Kirche

Früher und heute ein Ort des gläubigen Miteinanders

Bischof Dr. Gebhard Fürst übergibt die Erhebungs-Urkunde am Beginn des Pontifikalgottesdienstes an den Weißenauer Pfarrer Fabian Ploneczka - Foto: DRS/Waggershauser

Bischof Gebhard Fürst ernennt die ehemalige Klosterkirche in Weißenau zum Münster und segnet den neuen Münsterplatz.

Im Beisein von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, den Verantwortlichen der Kirchengemeinde und der Seelsorgeeinheit Ravensburg-Süd sowie einer großen Gottesdienstgemeinde erhob Bischof Gebhard Fürst am Sonntag (22. Oktober) die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Weißenau offiziell zum Münster. Der neue Titel leitet sich vom lateinischen Begriff „monasterium“ für Kloster ab, den Weißenau mit der Auflösung der Prämonstratenserabtei während der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts verloren habe. „Durch die Erhebung zum Münster wird ihr zugesprochen: Du Weißenau, sei auch weiterhin und ausdrücklich ein Ort des gläubigen Miteinanders“, erklärte der Bischof in seiner Predigt.

Die Erhebungsurkunde, die Bischof Fürst am Beginn des feierlichen Pontifikalgottesdienstes verlas und dann an Pfarrer Fabian Ploneczka übergab, spricht von der Weißenauer Barockkirche mit ihren beiden markanten Türmen als „Zentrum des pastoralen Lebens in der Region“. Neben der klösterlichen Tradition, der dem Kloster 1283 von König Rudolf von Habsburg geschenkten Heilig-Blut-Reliquie und der berühmten Holzhey-Orgel aus dem Jahr 1787 sei die Anziehungskraft des Gotteshauses etwa für Trauungen und das persönliche Gebet heutiger Menschen ausschlaggebend gewesen für die Ernennung.

Kirchenvorplatz heißt jetzt "Münsterplatz"

Ministerpräsident Kretschmann gratulierte den Weißenauern in seinem Grußwort zu ihrem Münster als „echte Perle auf der Oberschwäbischen Barockstraße“. Er hält sowohl bei der Kirche als auch beim Staat Erneuerung für notwendig, wozu es Mut und Zuversicht brauche. Bereits vor dem Gottesdienst enthüllte der Stuttgarter Regierungschef das Straßenschild des neuen Münsterplatzes. Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp und die stellvertretende Eschacher Ortsvorsteherin Julia Nordmann unterstützten ihn dabei. Bischof Fürst besprengte den Münsterplatz nach einem Segensgebet mit Weihwasser.

Im Gegensatz zu den Benediktinerabteien Reichenau und Mehrerau am Bodensee hieß das Kloster südlich von Ravensburg lange Minderau. Die Prämonstratenser-Chorherren, von deren weißen Gewändern sich der heutige Name des Ortes ableitet, machten das sumpfige Gelände an der Schussen urbar. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entschied sich die Abtei für einen Neubau sämtlicher Klostergebäude im barocken Stil. Die Kirche selbst erhielt im April 1724 die Weihe, feiert also im nächsten Jahr Jubiläum. Der nur auf der Südseite vollendete Gebäudekomplex gehört heute dem Land Baden-Württemberg, das das neue Münster derzeit aufwändig restauriert.

Lebendige Gemeinde im neuen Münster

Nicht alle „Münster“ genannten Kirchen gehen auf eine bischöfliche Erhebung zurück. Dass Weißenau diese verdient hat und Ort „einer gelebten Gemeinschaft mit Gott und untereinander“ ist, wie Bischof Fürst es nannte, zeigte die Mitgestaltung der Feier und des Gottesdienstes durch die örtlichen Vereine und viele Engagierte. Der Fanfarenzug, die Musikkapelle Sternberg, die Kirchenchöre von Weißenau und der Ravensburger Weststadt sowie Geschichtsexperte Ulrich Höflacher an der Orgel brachten die Festfreude musikalisch zum Klingen. Und beim anschließenden Gemeindefest in der Festhalle konnten alle auf das Jahrhundertereignis anstoßen.

Urkunde

zur Erhebung der Pfarrkirche St. Petrus und Paulus Weißenau zum Münster

Das Kloster Weißenau (historisch auch Minderau, lat. Augia Minor) wurde 1145 als ein reichsunmittelbares Chorherrenstift der Prämonstratenser wenige Kilometer südlich der ehemaligen Freien Reichsstadt Ravensburg gegründet und ist damit 26 Jahre älter als das Prämonstratenserstift in Obermarchtal. Das Kloster Weißenau bestand bis zur Säkularisation 1802/1803.

Die einstige Klosterkirche wurde seit 1717 neu erbaut und am 23. April 1724 vom Konstanzer Weihbischof Franz Johann Anton von Sirgenstein geweiht. Sie ist architektonisch und künstlerisch von hoher Qualität und eine Sehenswürdigkeit an der Oberschwäbischen Barockstraße. Neben der Sonntagsliturgie finden dort auch andere feierliche Liturgien statt. Die Kirche wird gerne von Gläubigen außerhalb der Pfarrei zum Gebet aufgesucht. Sie ist ein Zentrum des pastoralen Lebens in der Region, auch und vor allem zur Spendung der Sakramente.

Die Klosterkirche ist mit einer großen und bedeutenden Orgel ausgestattet. Sie ist eine der großen Denkmalorgeln Süddeutschlands und wurde im Jahr 1787 von Johann Nepomuk Holzhey erbaut.

Als große Besonderheit der Weißenau gilt die Heilig-Blut-Reliquie, die 1220 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird. Der Tradition nach wird sie seit 1283 – dem Jahr der Schenkung des wertvollen Reliquiars durch König Rudolf von Habsburg – verehrt.

Aufgrund ihrer herausragenden Geschichte, aufgrund ihrer Bedeutung für die Geschichte unseres Glaubens im oberschwäbischen Raum und insbesondere wegen der kostbaren Heilig-Blut-Reliquie verleihe ich der Kirche St. Petrus und Paulus zu ihrem 300-jährigen Weihejubiläum im kommenden Jahr und zum 100-jährigen Bestehen der Blutreiter-Gruppe in Weißenau den Ehrentitel eines Münsters.

Rottenburg am Neckar,  den 22. Oktober 2023

Dr. Gebhard Fürst   
Bischof von Rottenburg-Stuttgart        

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