Am Sonntag nach Weihnachten feiern wir das Fest der Heiligen Familie. 2015 hat der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz den alljährlichen Familiensonntag auf diesen Tag gelegt. Damit steht die Familie insgesamt im Mittelpunt der Aufmerksamkeit. Wir haben den Tag zum Anlass genommen, um mit Markus Vogt, Referent im Fachbereich Ehe und Familie, über das Corona-Jahr, dessen Herausforderungen und spezielle Angebote für Familien zu sprechen.
Herr Vogt, die Corona-Pandemie hat das Jahr 2020 geprägt wie kein anderes Ereignis. Wie sind die Familien aus Ihrer Sicht mit dieser großen Herausforderung umgegangen?
Die meisten Familien standen mit Corona vor einer völlig neuen Situation. Denken Sie nur an die Kita- und Schulschließungen und die Frage, wie Betreuung und Begleitung dabei aussehen kann. Hinzu kamen persönliche Sorgen durch Kurzarbeit oder auch Arbeitslosigkeit. Das führte durchaus bei manchen zu Existenzängsten. Auch sich die ganze Zeit zu sehen, eng in der Wohnung aufeinanderzusitzen und kaum Möglichkeiten zu haben, einander auszuweichen, war und ist es jetzt wieder eine Herausforderung. Schließlich ist es auch nicht in jeder Familie eine Selbstverständlichkeit, mit einander zu spielen oder kreativ zu sein.
Da stellt sich schon die Frage: Wo können Eltern, aber gerade auch Kinder und Jugendliche mit ihren Fragen, Themen, Sorgen und Wünschen hin? Wer hört ihnen zu? Wer nimmt sie ernst?
Digitale Kommunikationsformen bieten da Möglichkeiten, aber über digitale Kanäle kann nicht alles aufgefangen werden. Und das hat manche Familien durchaus an ihre Grenzen gebracht.
Das bestätigt auch eine Umfrage des Bundesfamilienministeriums. Derzufolge erlebten 55 Prozent der Familien mit Kindern unter 15 Jahren die Neuorganisation der Kinderbetreuung als schwierig; bei Alleinerziehenden waren es sogar 62 Prozent. Eine Mehrheit (59 Prozent) der Familien ist relativ gut durch die Zeit der Beschränkungen gekommen, eine Minderheit mit großen Problemen (19 Prozent). Dabei ist die nun neue Lockdown-Phase natürlich noch nicht berücksichtigt. Wir müssen schauen, wie sich die Situation weiterentwickelt. Denn Konflikte bis hin zu vermehrter Gewalt in den Familien waren und sind leider immer wieder die Folgen – das kann uns als Gesellschaft nicht egal sein und da stehen wir vor einer großen Aufgabe, wie wir Familien stark machen können.
Und wir haben Sie, Herr Vogt, mit Ihrem Angebot im Fachbereich Ehe und Familie auf die Pandemie reagiert? "Normale" Veranstaltungen waren an vielen Stellen ja nicht mehr möglich.
Wir mussten natürlich auch umdenken und umplanen. Aber das hat auch viele Möglichkeiten geboten, Dinge anders in den Blick zu nehmen, Sachen auszuprobieren und Neues zu entwickeln. Die Frage dabei war für uns: Was hilft und unterstützt Familien, Alleinerziehende und Paare in dieser schwierigen Situation, aber auch die Verantwortlichen vor Ort, die Familien, Paare, Alleinerziehende begleiten und für sie da sind. Als Fachbereich haben wir ja eine stark vernetzende, begleitende, unterstützende Funktion für die Familienpastoral in der Diözese. Neue Ideen zu entwickeln gehört da genauso mit dazu, wie mit Verantwortlichen und Interessierten vor Ort im Austausch zu sein oder ihnen Sachen zur Verfügung zu stellen.
Als Beispiele, was in dieser Zeit entstanden ist, nenne ich gerne unser Projekt „Roxy und Gani“. Das ist zunächst als Ferienabenteuer in den Sommerferien gelaufen und erlebt nun eine weitere Auflage als Winterabenteuer von St. Martin bis Dreikönige. Der Grundgedanke dabei ist: Wir geben den Familien Ideen an die Hand, mit denen sie selbst zuhause die Zeit gut gestalten können. Oder Multiplikator und Multiplikatorinnen können das Material für Angebote in ihren Gemeinden und Einrichtungen nutzen und das Ganze in peppiger, ansprechender Form mit den beiden Maskottchen Roxy und Gani.
Das Tolle an diesem Projekt war die unkomplizierte, schnelle und offene Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern aus der Diözese: Seelsorgeeinheiten, die auch den Anstoß gaben, Dekanate, Fachdienste und diözesane Einrichtungen. So ist „Roxy und Gani“ auch ein Beispiel dafür, dass es miteinander eindeutig besser geht.
Natürlich hatten wir auch einige digitale Angebote, z. B. die Ehevorbereitung online, die sehr gut angenommen wurde. Wir haben mit dem BDKJ/BJA bei der Seite www.wir-sind-da.online zusammengearbeitet und unsere Seite „Zuhause in Verbindung bleiben“ erstellt. „Kess erziehen online“ wurde von den bundesweit Verantwortlichen entwickelt und auch bei uns aufgegriffen und Vieles mehr. Ganz aktuell haben wir mit dem Dossier „Weihnachten 2020“, an dem ebenfalls ganz viele Partner in der Diözese beteiligt sind, eine Plattform für Verantwortliche vor Ort geschaffen, die ihnen hoffentlich geholfen hat, Advent und Weihnachten auch in diesem Jahr für die Menschen lebendig werden zu lassen.
Wenn wir einen Blick ins kommende Jahr wagen, können Sie uns verraten, welche Angebote Familien erwarten dürfen?
Wir werden die eingeschlagenen Wege und Ideen weiterführen und weiterentwickeln, z.B. sind „Roxy und Gani“ für die Fasten- und Osterzeit in Planung und auch die Ehevorbereitung online wird es wieder geben. Zur Fastenzeit startet die Aktion „7 Wochen für Paare“ – dieses Mal unter dem Titel „7 Wochen neue Sicht“. Wir hoffen, dass die Wochenenden für Alleinerziehende und für Menschen in Trennung und Scheidung wieder stattfinden können – in welcher Form auch immer, da diese als Begegnungs- und Austauschort so wichtig sind. Und wir planen den Tag der Hochzeitsjubilare, der 2020 ausfallen musste, am 5. September 2021 in Reute nachzuholen.
Darüber hinaus geht es um verschiedene Fortbildungen und Werkstätten, teilweise digital, teilweise hoffentlich in Präsenz stattfinden sollen, z. B. unser Fachtag Familienspiritualität „geborgen und frei - alltäglich und außergewöhnlich - Spiritualität in Familien entdecken und begleiten“ oder ein Online-Angebot zu „Kirche kunterbunt“ oder eine Fortsetzung der diesjährigen Werkstatt Valentinstag. Wir werden sehen, was dann möglich ist.
Was haben Sie aus diesem herausfordernden Jahr 2020 gelernt?
Aus dem Jahr 2020 nehme ich auf jeden Fall mit, dass vieles gar nicht mehr so auf die lange Sicht planbar ist bzw. dass es eine große Flexibilität braucht, um schnell reagieren zu können, Dinge umzustellen und neu zu denken und zu entwickeln. Das mag manchmal anstrengend sein, aber es bietet auch so viele Möglichkeiten und Chancen. Entscheidend ist für uns, dass wir die Wirklichkeiten von Familien im Blick behalten und daran unser Engagement in der Familienpastoral auf den verschiedenen Ebenen ausrichten.