Ökumene

Freude am gemeinsamen Glauben bezeugen

„Einheit der Christen in versöhnter Vielfalt“ ist das erklärte Ziel der Unità dei Cristiani: (von links) Max Semler (Präsident), Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (stellvertretender Procurator), Kardinal Walter Kasper (Ehrenprocurator), und der frühere württembergische Landesbischof Frank Otfried July. Foto: drs/Jerabek

Angesichts der Krise der Kirchen in Deutschland hat die ökumenische Initiative „Unità dei Cristiani" die Christen zu mehr Zusammenarbeit aufgerufen.

Die Beziehungen unter den Christen müssten „dringend weiterentwickelt und ausgebaut werden, besonders im Hinblick auf die junge Generation“, mahnte Max Semler, Präsident der Unità dei Cristiani. „Die Zeit drängt, angesichts der vielen Kirchenaustritte.“ Die noch offenen und ungeklärten Fragen der wissenschaftlichen Theologie könnten „die meisten gläubigen Christen in den Kirchengemeinden nicht verstehen“, die Ungeduld und die Erwartungen nach Fortschritten und der Annäherung in vielen Bereichen würden immer größer, sagte Semler vor den Mitgliedern der Vereinigung in Wiblingen. Bei dem wichtigen Thema der „gegenseitigen Gastfreundschaft beim gemeinsamen Abendmahl am Tisch unseres Herrn“ brauche es „mehr Mut für Fortschritte“. Zugleich zeigte sich Semler überzeugt, dass „wir Christen mehr gemeinsame Werte und Ziele teilen, als uns manchmal bewusst ist, und dass wir durch unsere Einheit im christlichen Glauben eine starke Kraft für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung sein können“.

Die im Jahr 2001 gegründete „Unità dei Cristiani" hat sich zum Ziel gesetzt, durch Förderung von ökumenischen Projekten, etwa die Herausgabe gemeinsamer Publikationen, und durch die im Turnus von zwei Jahren vergebenen Ökumene-Preise Brücken zu schlagen, damit die Christen auf ihrem Weg zur „Einheit in versöhnter Vielfalt“ vorankommen. Die Vereinigung wurde von Christen verschiedener Konfessionen zusammen mit Kardinal Walter Kasper, damals Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, im Kloster Ochsenhausen ins Leben gerufen.

Feierstunde zur Amtsübergabe

Nach den Worten von Kardinal Kasper besteht der wichtige Beitrag der Unità dei Cristiani darin, nicht zu jammern angesichts der Krise der Kirchen in Deutschland, sondern „Freundschaft und Freude am gemeinsamen Glauben zu bezeugen“. Es gelte, aus der Krise zu lernen, in der Krise zu wachsen und zu reifen, „damit es neu zum Blühen kommt auch in der Ökumene“. Die Einheit und die Ökumene wachse von der Basis her: „Die Graswurzelökumene, die Sie machen, scheint mir von ganz großer Bedeutung zu sein“, sagte Kasper, der Ehrenprocurator der Vereinigung ist. Zusammen mit dem amtierenden Procurator (lat. von procurare = „für etwas Sorge tragen“), derzeit Kardinal Kurt Koch, und den beiden Stellvertretern hat Kasper die Funktion eines geistlichen Schirmherrn inne. Einer der Stellvertreter ist Bischof Dr. Gebhard Fürst.

In einer Feierstunde im Bibliotheksaal des Klosters Wiblingen übergab der emeritierte Landesbischof Dr. Frank Otfried July von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg sein Stellvertreter-Amt an den neuen Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl. Unità-Präsident Semler würdigte July als „leidenschaftlichen Ökumeniker, der für uns ein Glücksfall war“. In den 18 Jahren seines Wirkens in diesem Amt habe er sich „mit Überzeugung und großem Engagement um die Förderung der Einheit der Christen in versöhnter Vielfalt verdient gemacht“, sagte Semler. Julys Nachfolger Gohl ist der Vereinigung schon lange als Mitglied verbunden: In seiner Zeit als Ulmer Münster-Dekan seien dank seiner Unterstützung und Mitwirkung viele ökumenische Veranstaltungen durchgeführt worden.

Ökumenischer „Evensong“ zum Abschluss

Ehrenprocurator Kasper dankte in seinem Grußwort Gohl für seine klare Stellungnahme zur ökumenischen Gemeinsamkeit in der „Woche für das Leben“. Hintergrund ist die Entscheidung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), sich ab 2025 nicht mehr an dieser gemeinsamen Aktion zu lebensethischen Themen wie Abtreibung und Sterbehilfe zu beteiligen. Gohl hatte diese Entscheidung kritisiert, von der man „eiskalt erwischt“ worden sei. Kardinal Kasper fragte mit Blick auf den Ausstieg der EKD aus einer der ältesten ökumenischen Initiativen: „Was haben die Kirchen eigentlich anderes zu tun als über das Leben von Menschen in umfassendem Sinne des Wortes zu sprechen?“ Das sei „ein gemeinsamer Auftrag, den wir erfüllen müssen.“

Ein Höhepunkt der festlichen Versammlung war ein ökumenischer „Evensong“ in der Basilika St. Martin. Der Evensong ist ein abendliches Stundengebet, das ursprünglich in der anglikanischen Kirche beheimatet ist. Wichtigste Elemente sind Psalmengesang, Lesung, Chor- und Gemeindelieder sowie zwei Lobgesänge aus dem Neuen Testament, das Magnificat (Lobgesang Mariens) und das Nunc Dimittis (Lied des greisen Simeon). Musikalisch gestaltet wurde dieser Gottesdienst vom Chor der Basilika Wiblingen mit Blechbläserensemble, Pauken und Orgel unter der Leitung von Regionalkantorin Marion Kaßberger.

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