Dekanat

Gebietsreformen und ihre Kuriositäten

Über eine etwas diesige Luftaufname wurde eine Karte mit den Umrissen der Dekanate nach der Reform 2008 und deren Namen gelegt.

Luftaufnahme der Schwäbischen Alb - Foto: Pixabay/Hans, Bildkollage: DRS/Waggershauser

Vor 50 Jahren entstanden die heutigen Landkreise in Baden-Württemberg - von 2006 bis 2008 glich die Diözese ihre Dekanate an.

Festival im Bauernhausmuseum oder Einheitsfeier, ein Jubiläumsweg oder ein neuer Imagefilm. Wer sich durch die Homepages der Landkreise in Baden-Württemberg klickt, findet ganze Veranstaltungsreigen - jeweils zum 50-jährigen Bestehen. Teilweise gehören auch ökumenische Gottesdienste zum Programm. Im Jahr 1973 trat nämlich die umfassende Gebietsreform in Kraft, die die Zahl der Landkreise von 63 auf 35 reduzierte - die neun Stadtkreise nicht mitgerechnet.

Von 2006 bis 2008 passte die Ortskirche von Rottenburg-Stuttgart die sogenannte "Mittlere Ebene" zwischen Kirchengemeinden und Diözese weitgehend den Kreisgrenzen an. Vor 15 Jahren wurden aus 45 Dekanaten in Württemberg 25 in ganz unterschiedlicher Größe und mit manchen Besonderheiten. In der Region Bodensee-Oberschwaben befindet sich beispielsweise die Einheit mit den meisten Katholik:innen in der Diözese. Aus Ravensburg, Leutkirch, Waldsee und Wangen entstand das Dekanat Allgäu-Oberschwaben mit derzeit etwa 143.000 katholischen Kirchenmitgliedern.

Mentalitätsunterschiede zwischen Berg und Tal

Ganz reibungslos lief die Vereinigung, die als eine der letzten im Januar 2008 umgesetzt wurde, nicht. Da Ureinwohner zwischen dem Allgäu auf der einen und dem Schussental samt Zocklerland auf der anderen Seite gewisse Mentalitätsunterschiede auszumachen vermögen, bevorzugten etliche eine "Zwei-Staaten-Lösung", die jeweils zwei der damaligen Dekanate zusammengefasst hätte. Allerdings arbeiteten bereits alle vier im Dekanatsverband mit dem Kreisdekan an der Spitze zusammen - eine Zwischenebene, die die Reform überflüssig machen sollte. So gab es die große Lösung für den gesamten Landkreis Ravensburg.

Wobei das nicht ganz stimmt. Das Dekanat Saulgau behielt unkonsequenterweise mit Altshausen und neun umliegenden Kirchengemeinden die Gebiete, die bei der Kreisreform 1973 dem Ravensburger Landkreis zugeschlagen wurden. Saulgau selbst und die württembergischen Gemeinden westlich davon bilden mit hohenzollerischen und badischen Arealen - beide gehören zur Erzdiözese Freiburg - seither den Landkreis Sigmaringen. Obwohl Saulgau zwar klein, aber doch ein selbstständiges Dekanat ist, teilt es die Geschäftsstelle sowie viele andere Einrichtungen mit dem benachbarten großen Dekanat Biberach.

Strukturen verbessern und zusammenarbeiten

Die Dekanatsstruktur der Diözese vor 2006 entsprach in den katholisch geprägten Gegenden im Wesentlichen den Oberämtern vor der großen Kreisreform 1938. Die Absichten der kommunalen Gebietsänderung vor 50 Jahren und der kirchlichen Neueinteilung 35 Jahre später waren ähnlich. "Die Organisation und die Strukturen zu verbessern, die Leitung zu stärken, die Kooperationen verbindlich zu gestalten und die Arbeitsfähigkeit finanziell abzusichern", nannte Bischof Gebhard Fürst damals als Ziel. Bei den Kreisen sollte eine Mindesteinwohnerzahl die flächendeckende Verfügbarkeit von Leistungen wie Krankenhausversorgung und Abfallbeseitigung sichern und das Stadt-Land-Gefälle ausgleichen.

Während das Land Baden-Württemberg bei der Reform die ehemaligen Ländergrenzen häufig ignorierte, scheiterte kirchlicherseits die Aufteilung in vergleichbar große Einheiten an der Diözesangrenze zu Freiburg, die nicht angetastet werden sollte. So bildet das Dekanat Friedrichshafen nur den halben Bodenseekreis ab. Die andere Hälfte um Überlingen ist badisch. Auch die hohenzollerischen Exklaven wie Achberg und Langenenslingen, die 1973 in die sie umgebenden Landkreise Ravensburg und Biberach integriert wurden, gehören auf dem Papier weiterhin zur Erzdiözese Freiburg. Eine Jurisdiktionsvereinbarung der Diözesen im Jahr 2006 schuf hier eine pragmatische Lösung.

Nicht nur in Oberschwaben und am Bodensee...

Die genannten Beispiele sind stellvertretend für die ganze Diözese. Das kleinste Dekanat Mühlacker mit knapp 15.000 Katholik:innen entstand 1992, als sich das Dekanat Ludwigsburg bereits den Kreisgrenzen anpasste. Übrig blieben sieben Kirchengemeinden des aufgelösten Dekanats Vaihingen, die seit 1973 zum Enzkreis gehören. Bei den anderen württembergischen Gemeinden, die zum Enzkreis kamen, sowie in Schwenningen, das mit dem badischen Villingen seit 1972 eine Doppelstadt bildet und zum weitgehend freiburgerischen Schwarzwald-Baar-Kreis gehört, blieb die Dekanatszugehörigkeit zu Rottweil, Calw und Böblingen kirchlicherseits unangetastet.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat übrigens in den Landkreisen Sigmaringen, Zollernalb und Main-Tauber ebenfalls Exklaven auf Freiburger Gebiet, für die die Jurisdiktionsvereinbarung gilt. Auch wenn Kreise und Dekanate wegen historisch gewachsener Unterschiede und wegen der unübersichtlichen Grenzverläufe zwischen den beiden Diözesen im Land nicht deckungsgleich werden können, haben sich die neuen Einteilungen auf beiden Seiten - auch dank gewisser Substrukturen - inzwischen eingespielt. Nur eine einzige Kirchengemeinde in Baden-Württemberg trotzt sowohl der Rottenburger Dekanatsreform als auch der derzeitigen Bildung von Großpfarreien in Freiburg. Heilig Kreuz in Bad Wimpfen im Landkreis Heilbronn gehört nämlich zum Bistum Mainz.

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