Ein Zuhause haben und nicht nur ein Dach über dem Kopf - ein Privileg, das für viele Menschen fast unerreichbar scheint. Dabei ist Zuhause-sein-können momentan noch viel wichtiger als je zuvor. Doch – es sieht leider anders aus. An allen Ecken und Enden fehlt es an Wohnraum, an bezahlbarem Wohnraum. Diverse Wohnrauminitiativen der Städte oder der Wohlfahrtsverbände gehen dieses Problem aktiv an. „Wir sehen, dass diese Initiativen für Menschen, die gar nichts haben, greifen“, sagt Karin Stroh, Sozialpädagogin im Gmünder Werkhof Ost, „aber nicht für die, die es schlecht haben.“
Etwa fünf Mal so groß ist der Raum im Werkhof Ost, eine Arbeitsstätte für Quartiershelfer und Integrationsort für langzeitarbeitslose Menschen, wie die eigene Wohnung von Daniela Seidel. Die 40-Jährige lebt in einem Zimmer von 20 Quadratmetern, wo auch noch Küche und Badzelle integriert sind. Eine schöne kleine Zweizimmer-Altbauwohnung hatte sie davor, mitten im Herzen von Gmünd. „Doch“, so beschreibt sie, „die Wohnung war 50 Euro zu teuer.“ Daniela Seidel bezieht staatliche Hilfen und die 50 Euro konnte sie nicht zusätzlich aufbringen. Aus der Wohnung musste sie raus, um ihren Hartz IV-Bezug behalten zu können.
Im Werkhof Ost "angedockt"
Daniela Seidel ist in diese Situation geschlittert, wie so viele Menschen. Die gelernte Fleischerei-Fachverkäuferin konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr voll arbeiten. Sie verlor auch ihren Job als Kassiererin, ans Kellnern war nicht mehr zu denken. „Als ich dann noch meine Wohnung verloren habe, da ist bei mir was zusammengebrochen“, erinnert sie sich. „Ich habe nicht nur meine Arbeit, sondern mein Zuhause verloren.“ Sie fühlte sich krank, nutzlos, die Hände zitterten, kein Selbstwertgefühl mehr. Dass sie im Werkhof Ost „andocken“ konnte, hat ihr wieder Auftrieb gegeben. Daniela Seidel arbeitete in der Küche in der Wohnungslosenhilfe-Einrichtung St. Elisabeth. Doch das Programm des Bundesfreiwilligendienstes endete Ende September. Daniela Seidel gibt nicht auf. Sie möchte eine Ausbildung beginnen, nochmal neu anfangen. Doch sie tut sich schwer. Sie hat kein wirkliches Zuhause.
Auch Uwe Baier ist auf der Suche nach einer Wohnung nur für sich. Er teilt sich momentan Toilette und Bad in seiner Unterkunft auf dem Hardt. „Langsam habe ich schon die Hoffnung aufgegeben“, erzählt der 49-Jährige frustriert und ergänzt: „Das macht mich alles noch ganz verrückt.“
Ein Zimmer, aber kein Zuhause
Ähnlich wie bei Daniela Seidel war der Auslöser für die Arbeitslosigkeit eine Krankheit. Uwe Baier ist gelernter Maler und Lackierer. „Kein Mensch stellt jemanden in meinem Beruf in Teilzeit ein“, berichtet Baier. Vor fünf Jahren kam er nach Schwäbisch Gmünd. Die Trennung von seiner Lebensgefährtin hat ihn zum Wegzug aus seiner Heimatstadt Bamberg veranlasst. Er bekam schnell ein Zimmer. Aber halt eines, das für ihn kein Zuhause ist. Auch er konnte beim Werkhof Ost Begleitung finden. „Ich komme jeden Morgen hierher und schaue, ob es etwas zu tun gibt“, erzählt Uwe Baier. Er lächelt immer wieder, aber es wirkt nicht fröhlich. „Ich brauche nicht unbedingt eine größere Wohnung, aber eine eigene“, fasst er sein Anliegen zusammen.
Dass es immer schwieriger wird, eine vernünftige Wohnung zu bekommen, das bekommt Sozialpädagogin Karin Stroh jeden Tag zu spüren. Es gibt Wartelisten, die sind so lang, dass man schon allein dadurch die Hoffnung aufgibt. Der Werkhof Ost, ein Sozialbetrieb der Gmünder Oststadt, ist wenigstens der Treffpunkt gesichert und die sozialpädagogische Betreuung. Und normalerweise wird hier jeden zweiten Freitag gemeinsam gekocht. Gegen die Vereinsamung und für eine Perspektive.
Die Perspektive auf ein Zuhause ist für Daniela Seidel und Uwe Baier ein Stück weit schon verloren gegangen. Beide gehören nicht zu den Menschen, die ein so heftiges Schicksal haben, dass sofort geholfen wird. Sie sind ganz normale Leute, die momentan keine Arbeit haben. Ja, sie haben beide ein Dach über dem Kopf. Aber: Das ist nicht ihr Zuhause.