In Gedenken an den durch die Nationalsozialisten aus seiner Diözese verbannten Rottenburger Bischof Joannes Baptista Sproll gibt es 2020 gleich zwei Jubiläen zu feiern: So jährt sich in den kommenden Monaten die Heimkehr Sprolls in seine Diözese zum 75. Mal, und genau 150 Jahre wird es am Freitag, 2. Oktober, her sein, dass der spätere Bischof in einfachen Verhältnissen, als Sohn eines Straßenwärters, in Schweinhausen zur Welt kam.
Vor diesem Hintergrund plant die Diözese Rottenburg-Stuttgart mehrere Erinnerungsveranstaltungen für den Bischof, dessen Seligsprechungsverfahren derzeit im Vatikan läuft: Am Freitag, 15. Mai, soll im Kloster Ursberg und im bayerischen Bad Krumbad die zentrale Gedenkveranstaltung mit Vertretern aus Kirche, Politik und Gesellschaft stattfinden, an welcher der Rückkehr Sprolls aus dem Exil gedacht wird. Bereits am Freitag, 3. April, nimmt Bischof Gebhard Fürst zudem an einer Veranstaltung im Bischof Sproll-Bildungszentrum in Biberach teil, bei der er mit rund 1.200 Schülern über seinen Amtsvorgänger und dessen Wirken diskutieren wird. Zudem feiert Bischof Fürst an Sprolls Geburtstag ein Pontifikalamt in Schweinhausen. Zwei Tage später, am Sonntag, 4. Oktober, öffnet im Bischöflichen Ordinariat in Rottenburg eine Multimedia-Ausstellung über Bischof Sproll.
Gedenken an einen Aufrechten
Er ist Fürsprecher für alle, die unter den Folgen von Flucht und Vertreibung leiden und um ihr Leben fürchten
Laut Bischof Fürst war Sproll unter den deutschen Bischöfen, neben dem selig-gesprochenen Kardinal Clemens August von Galen, der Einzige, der den nationalsozialistischen Machthabern des Dritten Reichs öffentlich, eindeutig und entschieden die Stirn bot. „Schon früh hat Bischof Joannes Baptista laut die nationalsozialistische Ideologie, die Euthanasieprogramme, den Rassenwahn und auch die Christen-, Kirchen- und Religionsfeindlichkeit des Regimes angeprangert“, betont Gebhard Fürst. Er bezeichnet den Bekennerbischof als „ein beeindruckendes Vorbild in einer Zeit, in der die Stimmen lauter werden, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage stellen, in einer Zeit der zunehmenden Egoismen und Abschottung“. Bischof Sproll sei Zeuge einer Barmherzigkeit gegenüber behindertem und versehrtem Leben und Mahner für ein respektvolles Miteinander der Menschen und der Religionen. „Er ist Fürsprecher für alle, die unter den Folgen von Flucht und Vertreibung leiden und um ihr Leben fürchten“, so Bischof Gebhard Fürst. Joannes Baptista Sproll war der einzige Bischof in der Zeit des Nationalsozialismus, der seine Diözese verlassen und ins Exil gehen musste.
Zum offenen Bruch mit dem nationalsozialistischen Regime war es im Jahr 1938 gekommen, als Sproll bei der Volksabstimmung zur Angliederung Österreichs und gleichzeitig der Zustimmung zum „Großdeutschen Reichstag“ und zur „Liste unserer Führers“ am 10. April die Stimmabgabe verweigerte. Die nationalsozialistischen Machthaber organisierten Demonstrationen und Ausschreitungen gegen den Bischof, auf deren Höhepunkt das Bischöfliche Palais in Rottenburg gestürmt und verwüstet wurde. Sproll konnte den Angriffen nur knapp entgehen. Am 19. August 1938 teilte Reichskirchenminister Hanns Kerrl über den Vorsitzenden der Bischofskonferenz Joannes Baptista Sproll das Aufenthaltsverbot für Württemberg mit. Fünf Tage später wies die Gestapo den Bischof zunächst nach Freiburg aus. Bad Wörishofen, das Kloster St. Ottilien und schließlich der Kurort Krumbad waren die weiteren Stationen des Exils. Von dort aus kehrte der von einer Nervenerkrankung schwer Gezeichnete am 12. Juni 1945 als knapp 75-Jähriger in seine Diözese zurück.