Wer rastet, der rostet: Getreu nach diesem Motto gestaltet Petra Raditsch nicht nur ihren Alltag, sondern auch ihre Kurse. Dazu zählt auch das Bewegungsprogramm „Die fünf Esslinger und mehr“, das die Übungsleiterin und Entspannungstrainerin als Referentin beim Diözesanverband der Caritas-Konferenzen Deutschlands (CKD) Rottenburg-Stuttgart e. V. anbietet und seit rund sechs Jahren in Neuhausen auf den Fildern in Gruppen ehrenamtlich praktiziert. Doch in Corona-Zeiten ist rasten quasi vorgeschrieben. Schließlich ist auch Sportgruppen seit vielen Wochen ein Treffen verboten. Für Raditsch gleichwohl kein Grund, von ihrem Motto abzuweichen. Denn sie bietet ihr Bewegungsprogramm nun im Internet an. Und ihre Teilnehmer mit und ohne Handicap folgen ihr ins Netz.
„In den Videos zeige ich, wie man sich aufwärmt, dehnt, richtig atmet oder auch mit ganz alltäglichen Gegenständen die eigene Beweglichkeit übt“, sagt Raditsch. Wichtig ist es ihr, die Neugierde und den Spaß an der Bewegung zu wecken – und vor allem auch deren Nutzen in den Vordergrund zu stellen. „Ich zeige, dass Dehnübungen dazu beitragen, dass man den Pulli oder die Bluse aus dem oberen Fach des Schranks wieder oder weiterhin greifen kann, oder wie man Socken und Schuhe im Halbstand aus- und anzieht.“ Ganz plastisch regt sie in ihren Übungen die Phantasie der Teilnehmer an, die sich beispielsweise vorstellen, im Wald über einen Baumstamm zu laufen.
Am 11. März konnte sich die Bewegungsgruppe zum vorerst letzten Mal persönlich treffen. Dann war dank Corona Schluss. Und das, obwohl Raditsch ihren Kurs normalerweise jede Woche durchzieht – auch in den Ferien. „20 Leute kommen regelmäßig“, sagt sie. Damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht allzu lange auf ihre gezielte Bewegungen verzichten mussten, hat sie eine Messenger-Gruppe gegründet und kleine Videos mit Übungen verschickt, die sie selbst aufgenommen hat, als sie beispielsweise in den Weinbergen unterwegs war. Der Zuspruch war groß und so entstand die Idee, die Videos im Internet über die Caritas-Konferenzen Deutschlands öffentlich zur Verfügung zu stellen.
Die einzelnen Spots dauern je nur rund drei Minuten. Raditsch nimmt sich damit einer Zielgruppe an, für die nicht schon unendliche viele Sportvideos existieren. „Mitmachen kann jeder ab drei Jahren, aber im Zentrum stehen sicherlich ältere Menschen, auch Demenzerkrankte“, sagt die Übungsleiterin. „Ich zeige, was man morgens schon im Bett machen kann, um den Körper zu mobilisieren. Denn in meinen Clips geht es nicht um die sportliche Leistung, sondern um die gefahrlose Ausübung und die Sorgfalt.“ Zu bedenken gibt sie, dass ihre Zielgruppe bei den bereits vorhandenen Angeboten meist durchs Raster fällt. Zudem gebe es wegen der Beschränkungen aktuell auch keinen Reha-Sport.
Als ehrenamtliche Leitungskraft der CKD profitiert Raditsch vom Vertrauen, das gerade ältere Menschen in die Kirche haben. „Die Leute wissen: Wir meinen es gut mit ihnen und ermöglichen Ihnen Teilhabe am kirchlichen und gesellschaftlichen Leben, indem wir ihre Beweglichkeit unterstützen“, so Raditsch weiter. „Das ist für mich Seelsorge und damit auch ein Ausdruck von christlicher Nächstenliebe.“