„Wir haben noch nie mit noch mehr Waffen und noch mehr kriegerischen Auseinandersetzungen guten Frieden hinbekommen“, sagt Heidrun Hog-Heidel, Organisatorin des Friedensmarsches. „Jetzt ist der Dialog gefragt.“ Acht Tage lang waren sie und weitere Anhängerinnen und Anhänger der Friedensbewegung unterwegs; von Donaueschingen entlang der Donau bis nach Ulm. Im Gebet zu Beginn jeder Etappe, in Liedern und zwischendurch auch mal schweigend beteten sie um ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges durch Verhandlungen. Mit Friedensfahnen und in Gesprächen warben sie für Frieden durch langfristiges Konfliktmanagement und Diplomatie, für gerechte globale Beziehungen.
Einhundert Botschaften und ganz viele Begegnungen
Auf einer Papierrolle hat Heidrun Hog-Heidel Friedensbotschaften gesammelt: Appelle und Gedanken von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, von Unterstützern und Menschen, die sie auf dem Weg getroffen haben. „Ärger und Wut wegwandern – dann wird der Kopf wieder frei für friedliche Aktionen“, schrieb eine Teilnehmerin; als „kleinen aktiven Beitrag gegen Putins Krieg“ sah den Marsch eine andere. Acht Meter misst die Papierbahn mit den Botschaften gegen den Krieg und für „Frieden durch Verständigung“. Besonders eindrucksvoll findet die Organisatorin die Wörter und Gedanken, die Schwester Marzella im Kloster Untermarchtal aufgeschrieben hat und deren Anfangsbuchstaben untereinandergeschrieben das Wort „Frieden“ ergeben: „Feuer und Flamme sein für eine gute Botschaft; Ruf – den Ruf hören; Irrlehren aufdecken; Eng beieinanderstehen; Durchhalten; Einander beistehen; Not sehen und handeln.“
In der Tradition der Ostermärsche
Heidrun Hog-Heidel weiß um die gespaltene öffentliche Meinung zur Forderung nach Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine; auch, dass manche die Friedensbewegung angesichts der aktuellen Lage vor einer Zerreißprobe sehen. Den Friedensmarsch knüpft die Geisingerin, die auch ehrenamtliche Pilgerführerin ist, dennoch bewusst an die Tradition der Ostermärsche und auch an die friedlichen Montagsdemonstrationen, die die ehemalige DDR 1989 ins Wanken gebracht haben. „Gewaltfreie Verteidigung ist nicht naiv, sondern nachhaltiger wirksam als militärische“, ist sie überzeugt. Gleichwohl hält sie eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr für sinnvoll, aber „kein blindes Aufrüsten“. Unterstützt wurde die Aktion von der Tuttlinger Pax Christi-Gruppe sowie der evangelischen und der katholischen Erwachsenenbildung Tuttlingen und auch vom Kreisverband der Grünen.
Die Strecke des Friedensmarsches, der vielleicht mehr den Charakter einer Pilgerreise hatte, sieht die Organisatorin auch symbolisch: „Die Donau, Europas längster Fluss, verbindet uns mit der Ukraine auf besondere Weise“, sagte Hog-Heidel. Das Donaudelta, wo die Donau in das Schwarze Meer mündet, befindet sich im rumänisch-ukrainischen Grenzgebiet. Und auch den Zielort Ulm wählte Hog-Heidel mit Bedacht: Ulm ist Sitz eines neuen Nato-Kommandos, das im Bündnisfall alle Nato-Truppen in Europa koordiniert.
Selig, die Frieden stiften
An der Wilhelmsburgkaserne auf dem Michelsberg in Ulm wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Marsches die Friedensbotschaften überreichen. Dass diese an der Kasernenpforte entgegengenommen und an das Nato-Hauptquartier in Brüssel weitergeleitet würden, sei ihr telefonisch mehrfach zugesichert worden, berichtet Hog-Heidel. Doch der Wachhabende wollte von dieser Abmachung nichts wissen. „Enttäuscht bin ich jetzt natürlich schon“, sagte die Organisatorin nach dieser Abfuhr. Jetzt würden die Friedensappelle eben per Post zugestellt – so wie an die Russische Botschaft auch. Der Friedensmarsch sei dennoch wichtig und richtig gewesen – „und ein spannender Prozess“ mit vielen schönen und berührenden Begegnungen, getreu dem biblischen Postulat: Selig, die Frieden stiften (Mt 5, 9).