Weltkirche

Gäste aus Malaysia erkunden das Alltags- und Glaubensleben

Delegation aus Sabah

Die Besucher:innen aus Sabah genießen die Aussicht vom Turm der Heilbronner Kilianskirche. Foto: DRS/Guzy

Die evangelische und die katholische Kirche in Heilbronn pflegen seit Jahrzehnten besondere Beziehungen nach Südostasien.

Der mit Wein bewachsene Hang des Wartbergs zieht die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich. Sie zücken auf dem Turm der evangelischen Kilianskirche sogleich ihre Smartphones, als Rolf Krieg ihnen diesen Panoramablick über Heilbronn präsentiert. Für die zwölf Frauen und Männer ist es die erste größere Sehenswürdigkeit ihres Besuchsprogramms. Doch sind sie nicht allein aus Neugier auf touristische Attraktionen aus Malaysia angereist.

„Aus Unterschieden kann man etwas lernen“, sagt Paul Porodong auf Englisch. Er leitet die zwölfköpfige Reisegruppe aus Sabah. Der malaysische Bundesstaat liegt im Norden der Insel Borneo. Der evangelische Kirchenbezirk Heilbronn und das katholische Dekanat Heilbronn-Neckarsulm pflegen im Rahmen einer ökumenischen Direktpartnerschaft Kontakte zu den dortigen Kirchen: zur Basel Christian Church of Malaysia (BCCM) und der Protestant Church in Sabah (PCS) sowie dem Erzbistum Kota Kinabalu und den Bistümern Keningau und Sandakan.

Viele Gespräche und Begegnungen auf dem Programm

Normalerweise findet alle zwei Jahre eine Begegnung statt. Im Wechsel reist dann eine Delegation aus Heilbronn nach Sabah oder ist eine malaysische Gruppe am Neckar zu Gast. Die Corona-Pandemie riss jedoch eine längere Lücke, sodass evangelische und katholische Kirchenmitglieder aus Sabah das letzte Mal im Jahr 2016 in Heilbronn empfangen wurden. „Während der pandemiebedingten Pause wurde die Partnerschaft per Videokonferenz am Leben gehalten“, sagt Michael Dieterle. Der Dekanatsreferent des Dekanats Heilbronn-Neckarsulm gehört ebenso wie Rolf Krieg, ehemaliger Kirchenpfleger der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Heilbronn, dem ökumenisch besetzten Heilbronner Sabah-Ausschuss an.

Dieterle, Krieg und weitere Mitglieder des Ausschusses betreuen die Gäste aus Malaysia. Während ihres Aufenthalts vom 24. September bis 7. Oktober erkundet die Delegation nicht nur Heilbronn. Es geht zum Beispiel auch zur Klimaarena nach Sinsheim, nach Tübingen und Worms. In Stuttgart steht außer der Besichtigung der Großbaustelle Stuttgart 21 ein Besuch bei der evangelischen Landeskirche auf dem Programm. In Rottenburg ist eine Begegnung mit der Hauptabteilung Weltkirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart geplant. Die Themen „Bewahrung der Schöpfung – Klimawandel – Nachhaltigkeit“ sollen bei den Gesprächen als roter Faden dienen.

Tagung zur Zukunft der Kirchen

Außerdem sind zwei Studientage in der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein in das Besichtigungsprogramm eingebettet. Die Teilnehmer:innen aus den deutschen und den malaysischen Gemeinden wollen über Herausforderungen der Kirchen in Deutschland und in Sabah sprechen. So wird zum Beispiel ein Referat den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland vorstellen.

Nach dem Aufstieg zum Turm der Kilianskirche und einem Rundgang durch die stadtgeschichtliche Ausstellung im Stadtarchiv Heilbronn begrüßt aber erst einmal Bürgermeister Andreas Ringle die Delegation im großen Ratssaal im Rathaus. Er stellt die Stadt kurz vor und berichtet, wie Heilbronn sich auf Herausforderungen wie den Klimawandel einstellt.

Wie der Vater, so der Sohn

Bereits sein Vater sei mit der ersten Delegation in den 1980er Jahren in Heilbronn gewesen, erklärt Porodong im Ratssaal. Er gehöre nun zur zweiten Generation. Porodong verbindet damit den Wunsch, dass die Partnerschaft auch in einer dritten Generation ihre Fortsetzung finde.

Die Partnerschaftsidee entwickelte sich Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre. Ausgangspunkt war eine ökumenische Tagung in Heilbronn. Ein indonesischer Pastor hat übers Essen bei Teilnehmer:innen das Interesse an Südostasien geweckt, wie Anita Lierheimer schildert. Die 75-jährige frühere Sekretärin der katholischen Dekanatsgeschäftsstelle engagiert sich seit den Anfängen für die Partnerschaft. Es ist dann aber nicht Indonesien, sondern Malaysia geworden. Der damalige Pfarrer im evangelischen Pfarramt für Mission und Ökumene in Heilbronn, der in Malaysia als Missionar gearbeitet hatte, stellte die Verbindung her. „Es war damals schwierig, hier Leute zu finden, die Englisch können“, erinnert sich Lierheimer. Und die ersten Gäste aus Malaysia seien nur Reis gewohnt gewesen.

Unterkünfte bei Privatleuten

„Das Besondere ist, dass es sich um eine Partnerschaft auf Augenhöhe handelt“, sagt Dieterle. Bei der Partnerschaft mit Sabah gehe es nicht in erster Linie um Hilfsprojekte, sondern um Beziehungen zwischen Mitgliedern der beteiligten Kirchen. So werden auch gegenseitig Freiwilligendienste ermöglicht. Zuletzt war im Frühjahr 2022 eine junge Frau aus Sabah in einer evangelischen Einrichtung im Einsatz.

Im Vordergrund der nunmehr jahrzehntelangen ökumenischen Partnerschaft steht das gegenseitige Kennenlernen von Kultur und Alltag. Daher ist die Delegation aus Sabah bei verschiedenen privaten Gastfamilien im Raum Heilbronn untergebracht.

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