Im Interview erklärt Markus Erdmann das Konzept der Ökumenischen Tage der Orientierung:
Wie muss man sich die ökumenische Zusammenarbeit während der ökumenischen TdO vorstellen?
Von katholischer Seite aus gibt es drei große Anbieter in der Diözese („der Berg“, SOG Oberschwaben, die Fachstelle Schulpastoral) plus die Jugendreferate und dann auch noch evangelische Anbieter. Jeder Anbieter hat sein eigenes Profil und sein eigenes Konzept. Diese erste ökumenische Zusammenarbeit zeichnet aus, dass wir bei einer Klasse das Konzept des Evangelischen Jugendwerks EJW mit einem ökumenischen Team und bei der Parallelklasse das Konzept der Schulpastoral gemeinsam durchführen.
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Unsere Zielgruppe besteht generell aus Schulklassen ab der Klassenstufe 9. Egal welcher Schulform, auch Schulen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ), worauf ich sehr stolz bin. Wichtig ist hier, dass immer die gesamte Klasse auf freiwilliger Basis eingeladen ist. Alle Schüler:innen sind willkommen. Egal welcher Religion oder Konfession angehörig.
Wie wollen Sie Jugendliche in Ihrer Persönlichkeitsentwicklung begleiten?
Das Ziel ist es, „Räume“ anzubieten in denen Jugendliche ohne Leistungszwang sich Themen widmen können, die sie interessieren. Wir kommen nicht, um die Jugendlichen zu orientieren, sondern wir geben ihnen Zeit und gestaltbare Räume, damit die Schüler:innen sich überlegen können, was ihnen wichtig ist und wohin es in ihrem Leben gehen soll. Dies gestalten wir, indem wir als Ansprechpartner:innen und Gruppenleiter:innen fungieren und diesen Prozess mit verschiedenen Fragen und Methoden unterstützen.
Wie verlaufen die Tage?
Bei den Tagen der Orientierung der Schulpastoral wird der Fokus auf vier Kleingruppeneinheiten gelegt. Nach einem Kennenlernen im Plenum mit einer erlebnispädagogischen Einheit gehen die Schüler:innen in Kleingruppen zusammen, suchen sich eins der Themen aus ( zum Beispiel Sinn des Lebens, Umgang mit Ängsten, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Liebe-Partnerschaft-Sexualität) und arbeiten dann an dem einen ausgesuchten Thema in vier Zeiteinheiten. Pro elf Schüler:inn geht ein:e Teamer:in mit. Eine Vorauswahl dieser Themen wird am Schulbesuch vor der TdO von den Schüler:innen ausgesucht. Morgens und abends gibt es dann noch spirituelle Im- und Expulse.
Warum ist die ökumenische Zusammenarbeit wichtig?
In der kirchlichen schulbezogenen Arbeit arbeiten und tagen wir schon seit vielen Jahren zusammen. Vor allem im „Kirsch“ Kontext, den es seit dem Jahr 2016 gibt.
Das Netzwerk Kirche und Schule ist eine ökumenische Initiative der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die ökumenische Zusammenarbeit erfolgt in verschiedener Weise: von gemeinsamen Planungen und Aktionen vor Ort, Kooperationen verschiedener Institutionen, bis hin zu gelebter Gastfreundschaft. Alle unterstützen damit in Schulen ein menschenfreundliches Miteinander (Caring- und Sharing Community). Hier arbeiten Sabine Schmalzhaf und ich seit mehr als 3,5 Jahren zusammen und führen nun auch zum ersten Mal Tage der Orientierung zusammen durch, während es beispielsweise bei der Ausbildung der Schulselsorger:innen schon länger engere Kooperationen und Ausbildungskurse gibt.
Glauben Sie, dass Jugendliche gerade heute besonders viel Orientierungshilfe brauchen?
Krisen gibt es in der Menschheitsgeschichte schon immer. Auch meine Generation ist beispielsweise mit saurem Regen, Tschernobyl, dem 11. September und anderen Krisen und Katastrophen aufgewachsen.
Aber die Dichte an Ereignissen, die Unsicherheit am Arbeitsmarkt, die dramatischen Folgen des Klimawandels, den verschiedenen Kriegen, die Folgen der Corona Krise und eine Schnelllebigkeit unserer Zeit, gepaart mit der dauerhaften Verfügbarkeit und Überfrachtung dieser Ereignisse über social Media Kanäle, machen dieser Generation sehr zu schaffen. Hier müssen wir als Kirche Ansprechpartner sein, Räume schaffen und jungen Menschen Zeit zum Durchatmen und zum Orientieren bieten. Hierfür müssen wir im Kontext Schule präsent sein, damit wir beim gelingenden Aufwachsen aller Jugendlichen mitgestalten können und unsere Rolle in der Zivilgesellschaft gerecht werden können.