Drei Gedanken, zwei Glocken, ein Ziel: Der Glockentausch in Beimerstetten im Rahmen des Projekts „Friedensglocken für Europa“ ist zu einer eindrücklichen Feier der Dankbarkeit, der Entschlossenheit und des Glaubens geworden. Nachdem die Johannes-und-Paul-Glocke und die neue Martinsglocke für kurze Zeit nebeneinander hingen, sollen sie schon bald über rund 850 Kilometer Entfernung einen Brückenschlag für das Miteinander der Menschen und Völker Europas „einläuten". Denn die bisherige Beimerstetter Glocke gehört nach Doubrava u Orlové (Dombrau) in Tschechien, wo sie im Krieg von den Nationalsozialisten entwendet wurde, und kehrt nun wieder in ihre Heimat zurück. Und auch mit der neuen Glocke, die als Friedensglocke gegossen wurde, wird ein Ausrufezeichen der Versöhnung gesetzt.
Die neue Heimat mitgestaltet
„Warum schauen wir heute zurück und nehmen von einer Glocke und ihrem Klang Abschied, die vor 240 Jahren gegossen wurde", fragte Pastoralreferent Andreas Ziesel in seiner Predigt - und formulierte drei Gedanken als Antwort: Als Folge des Zweiten Weltkrieges seien viele Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden, mussten dabei viel Leid ertragen und konnten nur das Nötigste mitnehmen. Trotz vielfacher Traumatisierungen durch Flucht und Vertreibung hätten die Menschen nach ihrer Ankunft nicht resigniert, sondern ihre neue Heimat mitgestaltet.
Damals habe Beimerstetten aus ein paar Bauernhöfen, der evangelischen Kirche und der Bahnhofstraße bestanden; wo heute die katholische Martinskirche steht, sei sumpfiges Gebiet gewesen. Und auch für die alteingesessenen Bewohner sei es nicht einfach gewesen, die Fremden aufzunehmen: Eine vierköpfige Familie hatte 50 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung - heute hat statistisch gesehen eine einzelne Person fast gleich viel Wohnraum - und in vier von fünf Haushalten konnte man von einem Bad oder einer Toilette im Haus, geschweige denn von fließendem Warmwasser oder Zentralheizung nur träumen.