Antonia Schütterle ist ein ganz normaler Teenager. Sie unternimmt am Wochenende was mit Freunden oder mit der Familie, fährt im Winter Ski und wechselte vor knapp einem Jahr mit ihrer Klarinette im Musikverein Obereschach von der Jugendkapelle zu den „Großen“. Als Musikantin hätte die 18-Jährige am 27. Mai somit erstmals am Weingartener Blutritt mitwirken können. „Aber für mich war klar, dass ich bei den Blutreitern mitgehe“, erklärt die junge Frau entschlossen.
Im November 2020 machte die Weingartener Kirchengemeinde St. Martin den Weg grundsätzlich frei für die Teilnahme von erwachsenen Frauen am Blutritt - bisher eine Männerdomäne. Jede Gruppe sollte aber selbst darüber entscheiden können. In Eschach sei das kein Thema gewesen. „Die fanden das okay, dass wir mitreiten dürfen“, weiß Antonia von ihrem Vater. Somit gehört sie, nachdem 2021 wegen Corona keine Teilnahme möglich war, nun zu den ersten offiziellen Blutreiterinnen in der über 500-jährigen Geschichte der Weingartener Wallfahrt hoch zu Ross.
Blutfreitag ist Familientradition
Ihr erster Blutritt ist das jedoch nicht. Premiere hatte Antonia Schütterle bereits vor zehn Jahren auf einem Pony. Seither war sie jedes Jahr im roten Gewand mit weißem Hemd dabei. Ministrantinnen sind nämlich schon seit einigen Jahren erlaubt. Die Blutfreitagstradition kennt Antonia von klein auf. „Für meinen Opa war es immer ein großer Tag und für meinen Papa auch“, erzählt sie. Der eine war jahrzehntelang Fahnenträger, der andere ist aktuell Gruppenführer der Eschacher Blutreiter. „Da hat man das intensiv mitgelebt“, ergänzt die Auszubildende zur Industriekauffrau in einem Tettnanger Textilunternehmen.
Wobei sie als Kind richtig Respekt vor großen Pferden hatte. Das Reiten als Hobby habe sie erst entdeckt, als vor vier Jahren eine Fuchsstute bei ihrer Familie ein neues Zuhause bekam. Seither trainiert Antonia auch im Reitverein. „Da habe ich meine Angst verloren“, gesteht sie. Als sich 2019 altersbedingt das Ende ihrer Ministrantinnenzeit bei den Blutreitern abzeichnete, machte sich die Jugendliche schon so ihre Gedanken. „Wird das wohl das letzte Mal sein?“, überlegte sie sich und genoss nochmals das besondere Feeling, die vielen Pferde und auch das gemeinsame Beten auf den Fluren.