Flüchtlingshilfe

Friedensarbeit im Nordirak

Pater Jens Petzold (dritter von links) beim Abschluss eines Kurses für Kinder in Sulaimaniyya. Bild: Al-Khalil Community

Pater Jens Petzold (dritter von links) beim Abschluss eines Kurses für Kinder in Sulaimaniyya. Bild: Al-Khalil Community

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart gehört in Deutschland zu den großen Akteuren der katholischen Not- und Katastrophenhilfe.

Ein „Herbergsvater in Terrorzeiten“. Diesen Titel bekam Pater Jens Petzold, als er 2015 die Pforten seines Klosters im nordirakischen Sulaimaniyya für 250 vom IS vertriebene Bewohner der Ninive-Ebene öffnete und ihnen Zuflucht gewährte. Seitdem ist viel geschehen. Die traumatisierten Flüchtlinge bekamen innerhalb des Klosters Zeit zum Atemholen und um in Ruhe zu überlegen, wie es weitergehen kann. Noch heute beherbergt Petzold mehrere Großfamilien, die vor dem IS-Terror geflüchtet waren. 

Hilfe als Selbstverständlichkeit

Gastfreundschaft gehöre zum Kern der Al-Khalil Community, der er angehört, sagt Petzold. Der gebürtige Berliner mit Schweizer Pass ist chaldäisch-katholischer Priester. In der kurdischen Millionenstadt Sulaimaniyya steht er dem Kloster der Jungfrau Maria vor. „Für jeden Christen sollte es selbstverständlich sein, anderen zu helfen“, sagt er.

In Sulaimaniyya, fährt der Pater fort, gebe es immer wieder Flüchtlingsfamilien, die nach Europa weiterziehen möchten. Er erinnert sich an einen Fall, bei dem sich die Familie am Ende notgedrungen dagegen entschied. Es fehlte am Geld. Wenig später ging das Bild eines im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingsmädchens durch die Medien. Die Familie kannte das Kind, es kam aus demselben Dorf wie sie. Die Bestürzung war gewaltig.

Pater Petzold sah sich in seinem Ansinnen bestätigt. Er sagt: „Ich will mit den Familien sprechen, bevor sie weiterziehen. Ich möchte, dass sie informierte Entscheidungen treffen und sich ihre Flucht sehr genau überlegen.“ Für die, die bleiben, plant Pater Petzold derzeit, Berufsausbildungen zu organisieren.  

Integration im Fokus

Dabei gehe es ihm und seiner Gemeinschaft vor allem um Integration. In der kurdischen Universitätsstadt mit ihren unterschiedlichen Kulturen und Religionen stehe das Kloster allen offen. Es gibt dort Gesangsklassen, Zeichen-Workshops und spezielle Angebote für Frauen. Ende 2015 startete Pater Petzold zudem das Projekt „Dangakan-Stimmen für Kommunikation“, das nun auch die Diözese Rottenburg-Stuttgart finanziell unterstützt.

Angeboten werden Sprach- und Alphabetisierungskurse in Kurdisch, Arabisch und Englisch. Sie fördern das Miteinander und erhöhen die Berufschancen der Teilnehmer. „Wir wollen eine Vision für Sulaimaniyya entwickeln“, sagt Pater Petzold bei seinem Besuch im Haus der diözesanen Hauptabteilung „Weltkirche“ in Rottenburg.

Deren Geschäftsführer Dr. Wolf-Gero Reichert stellt fest: „Kriege und Konflikte machen ein gutes Leben an vielen Orten auf der Welt fast unmöglich.“ Zugleich fänden sich bei Christinnen und Christen viele Ideen, wie sich die Hoffnung auf Frieden in konkrete Handlungen übersetzen lasse, um Konflikte zu lösen. „Die Arbeit von Pater Petzold ist dafür beispielgebend“, stellt Reichert fest und verweist darauf, dass auch die Jahresaktionen der internationalen katholischen Hilfswerke 2020 unter der Überschrift „Frieden“ stehen. Gemeinsam wolle man so die Aufmerksamkeit auf die weltweite Friedensarbeit der Katholischen Kirche lenken.

Zum Hintergrund

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart gehört mit ihrer weltkirchlichen Arbeit gemeinsam mit Caritas international und dem Erzbistum Köln bundesweit zu den größten Akteuren in der katholischen Not- und Katastrophenhilfe. Neben dem Projekt von Pater Petzold unterstützt die Diözese derzeit weitere 14 Hilfsprojekte im Nahen und Mittleren Osten. Mit diesen Projekten wird sowohl Flüchtlingen als auch Einheimischen geholfen, die sozial benachteilig sind.

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