Jubiläum

„Heilige Leiber“ seit 400 Jahren in Ochsenhausen

Luftaufnahme der barocken Klosteranlage.

Das ehemalige Kloster Ochsenhausen mit der Basilika St. Georg - Foto: Achim Mende/Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Die Gebeine der Heiligen Innozenz, Maximus und Emerentiana sind nach Festgottesdienst am 30. Juni für eine Woche zu sehen.

Die „Heiligen Leiber“ von Kloster Ochsenhausen sind bedeutende religiöse und kulturelle Zeugnisse aus dem 17. Jahrhundert. Seit 400 Jahren befinden sich drei der vier Reliquien im Kloster Ochsenhausen. Die kunstvoll und reich verzierten Gebeine werden bald für wenige Tage zu sehen sein. Am Sonntag, 30. Juni, werden die Abdeckungen der Glassarkophage entfernt. Dem Festgottesdienst um 10 Uhr zum Fest Peter und Paul steht Pater Reinhold Baumann, Priester der Comboni-Missionare, vor. Bis Sonntag, 7. Juli, können alle Interessierten die „Heiligen Leiber“ in der Basilika St. Georg besichtigen.

Reliquien kommen durch eine Studienfreundschaft nach Ochsenhausen

Die wertvollen Reliquien sind in kostbare barocke Gewänder gehüllt und mit fein gefertigten Klosterarbeiten geschmückt. Ihre Glassarkophage sind ansonsten mit bemalten Holztafeln vor Blicken verschlossen. Im Jahr 2024 jährt sich ihre Überführung in die Klosterkirche zum 400. Mal. Dr. Christian Katschmanowski, Konservator der Region Bodensee/Oberschwaben bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, freut sich, dass die kunstvoll geschmückten Reliquien für einige Tage der Öffentlichkeit zugänglich sind: „Die Gebeine der Heiligen sind ein wichtiges religiöses und kulturelles Zeugnis. Sie spiegeln die Glaubenspraxis wider und dokumentieren darüber hinaus die Verbindung, die von Ochsenhausen nach Rom bestand.“

Denn dass die oberschwäbische Benediktinerabtei in den Besitz der „Heiligen Leiber“ gelangte, war ein Glücksfall: Pater Placidus Spieß aus Kloster Ochsenhausen freundete sich bei seinem Studium an der Universität Freiburg mit Franz Chullot an. Dieser besorgte in Rom „Heilige Leiber“ für sein Heimatkloster St. Blasien und brachte auch den Benediktinern in Ottobeuren und Ochsenhausen Reliquien. So kamen drei der heute vier Heiligen – die Gebeine von Innozenz, Maximus und Emerentiana – am 28. Mai 1624 ins Kloster Ochsenhausen. Die Heilige Justina wurde erst 1691 überführt, sie war ein Geschenk des Kapuzinerordens.

Einblicke in die Glaubenspraxis der damaligen Zeit

Die „Heiligen Leiber“ erfüllten für Jahrhunderte eine wichtige Funktion für die Gläubigen. „Das ganze Mittelalter hindurch und erst recht im Zeitalter der Katholischen Reform trachtete man, heilige Gebeine zu erhalten. Sie galten als Träger göttlicher Gnade und Kraft und erfüllten auch einen pädagogischen Zweck, um das religiöse Leben in den Klöstern Oberschwabens zu entfalten“, erläutert Pater Johannes-Baptist Schmid, Administrator der Seelsorgeeinheit St. Benedikt Ochsenhausen, die Hintergründe.

Die Bedeutung der Reliquien wird schon bei der Überführung der Gebeine im Rahmen einer feierlichen Prozession deutlich: Ab Tannheim, das damals zur Klosterherrschaft Ochsenhausen gehörte, trugen vier Männer die Reliquien mit Kreuz und Fahnen. Schützen und zahlreiche Gläubige begleiteten den feierlichen Prozessionszug. Mehr als 5.000 Menschen begrüßten die Ankunft der Reliquien in Ochsenhausen, wo sie auf den Seitenaltären der Klosterkirche verehrt wurden. Um die kostbaren Gebeine zu schützen, wurden sie während des Dreißigjährigen Krieges in unterirdischen Gewölben versteckt. Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Skelette von Gutenzeller Schwestern eingekleidet. Die heutige Fassung stammt aus späterer Zeit, nämlich von den Ennetacher Schwestern aus dem Jahr 1749.

Von den Katakomben Roms in oberschwäbische Klöster

Nach der Wiederentdeckung der spätantiken Katakomben in Rom im 16. Jahrhundert wurden zahlreiche Gebeine als die sterblichen Überreste frühchristlicher Märtyrer identifiziert. Der Besitz einer solchen Reliquie galt als Ausdruck einer besonderen Frömmigkeit und versprach Prestige. Infolgedessen wurden vielfach Gebeine in die Klöster und Kirchen nördlich der Alpen überführt, wo sie eine besondere Verehrung erfuhren. Ein Schwerpunkt dieses Reliquienkultes lag in Bayern, Oberschwaben und im Allgäu. Die „Heiligen Leiber“ galten als reale Zeugnisse des göttlichen Heilsplans und Verheißung der himmlischen Herrlichkeit – starben die Märtyrer doch aus Überzeugung für ihren Glauben.

Öffnungszeiten der Basilika St. Georg in Ochsenhausen

Die „Heiligen Leiber“ sind in ihren Glassarkophagen von 30. Juni bis 7. Juli ohne die Holztafeln davor zu sehen.
Die Basilika ist montags bis samstags zwischen 9.00 und 17.00 Uhr geöffnet. An Samstagen ist sie über die Mittagszeit von 12.00 bis 13.00 Uhr geschlossen. Am Sonntag stehen ihre Pforten ab 13.00 bis 17.00 Uhr offen.

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