Theologie war eigentlich nicht in seinem Denkspektrum. Dennoch ist er heute Pfarrer, leitender Pfarrer der Seelsorgeeinheit Unterm Hohenrechberg. Dr. Horst Walter hatte zuvor einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Und das „Dr“ vor seinem Namen stammt aus dieser Zeit. Horst Walter ist Arzt und hat acht Jahre lang in diesem Beruf gearbeitet.
Von sich selbst sagt er, dass er ein eher entscheidungsschwacher Mensch ist. Doch als er sich entschlossen hatte, ein zweites Mal zu studieren und sich auf die Theologie einzulassen, da spürte er, dass er das Richtige für sich getan hat. „Ich bin angekommen“, war ihm bereits nach den ersten paar Wochen als Student im Wilhelmsstift in Tübingen klar.
Es ist schon ein besonderer Weg, den Horst Walter gegangen ist: Nach dem Abitur in seinem Geburtsort Walldürn im Neckar-Odenwald-Kreis und seiner Zivildienstzeit in der Altenpflege war ihm eigentlich nur klar, dass „ich etwas mit Menschen machen will“. Medizin. Ja, das konnte er sich vorstellen. Von der Zentralen Verteilungsstelle nach Gießen geschickt, absolvierte er dort sein Studium. Währenddessen erkrankte seiner Mutter schwer an Krebs. „Ich musste gemeinsam mit meiner Schwester überlegen, wie wir unsere Mutter pflegen können“, berichtet Horst Walter. Er pausierte während des Studiums für ein Jahr und war ganz für seine Mutter da. In dieser Zeit stieß er immer wieder an die Grenzsituationen des Lebens, wo er sich auch öfter fragen musste, wie denn alles weitergehen könnte. Seine Mutter verstarb mit jungen 56 Jahren. Horst Walter nahm sein Studium der Medizin wieder auf – mit der Erfahrung, dass der Medizin Grenzen gesetzt sind, die nicht beeinflussbar sind.
Vom Pilgerarzt zum Seelsorger
Als Arzt im Praktikum wechselte er nach Heidelberg, später ans Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim. Dort kam für ihn auch erstmals die Theologie ins Spiel, denn aus Walldürn stammend, wo die Wallfahrt zum Blutwunder eine große Tradition hatte, ließ ihn zum „Pilgerarzt“ werden. Bis zu fünfmal im Jahr reiste er mit Kranken nach Lourdes. „Eigentlich wollte ich mir nur mal ansehen, was die Menschen dort so faszinierend finden.“ Doch: Auch für ihn selbst tat sich in Lourdes eine andere Welt auf, eine Welt, an der Menschen an Leib und Seele „heil werden“. So drückt es Pfarrer Dr. Horst Walter immer wieder aus. Es gibt etwas, was Menschen an Körper und Seele heilen kann. Er spürt in Lourdes ein Gefühl des Aufgehobenseins, eine fast mystische Erfahrung, oder anders gesagt: „wie wenn sich ein Puzzle zusammenfügt“.
Die Lourdes-Erfahrung war für ihn überwältigend. Jedes Jahr, manchmal auch mehrfach ging und geht er dorthin. Der Gedanke ließ den praktizierenden Arzt in den Bereichen Urologie und Chirurgie nicht mehr los, tiefer in die Materie einzusteigen. Im September 2005, im Alter von 36 Jahren, nahm er das Studium der Theologie in Tübingen und Innsbruck auf. „Es hat sich von Anfang an stimmig angefühlt“, beschreibt Horst Walter.
Seine Entscheidung hat er nie bereut, wenn er auch ab und an den Arztberuf vermisst. Es überwiegt das Gefühl, etwas gefunden zu haben, das größer ist, umfassender, das Menschen ganz „heil werden“ lassen kann. Deshalb ist er Pfarrer.