Brauchtum

Mit Glaube und Gerstensaft

Münster und Maischbottich: Der Blick aus dem Fenster des Sudhauses der Ulmer Brauerei Gold Ochsen könnte symbolisch für Verbindendes von Gerstensaft und Glaube stehen. Interessierte aus dem Dekanat Ehingen-Ulm kamen zum Bierkonvent. Foto: drs/Jerabek

Gedenktage der Bierbrauer-Patrone – einer ist Vitus – sind im Dekanat Ehingen-Ulm immer wieder Anlass, die religiöse Dimension des Bieres auszuloten.

„Bier ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Gott den Menschen liebt und ihn glücklich sehen will“, so wird Benjamin Franklin (1706-1790), einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, zitiert. Etwas weniger euphorisch, aber selbstbewusst formuliert P. Benedict Nivakoff, Subprior des Benediktinerklosters von Nursia: „Bier ist ein Getränk, dass nicht wirklich notwendig ist, aber das denen ein wenig Freude bereitet, die es trinken.“ Denn, so fährt der Benediktiner fort, „wenn wir etwas nehmen, das aus guten Inhaltsstoffen besteht, und im Gebet hergestellt, und wir dies mit Freunden und Familie trinken, ist es eine Gelegenheit, von den Belastungen des Alltags eine Auszeit zu nehmen, all den Sorgen, und ein wenig über weniger dringende Dinge in Gelassenheit nachzudenken.“

Kloster mit drei Brauereien

Genau dies tut die „Dekanats-Familie“, wenn sie bei einer philosophisch-theologisch-musikalischen Zusammenkunft Facetten der „flüssig-güldenen“ Kulturgeschichte erörtert und bei einem Glas Gerstensaft in die Geheimnisse des Glaubens eintaucht, wie jüngst im Anschluss an eine Brauereiführung in Ulm. Zu diesen interessanten Facetten zählt etwa der Sankt Galler Klosterplan, den Dekanatsreferent Dr. Wolfgang Steffel genau unter die Lupe genommen hat: In dieser frühesten Darstellung eines Klosterbezirks, rund 1200 Jahre alt, die gleichsam das „ideale“ Kloster zur Zeit der Karolinger zeigt, finden sich unter den rund 40 Gebäuden auf dem Plan gleich drei(!) Brauereien: beim Pilger- und Armenhospiz – mit eher dünnerem Bier; für den Verkauf ein besseres; und dann das „Priesterbier“ für die Mönche… Und nicht von ungefähr trügen einige Biermarken den Namen alter Orden wie „Paulaner“, „Franziskaner“ oder „Augustiner“, erinnerte Steffel.

Mit Schutzpatronen „gut versorgt"

Kein Wunder, dass es gleich mehrere Schutzpatrone für die Bierbrauer gibt: neben Florian (Gedenktag am 4. Mai), Arnulf von Metz (18. Juli), Laurentius (10. August) und Nikolaus (6. Dezember) gehört auch Vitus (Veit) zu ihnen. Sein Gedenktag ist der 15. Juni. Dieser Heilige, einer der 14 Nothelfer mit einer stattlichen Zahl an „Zuständigkeiten“ und Patronaten, soll „im Dienste der Bauern und Brauer für schönes Wetter sorgen“, so Steffel. Hinzu kommen der heilige Georg (sein Gedenktag am 23. April ist auch Jahrestag des Reinheitsgebots), Magnus (6. September), „Apostel des Allgäus“, als Patron der Hopfenbauern und andere mehr. Regional steht zum Beispiel der heilige Benno (16. Juni) als einer der ältesten Schutzheiligen der Münchner Brauer und Schirmherr der bayerischen Landeshauptstadt hoch im Kurs.

Maß halten bei der „vorletzten Ölung“

Für die religiöse Dimension des Bieres führte der Dekanatsreferent (augenzwinkernd) geistesgeschichtliche Schwergewichte wie den Schriftsteller Jean Paul und den Reformator Martin Luther ins Feld. Während Jean Paul das Bier als „Seelentrank“, „vorletzte Ölung“ oder gar „Weihwasser“ bezeichnet habe, stehe bei Luther der Bierschaum als Bild für einen oberflächlichen Glauben. Im Umkehrschluss werde durch Luthers Metapher das Bier selbst „zum Bild eines tiefen innerlichen Glaubens, der den Menschen von innen wandelt“. Nicht fehlen durfte in diesem Zusammenhang aber auch der heilige Benedikt mit seiner Mahnung zum Maß halten (hier im Sinne von Mäßigung üben) und weitere christliche Tugenden wie die Hoffnung. Mit den Worten von P. Benedict Nivakoff aus Nursia: „Ein Brauer muss immer ein wenig Hoffnung haben. Gott macht aus den Dingen, die wir tun, oft überraschende Sachen.“ In diese Gedanken erfrischend verwoben waren verschiedene Lieder mit bieraffin umgeschriebenen Texten.

Gnade, Handwerkskunst und Technik

Dass außer Hoffnung und der Gnade, „die Gott stets ausgießet, in ihr uns umschließet“, wie Wolfgang Steffel in einem Lied nach Jesaja 55 dichtete, auch viel Erfahrung, Handwerkskunst und modernste Technik nötig ist, um ein gutes Bier zu brauen, konnten die Teilnehmer des Bierkonvents beim Rundgang durch die Goldochsen-Brauerei erleben. Von einem kleinen Ausstellungsraum führte die Besichtigung ins Sudhaus, in den Lagerkeller – hier gab es ein frisch Gezapftes aus einem der 190.000 Liter fassenden „zylindrokonischen“ Lagertanks – und zur Abfüllanlage. Der Brauereiführer, der alle Fragen der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Dekanats kompetent und kurzweilig parierte, meinte abschließend beim musikalisch-geselligen Ausklang und kühler Erfrischung in der Betriebskantine: „I hätt au net denkt, dass Christen au a bissle Durscht hend.“ Schwaben wissen: Das war ein Kompliment.

Geistlicher Bierkonvent

Geistlicher Bierkonvent am Wiblinger Albvereinshäusle: „Lobe den Herrn meine Kehle und all mein Bauch seinen heiligen Namen!“ (Ps 103,1) am Donnerstag, 24. August 2023 um 19 Uhr, Biergarten beim Albvereinshäusle, Freizeitgelände Binsenweiher, Kutschenberg 44, Ulm-Wiblingen. Anmeldung beim Kath. Dekanat Ehingen-Ulm, Tel.: 0731/9206010, E-Mail: dekanat.eu@drs.de

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