Die evangelische Akademie Bad Boll lädt am Montag, 3. November, zum „Kirchbauforum 2025“. Die Tagung steht unter der Überschrift „Atmosphären – Sakrale Räume zwischen Spiritualität und Funktionalität“. Mit dabei als Diskutant eines Podiums ist Diözesanbaumeister Dr. Thomas Schwieren aus Rottenburg.
Herr Dr. Schwieren, welchen Blick möchten Sie als Vertreter der katholischen Kirche in die Diskussion bei der Akademie Bad Boll einbringen und welche Unterschiede gibt es beim Tagungsthema aus Ihrer Sicht zwischen der katholischen und evangelischen Kirche?
Grundsätzlich sind die Sakralräume bei beiden Kirchen besondere Orte der Spiritualität. Der Unterschied zu den evangelischen Mitchrist:innen besteht in unserem Verständnis des geweihten Raums als heiligem Ort mit der Realpräsenz Jesu im Tabernakel. Diese Orte bedürfen im katholischen Verständnis daher einer besonderen Würde. Von daher müssen wir behutsamer mit unseren Räumen umgehen und können sie aufgrund unserer theologischen Grundlagen nicht so multifunktional denken, wie dies in der evangelischen Kirche möglich ist. Umgekehrt bewundere ich aber auch die vielen historischen evangelischen Kirchen in ihrer Klarheit, gerade wenn sie aus der Gotik stammen.
Unlängst nahmen Sie an der Impulstagung ‚Kirchen als Zukunftsorte‘ in der Nähe von Kißlegg teil. Auch dort ging es um neue Nutzungen für Kirchenräume. Welche Parallelen gibt es da zum „Kirchbauforum 2025“?
In Baden-Württemberg verfügen wir über einen Schatz von vielen Tausend Sakralgebäuden - von der Romanik bis hin zur Moderne. Das Bewusstsein und auch die Sorge um diesen Kirchenschatz ist in vielen Gremien und Foren angekommen und wird in unterschiedlichen Formaten diskutiert. Vor dem Hintergrund schwindender Mitgliederzahlen und einer nachlassenden Finanzkraft eint die großen christlichen Kirchen zusammen mit vielen Bürgerinnen und Bürgern und weltlichen Institutionen die Sorge darum, wie es perspektivisch mit diesen Kirchenräumen weitergeht. Es geht darum, wie man sie vielfältig nutzen und einer säkularer werdenden Gesellschaft öffnen kann. Durch eine Angebotsausweitung soll eine größere Bevölkerungsgruppe erreicht werden. Dabei ist die Profanierung von Sakralgebäuden bei uns in der Diözese Rottenburg-Stuttgart allerdings nur die letztmögliche Lösung und das schließt viele rein weltliche Nutzungen aus, wie es sie andernorts schon gibt.
Als gelungenes Beispiel für die Öffnung eines Kirchenraums wird immer wieder ‚St. Maria als …‘ in Stuttgart genannt. Was verbindet sich für Sie mit diesem Beispiel?
Dort wurde vor mehreren Jahren aus der Not eine Tugend gemacht und ein größerer Bauschaden als Chance genutzt, sich für neue räumliche Nutzungen zu öffnen. Die Kirchenbänke wurden entfernt und man nahm sich mehrere Jahre Zeit zum Ausprobieren. Es gibt dort heute offene, niederschwellige Veranstaltungsangebote, die in dem urbanen Kontext, in dem sie stattfinden, größere Teile der Stadtgesellschaft ansprechen als die klassische Pfarrkirche zuvor. Dabei wurden und werden in Stuttgart insgesamt unterschiedliche Angebote an verschiedenen Orten geschaffen, die Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen ansprechen und ihnen Angebote machen. Dazu gehört zum Beispiel auch ein Trauerzentrum und eine Jugendkirche. So wird eine große Bandbreite und Klarheit an Angeboten geschaffen, die angenommen wird.
Gibt es auch an anderen Orten der Diözese Überlegungen, die in diese Richtung gehen?
Ja, es gibt mutige Überlegungen - auch im Kontext unseres derzeitigen Transformationsprozesses ‚Räume für eine Kirche der Zukunft‘. Das ist aber alles noch am Wachsen. In den Dingen, die vor Ort möglich sind, muss immer auch mitbedacht werden, was funktioniert in einer Stadt und was funktioniert in einer ländlichen Umgebung und ganz wichtig ist, dass es Menschen vor Ort braucht, die diese Ideen auch tragen.




