Synodaler Weg

Hoffnungsvoll und skeptisch zugleich

Porträtfoto von Pfarrer Uwe grau im roten Kapuzenpulli.

Uwe Grau, Pfarrvikar in der Seelsorgeeinheit Bussen im Dekanat Biberach - Foto: Privat

Uwe Grau ist homosexueller Pfarrer und blickt mit gemischten Gefühlen auf den "Synodalen Weg", wie er im Interview verrät.

Herr Pfarrer Grau, Sie machten im Rahmen der Aktion "Out in Church" vor gut einer Woche Ihre Homosexualität öffentlich. Wie waren die Reaktionen darauf?

Es kam eine Fülle von E-Mails, WhatsApp-Nachrichten und Anrufen. Alle waren ausschließlich positiv. Ablehnende Rückmeldungen kamen nur über andere bei mir an.

In Ihrem Videostatement zur Aktion sprechen Sie von der Glaubwürdigkeitskrise der Kirche. In welchen Bereichen spüren Sie diese vor Ort besonders?

Das eine sind die Kirchenaustritte, die unsere ländlichen Gemeinden ebenfalls treffen. Aber auch in vielen seelsorgerlichen Gesprächen nehme ich die Diskrepanz wahr zwischen der eigenen persönlichen Gläubigkeit und der "Amtskirche" - ein Wort, das ich eigentlich nicht mag.

Viele können unseren kirchlichen Vorschriften gar nicht gerecht werden. Es fehlt insgesamt eine neue positive Sicht auf Sexualität als Gottesgeschenk und damit eine neue kirchliche Sexualethik.

Von Donnerstag bis Samstag treffen sich Kirchenleitung und Laienvertreterinnen und -vertreter zur dritten Vollversammlung des "Synodalen Weges" in der katholischen Kirche Deutschlands. Welche Ergebnisse erwarten Sie von diesem Reformprozess?

Ich bin hoffnungsvoll und skeptisch zugleich. Die Beratungen und Entscheidungen des Synodalen Weges und das, was unsere Bischöfe und Rom damit machen werden, sind vermutlich etwas anderes. Ich hoffe, dass es auf jeden Fall wirklich zu Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht kommt, dass die sexuelle Identität und das Eingehen einer staatlich geschlossenen Ehe für unsere Mitarbeitenden nicht mehr zur Kündigung oder zur Nichteinstellung führt.

Sollte das dann auch für Priester gelten, die ja derzeit zum Zölibat verpflichtet sind?

Natürlich habe ich auch die Vision, dass die Zugangswege zum kirchlichen Amt vielfältiger werden. Wir brauchen dringend Frauen im Amt und neben zölibatären auch verheiratete Priester.

Die unterschiedlichen Lebensgeschichten und Erfahrungen - auch von uns queeren kirchlichen Mitarbeitenden - werden helfen, mehr Menschen, die genauso unterschiedlich sind, neue Anknüpfungspunkte an die Kirche zu geben.

Was ist in Ihren Augen konkret vor Ort notwendig, damit Menschen längerfristig wieder Vertrauen in die katholische Kirche gewinnen können?

Nur Wahrhaftigkeit und Authentizität der kirchlichen Mitarbeitenden auf allen Ebenen. Und dass Gemeinden nicht nur um sich selbst kreisen, sondern einladend wirken für Menschen, die nicht zu unseren Kerngemeinden gehören, für Suchende, Enttäuschte, Verletzte und die, die ihr Leben eben anders gestalten.

Person

Uwe Grau ist seit knapp drei Jahren Pfarrvikar in der Seelsorgeeinheit Bussen. Der 54-Jährige wuchs in Mutlangen bei Schwäbisch Gmünd auf und machte zunächst eine Ausbildung zum Schreiner. Schließlich entschied der sich für den Beruf als Seelsorger. Bischof Walter Kasper weihte ihn 1997 in Schorndorf zum Priester. Es folgten Stationen als Vikar in Wasseralfingen und Waiblingen, als Pfarrvikar in Bad Mergentheim und als Pfarrer in Ulm-Böfingen und Jungingen. Bereits vor seinem Dienstbeginn in Uttenweiler war er sechs Jahre als Pfarrvikar in der Seelsorgeeinheit Riedlingen bereits im Dekanat Biberach tätig. Uwe Grau ist zudem engagierter Feuerwehrmann.

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