Karfreitag

Gekreuzigt im Allgäu

Daniela Heiß als Maria und Fabio Woitscheck als Jesus bei der Kreuzigungsszene - Foto: DRS/Waggershauser

Bereits zum sechsten Mal machen die Bewohner:innen von Engerazhofen bei Leutkirch das Leiden Jesu in den Passionsspielen leibhaftig erfahrbar.

Wussten Sie schon: Jesus ist nicht schwindelfrei. Deshalb ist der Tod am aufgerichteten Kreuz oben auf dem Hügel für ihn "die größte Challenge", also Herausforderung. Das sagt natürlich nicht der biblische Jesus, sondern sein Darsteller bei den Passionsspielen in Engerazhofen. "Zuhause gehe ich nicht mal auf die Trittleiter", gesteht Fabio Woitscheck, wie der Schauspieler im realen Leben heißt. Der 31-Jährige gehört zur freien Gesangsschule Joy of Voice in Aitrach. Rund 300 der etwa 450 Bewohner:innen des Teilorts von Leutkirch begleiten ihn bei der Hauptprobe in historischen Kostümen als römische Soldaten oder als Anhänger und Schaulustige auf die Allgäuer Golgata-Anhöhe.

Woitscheck kannte den Kreuzweg wie viele andere eher von Bildern. Das Kreuz wirklich auf seinen Schultern zu tragen, bringe ihn der Geschichte deutlich näher, sagt er. Die Passionsgeschichte in Engerazhofen beginnt für den Jesusdarsteller bereits mit der Heilung des blinden Bartimäus unten vor dem multifunktionalen Kulissenaufbau. "Jesus war eine ruhige  Person, die sehr in sich gekehrt ist, aber über eine große Weisheit verfügt und über ein unglaublich großes Herz." Dieses Bild entstand in Woitscheck, als er das Drehbuch las. Das seien Werte, die er auch selbst verkörpere. So stecke im Engerazhofer Jesus auch ein Teil von ihm.

Der ehemalige Pfarrer schreibt das Drehbuch und führt Regie

Während Jesus in sich ruht, motiviert Pfarrer Waldemar Wrobel die Laienschauspieler zwischen 11 Monaten und 88 Jahren bei der Probe immer wieder dazu, aktiver zu sein. Im Jahr 2000 brachte der Autor des Drehbuchs die Passionsspiele erstmals zur Aufführung. Damals war er Pfarrer in Engerazhofen. Inzwischen ist alle fünf Jahre mit Ausnahme des Coronajahrs 2020 fast das ganze Dorf involviert und Wrobel reist von seinen folgenden Wirkungsorten Bopfingen und jetzt Salach bei Göppingen an. Die Geschichte orientiert sich am Johannesevangelium, verrät er, "aber ich habe eigene Einschübe in die Worte Jesu eingeflochten in der heutigen Sprache."

Die Organisation vom Sicherheitskonzept über Auf- und Abbau bis hin zu Parkplätzen und Technik vor Ort liegt bei Alfred Sipple. In verschiedenen Szenen, darunter die Bergpredigt, Jesu Wort "lasst die Kinder zu mir kommen" und der eigentlicher Leidensgeschichte mit Palmprozession, Abendmahl, Verrat am Ölberg, Verurteilung und Kreuzigung, spielt Sipple selbst mit. Er wohnt am Fuß der La-Salette-Kapelle, die sich hinter dem Publikum erhebt, wie auch Daniela Heiß. Seit der Premiere vor 25 Jahren schlüpft sie in die Rolle von Maria, der Mutter Jesu. "Man merkt, wie der ganze Ort zusammenwächst", beschreibt sie die Atmosphäre in Engerazhofen zur Passionsspielzeit. Und sie freut sich auf die Aufführungen.

Informationen zu den Passionsspielen in Engerazhofen

Die Aufführungen am Samstag und am Palmsonntag sowie am Karfreitag (12./13./18. April) beginnen jeweils um 19.30 Uhr auf der Wiese hinter der La-Salette-Kapelle oberhalb von Engerazhofen, einem Teilort von Leutkirch im Allgäu. Die Szenen sind teilweise mit Musik unterlegt und Aufnahmen des örtlichen Chors werden eingespielt.
 
Der nicht überdachte Zuschauerbereich ist auf einer Wiese am Hang. Reservierbare Plätze gibt es dort nicht. Festes Schuhwerk und wetterfeste, warme Kleidung - im Allgäu kann es nachts noch recht kühl werden - sind empfehlenswert. Sitzgelegenheiten (Klappstuhl oder Hocker) für die etwa zweistündige Aufführung sind bei Bedarf selbst mitzubringen.

Es gibt genügend kostenfreie Parkplätze für PKW direkt bei der La Salette Kapelle. Die Organisatoren verzichten auf ein Eintrittsgeld, freuen sich aber über eine Spende, die für die Renovierung und Instandhaltung der La-Salette-Kapelle verwendet wird.

Übrigens: Auf dem Weg von der Kirche in Engerazhofen zur La-Salette-Kapelle lädt ab Palmsonntag ein familienfreundlicher Osterweg zum Entdecken ein.

Weitere Nachrichten

Umwelt
Große christliche Kirchen starten die gemeinsame ökumenische Aktion "Handys als Kollekte" und regen Gemeinden und Einrichtungen zum Mitmachen an.
Weiterlesen
Familie
Kerzen sind ein wichtiges Symbol für die Erestkommunion und begleiten die Kinder ihr lebenlang.
Ein Tag voller Licht und Hoffnung für Kinder, Angehörige, Freund:innen und die gesamte Gemeinde.
Weiterlesen