Hochschule

„Es ist alles Swing, Tanz und Groove“

Nieneke Hamann nimmt Abschied. Bild: Hochschule

Nieneke Hamann gilt der Dank der Hochschule für Kirchenmusik der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Bild: Hochschule

Klavierdozentin Nieneke Hamann verlässt nach 40 erfolgreichen Jahren die Rottenburger Hochschule für Kirchenmusik.

Am Anfang musste Nieneke Hamann beim Deutsch noch ein wenig improvisieren. Und ältere Studierende staunten erst einmal, dass die neue Klavierdozentin gleich alt oder gar jünger war. Denn als die gebürtige Niederländerin,  die in Maastricht und in Winterthur in der Schweiz studiert hatte, vor rund 40 Jahren in Rottenburg an der Hochschule für Kirchenmusik der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die damals noch "Kirchenmusikschule" war, mit dem Unterrichten begann, war sie gerade 26 Jahre alt. Wenig später wurde Nieneke Hamann auch Dozentin an der Musikhochschule Trossingen. Mit Ablauf des Sommersemester 2023 verlässt Nieneke Hamann nun die Hochschule in Rottenburg.

Der Kirchenmusik nahe

Fachlich war Nieneke Hamann in Rottenburg von Anfang an voll in ihrem Element. Das lag nicht nur daran, dass sie mit ihrem Solistenexamen in Klavier und einem Kammermusikstudium hochqualifiziert für diese Stelle war, sondern auch daran, dass sie der Kirchenmusik nahesteht: Schon Hamanns Mutter war Kirchenmusikerin und hatte in ökumenischer Offenheit drei Kirchenchöre geleitet: einen protestantischen, einen reformierten und einen katholischen - drei Chöre, die die Tochter immer wieder begleitet hat. Als Nieneke Hamann dann später während des Studiums selbst einen katholischen Kirchenchor leitete, packte sie die Neugierde auf das, was dahintersteckt und absolviert - als Protestantin - neben ihren beiden anderen Studiengängen auch noch ein Studium in katholischer Kirchenmusik, heißt es in einer Mitteilung der Rottenburger Hochschule. Dazu kam noch ein Jahr Chorleitungsstudium. Bei einem der Kammermusikkurse, die sie besuchte, lernte sie ihren späteren Mann kennen: Gerhard Hamann, Professor für Cello und Kammermusik an der Trossinger Hochschule.  

Eine starke Gemeinschaft

Nieneke Hamann war schnell integriert in Rottenburg. Sie erzählt von dem intensiven Miteinander und Austausch unter den Kolleginnen und Kollegen, von Teamteaching und Stammtisch, dem gemeinsamen Essen der Studierenden, das ein eigener Koch an der Hochschule zubereitet hatte, ihrer Willkommenstaufe durch die Studierenden, von der Sekretärin Ursula Schäfer, die damals mütterlich für alle und alles gesorgt hat und ihr zur Seite stand, vom langjährigen Direktor Bernhard Schmid und seiner mitmenschlichen, integrativen Art. Kurzum von der starken Gemeinschaft an der Hochschule.

Stets gefragte Expertise

Dazu kamen gemeinsame Projekte: Konzerte, auch Abschiedskonzerte für Kolleg:innen und Reihen, wie die Mendelssohntage 2004, an denen sowohl die Orgellehrer als auch die Gesangs- und Klavierdozenten mitgewirkt haben. Sie wirkte als Korrepetitorin und begleitete viele der Kirchenmusik- und Gesangsstudierenden bei Ihren Gesangsabschlussprüfungen. Daneben gab sie Solokonzerte, konzertiert bis zum Tod ihres Mannes mit dem Hamann Trio, außerdem mit der Geigerin Prof. Maria Lott und mit dem Reger-Vokalensemble Ulm. 2018 veröffentlichte sie eine Solo-CD. 

Nieneke Hamann engagierte sich für die Hochschule und die Studierenden. Sie wirkte mit bei dem aufwendigen Prozess, in dem die Kirchenmusikschule den Hochschulstatus erwarb, später beim Bologna-Verfahren, als die Studiengänge in Bachelor und Master gegliedert und völlig neu aufgestellt werden mussten und bei den verschiedenen Bewerbungsverfahren im Haus, die im Kontakt mit der Diözese intensiv vorbereitet und dann in mehreren Gremien entschieden werden mussten. Bei all dem war stets ihre Expertise und Fähigkeit zu Kommunikation und Konfliktlösung gefragt. Und diese Eigenschaften wurden auch in vielen anderen Belangen hoch geschätzt und nachgefragt: 20 Jahre lang arbeitete Nieneke Hamann im Senat mit, zwölf Jahre war sie, gemeinsam mit Gesangskollegin Christine Müller, Vertrauensdozentin für Studierende und Lehrende.

Unterrichtet noch in Trossingen

Dass das Klavier essentiell ist für das Kirchenmusikstudium war und ist für Nieneke Hamann keine Frage. “Am Klavier”, sagt sie, „lernt man das Musizieren“. Denn das Klavier reagiere, anders als die Orgel, ganz unmittelbar auf die Körperspannung. „Wenn man weiß, was die Musik will, dann offenbart sich auch, welche technischen Ansprüche das jeweilige Stück stellt.“ Musizieren am Klavier ist für sie wie ein Kreis, der durchs Pedal und durch alle Gelenke hindurch in den Fingerspitzen endet. "Es ist alles Swing, Tanz und Groove”, sagt Nieneke Hamann, die schon als Studentin Kommilitonen Unterricht in Standardtanz erteilt hat. Wer das im Klavierunterricht erfahren hat, kann auch der Orgel leichter diesen Groove entlocken. Generationen von Studierenden sind ihr für diesen Ansatz dankbar.  

Wenn Nieneke Hamann die Hochschule verlässt, gibt es natürlich auch ein großes Abschiedsfest. Der Ruhestand wird sanft eingeläutet, in Trossingen, wo Hamann lebt, unterrichtet sie noch ein Jahr länger. Doch es warten auch schon Haus und Garten, Hund Yumi und das Wohnmobil, die zwei Söhne, beides Musiker, Lebenspartner Marc und nicht zuletzt das unerschöpfliche Klavier auf die Zeit, wenn mehr Zeit ist. Nieneke Hamann gilt der Dank für 40 Jahre Musik, Hingabe und pädagogische Exzellenz an der Rottenburger Kirchenmusikhochschule. 

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