Anneliese Scholz und Bernhard Heck bedienen die Besucher:innen mit Kaffee und Tee. Diese packen an den zwei Tischen mitgebrachten Kuchen, eine Brezel oder ein Klappbrot aus. Jeden Montag treffen sich auf diese Weise etwa ein Dutzend Leute um die Mittagszeit in der Vesperstube in der Schnurgasse 12. „Ich habe es zu einem Ritual gemacht“, sagt einer der Gäste.
„Die Leute können in der Mittagspause kommen und die Zeit verbringen. Kaffee und Tee gibt es von uns“, sagt Anneliese Scholz. Sie gehört mit Bernhard Heck zu der Handvoll an Ehrenamtlichen, die sich mit der Arbeit in der Vesperstube abwechseln. Sie richten die Tische, kochen Tee oder Kaffee und leisten vor allem den Besucher:innen Gesellschaft.
Raum mit Prominenz
An diesem Montag sind – wie neuerdings einmal im Monat – zwei besondere Gäste darunter: Margarete und Ehrenfried Biehal vom Verein „StadtGeschichte Künzelsau“. Denn zwölf nach zwölf findet ein etwa 20-minütiger Vortrag zu einem Aspekt der Heimatgeschichte statt. Heute geht es um die Brauereien. Ehrenfried Biehal hält die Kopie einer Ansicht der früheren Schlossbrauerei in die Runde hoch. „Heutzutage gibt es niemanden mehr, der Bier braut – leider“, fasst er den Verlust der einstigen Braustätten zusammen.
Der Raum, in dem sich die Vesperstube befindet, hat selbst historische Bedeutung. Ein Vorfahre des Astronauten Alexander Gerst betrieb hier ein Schlossergeschäft, wie der Text auf einer Stellwand verrät. Zeitungskopien verweisen stolz auf den prominenten Ehrenbürger der Stadt.
Ökumenisches Projekt
Die Vorträge aus der Reihe „12 nach 12“ sollen dem Austausch und den Gesprächen zusätzlichen Schwung geben und der Vesperstube mehr Aufmerksamkeit verleihen. Laut Scholz sind die Montage mit Vortrag besonders gut besucht, sodass der Platz in dem schmalen früheren Geschäftsraum schon einmal eng werden kann.
Die Vesperstube geht auf eine Initiative aus der katholischen Kirchengemeinde St. Paulus Künzelsau zurück. Es handelt sich aber um ein ökumenisch getragenes Projekt. Neben der katholischen ist auch die evangelische Kirchengemeinde mit dabei, in Kooperation mit Diakonie- und Caritasverband. Das Angebot, im Laufe des Jahres 2019 gestartet, konnte erst in den vergangenen Monaten richtig an Kontinuität und Fahrt gewinnen, da die Coronapandemie in der Anfangszeit für Unterbrechungen sorgte.
Nach der Zwangspause und dem Neustart habe sich die Vesperstube aber etabliert, wie Nils Neudenberger auf Nachfrage erklärt. Der katholische Gemeindereferent ist einer der insgesamt drei Hauptamtlichen von katholischer und evangelischer Seite, die die ehrenamtliche Arbeit in der Vesperstube begleiten. „Wer in die Vesperstube kommt, weiß, da sind andere Menschen, mit denen zusammen man seine Mittagszeit gestalten kann“, erklärt Neudenberger. Die Vesperstube hat sich auf diese Weise zu einem Treffpunkt für ältere Menschen entwickelt. Der Gemeindereferent spricht von einem Akzent gegen Einsamkeit, der im Altstadtquartier gesetzt werde.