Katholikentag

„Ich bete für Euch, bitte betet auch für mich“

Der 103. Deutsche Katholikentag in Erfurt wurde am Mittwochabend feierlich eröffnet. Foto: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Patricia Mello-Borja

Tage der Demokratie: Die Eröffnung des 103. Deutschen Katholikentags in Erfurt am Mittwochabend macht Hoffnung auf mehr Zusammenhalt und Frieden.

Bunt, fröhlich, friedlich strömen Katholiken ebenso wie Gläubige aller Religionen auf den Domplatz in Erfurt bis sie zusammen dicht an dicht vor der großen Bühne stehen. Das Leitwort des 103. Deutschen Katholikentags „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ zitiert Psalm 37,37b. Es ist die Zusage, dass der Mensch, der sich auf den Weg des Friedens begibt und sich aktiv engagiert, eine Zukunft hat. Diese Hoffnung ist in Erfurt heute greifbar, die gute Stimmung und Freude spürbar. Sogar die Sonne blickt durch die dunklen Wolken hindurch und hält den Regen fern. Für die musikalische Gestaltung sorgt die Band „Patchwork“ aus Berlin, sowie die Trommler des Karneval Klubs Helau Erfurt e.V. Wer zu Beginn der Eröffnungsfeier noch nicht in Stimmung ist, wird es spätestens nach der Liedzeile der Band: „Jesus war ein Angler, das kann nicht anders sein, und ich gehör zu seinem Verein.“

Das Wunder der friedlichen Wende

Dass die Kirche eine Zukunft hat, zeigt auch die Anwesenheit der prominenten Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft. Der Apostolische Nuntius Nikola Eterovic überbringt die Botschaft von Papst Franziskus. Es ist eine nachdenkliche Botschaft, die ein „weiter so“ der Menschen in Frage stellt und dennoch hoffnungsvoll endet. Papst Franziskus erinnert an „das Wunder der friedlichen Wende“, die 1989 in Thüringen begann, als die Gebete der Menschen erhört wurden und das Land zusammenwachsen konnte. Sein Gruß lautet:  „In diesem Zusammenhang ist es schön, dass der Katholikentag ein Fest des friedlichen Miteinander ist. Von Herzen wünsche ich euch bereichernde, friedliche Tage. Ich bete für euch. Bitte betet auch für mich.“

Wir glauben, dass Kirche eine Zukunft hat

Im Interview philosophieren Landesbischof Friedrich Kramer aus Magdeburg, Bischof Dr. Ulrich Neymeyr aus Erfurt sowie Sabine-Maria Kuchta, stellvertrendende Vorsitzende des Katholikenrats im Bistum Erfurt über die Frage der Zukunft der Kirche und was wir von ihr erwarten können. Die beiden Bischöfe sind sich einig, wenn Bischof Neymeyr sich über die Frage von Moderatorin Yvonne Willicks freut: „Die Frage nach der Zukunft heißt doch, wir glauben, dass Kirche eine Zukunft hat.“ Und sein evangelischer Kollege Landesbischof Kramer ergänzt: „Wenn es um die Zukunft der Kirche geht, geht es um die Ökumene.“ Neymeyr dankt den evangelischen Kollegen mit den Worten: „Es ist ein ökumenischer Katholikentag, weil er ohne die Hilfe der evangelischen Kollegen nicht realisierbar gewesen wäre.“ Sabine-Maria Kuchta spricht sogar von einem „offenen, interreligiösen Dialog, der für alle offen ist“, von einer „Ökumene der dritten Art: Einer Ökumene des Friedens.“ Der Applaus der Menge bestätigt den Wunsch nach Eintracht und Einigkeit.

Bodo Ramelow wünscht sich mehr Gottvertrauen

Zu Wort kommt auch Andreas Bausenwein, Oberbürgermeister der Stadt Erfurt, der seine Stadt als die schönste deutsche Großstadt bezeichnet. Stolz hebt er die Offenheit und Bereitschaft Erfurts hervor, über 10.000 geflüchtete Neubürger mit aufgenommen zu haben. Im Gespräch mit Gerd Grabowski und Larissa Pfitzner vom Obdachlosen—Nachtcafé Zschachwitz in Dresden diskutiert der Bürgermeister, wie Menschen ein gerechtes und empathisches Miteinander gestalten können.

Zum Schlagwort „Frieden“ äußert Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow im Gespräch mit den Pfadfindern Nils Sieber und Niclas Wichel seine Hoffnung, „…dass wir in einer Welt leben dürfen, die von Frieden geprägt ist.“ Und endet mit den für seine Partei ungewöhnlichen Worten – wie er selbst sagt: „Ich würde mir mehr Gottvertrauen wünschen!“ Während ein Pfadfinder das Friedenslicht von Betlehem zum Dom und zur Allerheiligenkirche hinaufträgt, bestätigen die Menschen, die auf den Platz gekommen mit ihrem Applaus den Wunsch des Ministerpräsidenten nach Frieden und Gottvertrauen.

Katholikentage sind Tage der Demokratie

Auch Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des 103. Deutschen Katholikentags geht in ihrer Rede zur Eröffnung des 103. Deutschen Katholikentags auf den Friedenswunsch der Menschen und deren Wunsch nach Demokratie ein, wenn sie warnt, wir stünden gegenwärtig in einer gefährlichen Situation. Über unsere Demokratie sagt Stetter-Karp: „Wir brauchen sie und wir müssen sie pflegen. Der Deutsche Katholikentag sagt dazu ein großes Ja. Katholikentage sind Tage der Demokratie und das liebe ich!““ Und sie erklärt: „Wenn wir den anderen respektieren, auch wenn wir nicht seiner Meinung sind, tun wir etwas für den Frieden.“

Nichts brauchen wir mehr, als Ermutigung

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erinnert in seinem Grußwort an das Lied „Wenn das Brot, das wir teilen“, das in Erfurt entstand und, so Steinmeier, ein Stück zum Zusammenhalt zwischen Ost und West beitrug und bedauert die vielen Austritte aus den Kirchen. Er betont: „Nichts brauchen wir mehr in dieser Zeit, als Ermutigung!“ An die Katholiken gewandt sagt der Bundespräsident: „Sie haben geholfen, dass zusammenwächst, was zusammengehört. Danke für Ihren Beitrag!“ Besonders lobt er die Erklärung der deutschen Bischöfe zur Unvereinbarkeit von Völkischem Nationalismus und Christentum. Steinmeier betont:  „Engagierte Christen stellen sich sehr entschieden gegen die Extremisten und gegen die Feinde der Demokratie.“ Er bittet die Gläubigen auf dem Dom-Platz: „Genau das sollten wir tun. Es ist nötiger denn je!“

Die Eröffnungsfeier endet mit dem Gebet und Segen von Dr. Anne Rademacher, Leiterin der Hauptabteilung Pastoral im Bistum Erfurt. Es ist Freude in der Luft. Und Frieden.  Der 103. Deutsche Katholikentag ist eröffnet.

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