneller in Wangen im Allgäu. Der gelernte Industriekaufmann war viele Jahre Bildungsreferent für Spirituelle Dienste im Bistum Rottenburg-Stuttgart und Leiter der Geistlichen Bildungsstätte Cursillo-Haus St. Jakobus in Oberdischingen. Von 1978 an begleitete er zusammen mit seiner im April 2021 verstorbenen Frau Angela Pilgergruppen auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Beide sind Mitinitiatoren der Deutschen Pilgerseelsorge in Santiago.
Ein Zitat von Jean Paul (1763-1825) kommt Schneller in Erinnerung, wenn er über das Erleben von Poesie nachdenkt: „Poesie ist wie ein Duft, der sich verflüchtigt, in der Seele aber Schönheit zurücklässt“. Nie aufdrängen, sondern „den Hörer oder Leser einladen auf eine sanfte Reise in unsere Wesensmitte“ will auch Wolfgang Schneller mit seiner Dichtkunst.
Poesie unserer Heimat
„So nah, so weit – ein kleines Glück“: Musikalische Buchlesung mit Autor Wolfgang Schneller am Freitag, 13. Oktober, 19 Uhr, im Christophorushaus, Abt-Ulrich-Straße 2, Ulm-Gögglingen. Musik: Dr. Wolfgang Steffel, Mandoline. Eintritt frei.