Kirche

Hoffnungszeichen in Krisenzeiten

Weihbischof Matthäus Karrer stand Kirchengemeinderäten im Dekanat Allgäu-Oberschwaben Rede und Antwort.

Dass es in der katholischen Kirche nicht einfach ein "Weiter so" geben kann, ist für Matthäus Karrer klar. Der 51-jährige Gastwirtsohn aus Deuchelried verantwortet die pastorale Konzeption der Diözese Rottenburg-Stuttgart und gestaltet als Weihbischof seit zweieinhalb Jahren auch die bundesdeutsche Kirchenpolitik mit. In sehr persönlichen Worten erzählte er den meist ehrenamtlichen Entscheidungsträgern in den Kirchengemeinden des Dekanats Allgäu-Oberschwaben, wo er in der derzeit schwierigen Situation Anzeichen für Hoffnung und Erneuerung sieht.

Das Revolutionäre an Papst Franziskus sei nicht, dass er die Normen der Kirche verändere. Er denke aber nicht von den Idealvorstellungen her als Maßstab für die Christinnen und Christen, sondern vom Leben der Menschen her, das immer hinter dem Ideal zurückbleibe. Die Kirche müsse demzufolge ihre Rolle ändern von einer Richterin zu einer Wegbegleiterin. Was Karrer auch als seine persönliche Haltung beschreibt, hat Auswirkungen auf die seit Jahrzehnten offenen Fragen.

Angesprochen auf die Ravensburger Erklärung vom Oktober 2017, in der evangelische und katholische Christen sich gegenseitig den Weg zu Abendmahl und Kommunion öffneten, sah er das Problem im Begriff "einladen". Diese Formulierung habe Bischof Gebhard Fürst zu einer lehrhaften Antwort gezwungen Seither habe sich laut Karrer die Diskussion in Richtung der äußeren Form entwickelt. Da Jesus Christus der Einladende sei, nicht eine Kirchengemeinde, müsse es mehr um den Kern, um ein gemeinsames Verständnis von Eucharistie und Abendmahl gehen und weniger um einladen oder abweisen. Für konfessionsverbindende Familien gebe es hier schon Möglichkeiten.

Karrer schätzt an den Oberschwaben und Allgäuern, dass sie "nicht zuerst schreien, sondern was tun." Er warb für eine neue Form des Ehrenamtes, das sich nicht nur auf die Kirchengemeinde beziehe. Der Weihbischof erzählte von einem Manager, der zwei Schichten pro Jahr in der Telefonseelsorge übernehme. Mehr schaffe er nicht. "Das neue Ehrenamt muss sinnhaft, selbstbestimmt und projektorientiert sein", betonte der Weihbischof. Dennoch geht auch im "Oberland" die Zahl der Hauptamtlichen - vor allem der Pfarrer - und der Ehrenamtlichen, die sich über Jahre und Jahrzehnte einspannen lassen, zurück. Und die brauche es um diese Flexibilität zu ermöglichen, wie ein Teilnehmer anmahnte.

Karrer verriet, dass die Diözese gerade verstärkt Pädagogen, Sozialarbeiter oder ähnliche Berufe auf pastorale Stellen übernehme. Sie sollen die Theologen und Religionspädagogen in den klassischen Seelsorgeberufen entlasten. Auch die Verwaltung im Rottenburger Ordinariat sei in einem Umdenkprozess weg von der Aufsicht hin zum Dienstleister und Ermöglicher für Kirchengemeinden. Und was die Befugnisse von vor allem weiblichen Laien in der katholischen Kirche angehe, sei längst noch nicht alles, was schnell möglich ist, ausgeschöpft. Die Spendung der Taufe oder die Assistenz bei Trauungen seien in der Schweiz für sie bereits möglich und die theologischen Einwände gegen die Weihe von Diakoninnen seien aus dem Weg geräumt. "Ich bin froh und dankbar für den synodalen Weg", resümierte Karrer im Blick auf den deutschlandweiten Erneuerungsprozess in der katholischen Kirche, der am ersten Advent beginnt.

 

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