Rottenburg/Stuttgart/Freiburg/Karlsruhe
Seitens der Vertreter der vier Kirchen in Baden-Württemberg sowie der Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände wurde am 15. Juli 2003 die Rahmenvereinbarung unterzeichnet, die der Umsetzung des novellierten Kindergartengesetzes dienen soll. Dies nehmen sowohl die Erzdiözese Freiburg und die Diözese Rottenburg-Stuttgart, als auch die Evangelische Landeskirche in Baden und die Evangelische Landeskirche Württemberg zum Anlaß, um zu Beginn des neuen Kindergartenjahres 2003/04 auf die Bedeutung hinzuweisen, die sie schon seit Jahrzehnten der Kindergartenarbeit in unserem Bundesland beimessen.
Insgesamt unterhalten die Kirchen mit 3.796 Einrichtungen die meisten Kindertagesstätten in Baden-Württemberg. 167.866 Kinder haben darin ihren Platz, darunter 32.779 ausländische Kinder. Sie alle werden betreut von 23.320 Fachkräften/Erzieherinnen.
Hervorzuheben ist der große ehrenamtliche Einsatz in den Kirchengemeinden und Kirchengemeinderäten zum Betrieb und der laufenden Verwaltung dieser Einrichtungen sowie die Tatsache, daß jede Pfarrei bzw. Kirchengemeinde für jede einzelne Kindergartengruppe einen eigenen Betriebskostenanteil zu leisten hat, der aus Kirchensteuermitteln bestritten wird.
Die kirchlichen Kindergärten sind neben den Kirchengemeinden und innerhalb derselben sowie neben dem Religionsunterricht das umfangreichste Handlungsfeld der Kirchen. Warum diese starke Gewichtung, die übrigens derzeit in allen Kirchen angesichts immer offensichtlicher werdender Engpässe in den kirchlichen Haushalten auch kritisch hinterfragt wird?
Die Sorge der Kirche für die Kinder gehört seit je zu den zentralen caritativ-diakonischen Aufgaben kirchlichen Handelns. Das Maß dafür setzt Jesus Christus selbst. Er hat Kinder in die Mitte gestellt und sich ihrer besonders angenommen.
Auch hat die Kirche die Bedeutung der Familie als soziale Größe, die für alle Familienmitglieder und insbesondere für die Kinder, aber auch für die ganze Gesellschaft von elementarer Bedeutung ist, immer hervorgehoben. Sie hat viel getan, um dieser Verantwortung Rechnung zu tragen. Der Kindergarten steht da mit seinem Erziehungs- und Bildungsangebot in der ersten Reihe.
Der Kindergarten stellt für viele Familien eine unentbehrliche unterstützende und ergänzende Einrichtung dar, ohne dabei jemals den Anspruch erhoben zu haben, Familienersatz zu sein. Der Kindergarten hat aber auch seine Bedeutung für die Kirche, für die Gemeinde. In ihm verwirklicht sich der kirchlich-diakonische Auftrag zum Dienst an den Kindern und ihren Eltern und Familien. Hier kommt der christliche Glaube ins Spiel. Die Kinder und ihre Eltern gehören zur Kirchengemeinde und bringen sich auch im Kindergarten, ja vielleicht vorerst nur dort, in deren Leben ein. Das bedeutet in einem konfessionellen Kindergarten durchaus nicht Abschottung gegenüber Kindern und Eltern anderer Konfession oder Religion (was übrigens die Belegungspraxis aller unserer Einrichtungen beweist).
Kirchliche Einbindung unserer Einrichtungen ist also nicht gleichzusetzen mit konfessioneller Exklusivität. Im Gegenteil: Der kirchliche Kindergarten kann in der Spur Jesu und getreu seinem caritativ-diakonischen Auftrag überhaupt erst offen für alle sein. Wie die Kirche ist die Kindertagesstätte für die Menschen da und orientiert sich an deren Lebenswirklichkeit, insbesondere natürlich der Kinder, aber auch ebenso intensiv an der der Familien und insbesondere der Mütter.
Wenn aber richtig ist, daß Kinder eine geistige Verwurzelung brauchen – ,wenn der Satz stimmt, daß Kinder Zuversicht brauchen –,und wenn wir alle mit der Hoffnung leben, daß es einen Gott gibt, und daß er auch in Zukunft bei uns ist, dann dürfen wir auch und gerade in unseren Kindergärten die Kinder nicht um Gott betrügen! Dann ist der Kindergarten in der Gemeinde auch der Ort des Zeugnisses von den guten Taten und Worten Jesu Christi. Dies aber kann den einzelnen Menschen und unserer Gesellschaft insgesamt nur gut tun.
Dankbar verweisen wir dazu auf ein markantes Beispiel: Die Aufnahme und respektvolle Integration Hunderttausender ausländischer Kinder unabhängig von Konfession, Religion und Nationalität während der letzten fünfzig Jahre in unseren Einrichtungen und die Zuwendung unserer Erzieherinnen und Erzieher diesen Kindern gegenüber! Das war und bleibt ein Segen für diese Kinder und ist zugleich eine Bereicherung für Kirche und Gesellschaft.
10. September 2003