Seit 1986 gehört Magda Dentler nun dem Gremium an, seit 2010 ist sie dessen gewählte Vorsitzende. Ihr Ziel hat sie erreicht: Sie wollte in der Kirche etwas verändern. Nun tritt die 70-Jährige nicht mehr an, wirbt aber dennoch für Wahl und Amt.
Eine klassische kirchliche Biographie hat Magda Dentler in den Kirchengemeinderat (KGR) geführt. Sie war Jugendleiterin, Erstkommunion-Mutter und kannte vier Kirchen der heutigen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Neckar-Liebfrauen, St. Martin, St. Peter und St. Rupert - weil sie überall gewohnt hatte. „Und ich wollte mich einmischen“, erinnert sich Magda Dentler. Deshalb habe sie sich damals selbst für den Kirchengemeinderat (KGR) beworben und will heute vor allem Frauen dazu ermuntern, es ihr gleichzutun.
Mit Humor und Hartnäckigkeit
Auch wenn sie weiß, dass es nicht ganz leicht ist, Veränderungen anzustoßen. Mädchen als Ministrantinnen, Kommunionmütter, die mehr als nur Tischmütter sind, feministische Theologie in die Gemeinde bringen: Mit ihren Vorschlägen sei sie damals in der konservativ geprägten Liebfrauengemeinde zunächst nicht gut angekommen. „Ich bin sehr frauenbewegt in den Kirchengemeinderat gekommen“, erzählt sie. Sie hatte damals keinen einfachen Stand. Das änderte sich erst auf einer Klausurtagung des Gremiums, bei dem Magda Dentler ihren ganzen Humor und ihre offene lockere Art in geselliger Runde einbringen konnte. Von da an war das Eis gebrochen.
„Was Magda sagt, ist gut“, hieß es auf einmal. Und als es bei der Formulierung von Schriftstücken immer nur bei der männlichen Form blieb, sagte einer ihrer Kollegen: „Magda, du müsstest doch etwas gegen diese Sprache haben.“ Da wusste sie, dass sie ganz angekommen war. So schlug sie vor, dass der Pfarrer am Gründonnerstag auch Frauen die Füße waschen sollte. Weil sonst mit dem Pfarrer, der Schola und den Kandidaten für die Fußwaschung nur Männer den Altarraum dominiert hätten und ihre Tochter einmal danach sagte: „Mama, da habe ich mich überhaupt nicht wiedergefunden.“ Mit Hilfe des Vikars setzte Magda Dentler dann auch Ministrantinnen im Gottesdienst durch.
Nur wer drin bleibt, kann verändern
„Ich hatte schon immer eine revolutionäre Ader“, sagt Magda Dentler. Und auch wenn sie die männerdominierte Kirche manchmal verlassen wollte, war ihr immer klar: „Nur wenn ich drin bleibe, kann ich etwas verändern.“ Allerdings heißt das in so einem Gremium auch viel Verwaltungsarbeit, was ihr aber als Verwaltungswirtin nicht schwer fiel. „Ohne diese Ausbildung hätte ich es nicht machen können“, sagt sie. Vor allem die Arbeit als Vorsitzende.
Das Spezifische am Kirchengemeinderat in der Rottenburger Diözese ist, dass er nicht nur pastoral berät, sondern auch über Finanzen entscheidet. Und selbst wenn diese Aufgabe in Stuttgart zum Großteil inzwischen an die Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Neckar delegiert ist, bleibt immer noch ein guter Rest übrig. Und für Magda Dentler, die auch im Gesamtkirchengemeinderat sitzt und dort stellvertretende Vorsitzende ist, bildeten Themen wie Finanzen, Erbschaften und Verwaltung stets 90 Prozent ihrer Arbeit.
Froh war sie, dass die Kindergärten an das Stadtdekanat abgegeben wurden. Ihr Motto: Alles, was man selbst stemmen kann, behalten, alles, was die ehrenamtlichen und hauptberuflichen Kräfte übersteigt, abgeben. Das Verwaltungszentrum des Stadtdekanats und die Schaffung von Verwaltungsbeauftragten seien daher optimal gewesen, sagt sie. „Gottfroh“ ist sie auch, dass sie die Vermietungsverwaltung abgeben konnte.
Der Faktor Mensch gibt den Ausschlag
Neuen Kandidatinnen und Kandidaten sagt Magda Dentler klar, dass der KGR Gremienarbeit bedeutet. Dass Ausschüsse zu besetzen sind und Mitglieder als Vertreterinnen und Vertreter in den Geschäftsführenden Ausschuss, Gesamtkirchengemeinderat und zum Stadtdekanatsrat gewählt und beauftragt werden. Sie weist auch darauf hin, dass es um fünf Jahre geht, auch wenn man immer zurücktreten oder eine Auszeit nehmen könne.
Aus ihrer eigenen Erfahrung weiß sie, dass der menschliche Faktor bei allem entscheidend ist. Wer Zugang zu den Menschen findet, für den öffnen sich auch Türen, meint sie. „Bei uns ist es locker, wir lachen, wir diskutieren oft hart in der Sache und fassen dann unsere Beschlüsse fast einstimmig“, sagt Magda Dentler, die auf ein gutes Arbeitsklima wert legt. „Es muss Zeiten geben, wo man zusammen isst, trinkt und spricht“, sagt sie und führt als Beispiel die Adventsfeier und das Grillen im Sommer an.
Ob diese kommunikative Art eine weibliche Eigenschaft ist, das lässt Magda Dentler mit dem Hinweis „Es braucht beide Geschlechter“ unbeantwortet. Aber die Frage, ob die Kirche weiß, dass sie beide Geschlechter braucht, beantwortet sie klar mit „Nein“. Sieht sie Veränderungsprozesse? „Es sind Mini-Rädchen, die sich drehen“, meint sie.
Magda Dentler sagt Danke
Sorge macht ihr, dass viele Frauen zwischen 30 und 50 Jahren, die für den Kirchengemeinderat kandidieren könnten, so ausgelastet sind, dass sie keine Zeit finden. Im Augenblick seien sieben Männer auf der Kandidatenliste und nur drei Frauen. Vier Kandidatinnen würden noch schwanken.
In ihren 34 Jahren hat Magda Dentler viel bewegt: Die Liebfrauenkirche wurde so renoviert, dass sie heute beliebte Gottesdienst- und Hochzeitskirche ist, viele Projekte wurden angestoßen, neue Gruppen entstanden. Liebfrauen wurde zudem kirchenmusikalischer Schwerpunkt. Die Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Neckar wurde gebildet.
Für Geistliches blieb bei alldem zu wenig Zeit, bedauert sie. Kraft und Inspiration geben ihr neben der Familie die Chöre, in denen sie mitsingt, unter anderem ein Ensemble, das in Altenheimen auftritt. Aber jung sei sie durch die Arbeit im KGR geblieben und viel gelernt habe sie auch. Unterm Strich zieht Magda Dentler ihr Fazit mit einem einzigen Wort: „Dankeschön.“