Synodaler Weg

Ich kann nicht mehr so lange warten!

Für Frauen tut sich in der Katholischen Kirche nur in kleinen Schritten etwas. Ändert die zweite Sitzung der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode in Rom etwas an dieser langsamen Entwicklung? Bild: Andrea Spallanzani auf Pixabay

Die Weltsynode findet vom 2. bis 27. Oktober statt – deutsche Frauen wurden dazu nicht eingeladen. Wir sprachen mit Nadine Maier und Bärbel Bloching.

Bärbel Bloching ist Pastoralreferentin in St. Johann Baptist Affaltrach und steht als Leiterin an der Spitze einer Kirchengemeinde – ein Leitungsmodell, das von der Diözese unterstützt wird. Die Pfarrbeauftragte in der Diözese Rottenburg-Stuttgart macht fast alles, was ein Pfarrer macht. Aber nur fast.
Diözesanjugendseelsorgerin Nadine Maier möchte auch in ihrer dritten Amtszeit in der Diözese Kirche und Gesellschaft mitgestalten und trotz der vielfältigen gegenwärtigen Herausforderungen die Zukunft aktiv für Kinder und Jugendliche mitgestalten.

Zusammen mit zehn weiteren Frauen aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart waren Bärbel Bloching und Nadine Maier im September in Rom, um mit verschiedenen Vertreter:innen im Vatikan ins Gespräch zu kommen und im Austausch mit Verantwortungsträger:innen vor Ort Vorurteile abzubauen und Reformanliegen zur Sprache zu bringen – und sich vor der Weltsynode ein Bild zu machen, was sich in der Katholischen Kirche  ändern könnte. Was erwarten die beiden engagierten Frauen von der Weltsynode?

Was erwarten Sie für die Frauen in Deutschland und weltweit, Frau Maier?

Die Weltsynode beschäftigt sich mit der Frage, wie eine synodale Kirche aussehen kann, also eine Kirche, in der mehr Menschen gemeinsam beraten, entscheiden, sich beteiligen können. In dieser Synode sind erstmals auch rund 50 stimmberechtigte Frauen vertreten, mehr als je zuvor bei einer Synode. Ich hoffe darauf, dass ihr Blick und ihre Beiträge einen Unterschied in den Beratungen machen werden. Denn die Frage nach der Stellung der Frauen in der Kirche ist keine deutsche Frage - sie wird weltweit gestellt.

Die Frage nach einem Diakonat der Frauen wurde aus der Synode ausgeklammert, Frau Maier.

Ich erwarte trotzdem ein deutliches Signal in Richtung mehr Mitbestimmung für Frauen und Laien in der Kirche, beispielsweise, indem Entscheidungen in Zukunft unter breiter Beteiligung und auch dem jeweiligen Kontext entsprechend getroffen werden können oder durch die Öffnung von Leitungsämtern in der Kirche für Frauen. Die katholische Kirche ist vielfältig und braucht passende Regeln und Entscheidungen je nach Kontext. Für alle aber braucht sie das Signal, dass Menschen nicht aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Herkunft benachteiligt werden dürfen.

Haben Sie Hoffnung auf Änderungen, Frau Bloching?

Es tut sich etwas in kleinen Schritten. Aber ich weiß nicht, ob die Kirche in Deutschland noch so viel Zeit hat. Es sind so kleine Schritte und ich sage: Ich kann nicht mehr so lange warten. Das Diakonat der Frau wäre theologisch möglich. Es wäre ein kleines Zeichen in die richtige Richtung und ein Schritt gegen den Klerikalismus, der so viele Menschen abstößt. In Rom gibt es dafür wohl einen Ausschuss für Frauenfragen - aber keiner konnte uns sagen, wer in diesem Ausschuss überhaupt sitzt.

Was erwarten Sie von der Weltsynode, Frau Bloching?

Ich erwarte ganz wenig, aber ich habe ganz viele Wünsche. Mein Herzenswunsch an die Weltsynode ist, dass wir als Kirche wieder Heimat werden für viele Menschen. Es soll ein Zuhause sein, an dem ich einen gleichberechtigten Platz habe, ob als Mann oder als Frau und unabhängig von meiner Nationalität oder meiner sexuellen Orientierung. Wir müssen an unseren klerikalen Strukturen arbeiten. Wir brauchen eine Kirche, in der alle Charismen vorkommen und jeder sich nach seinen Talenten einbringen kann. Ich wünsche mir eine Liturgie und Sprache, die alle Menschen anspricht, statt der herrschenden, männerdominierten Sprache. Die Katholische Kirche muss offene Türen für unsere Gesellschaft heute haben. Kirche soll ein offener Ort für alle werden. Ich wünsche mir eine Vielfältigkeit in der Kirche, die trotzdem eine Einheit bildet. Es nutzt aber nichts, nur eine Einheit in der Weltkirche zu fordern, es braucht auch unterschiedliche Regelungen, Möglichkeiten und Strukturen in den Ortskirchen. Sonst verlieren wir Teile der Weltkirche.

Sind Sie im Vorfeld der Synode auf Widerstand gestoßen, mit Ihren Wünschen, Frau Bloching?

Ich habe zu Beginn der Romreise gemerkt, wie unbedeutend die deutsche Kirche ist und wie genervt viele von den deutschen Themen sind. Viele sind beeinflusst von den konservativen, rückwärtsgewandten Seilschaften innerhalb der katholischen Kirche und von Fake News. Deshalb müssen auch wir Frauen uns mit unseren Anliegen vernetzen. Mit unserer Gruppe haben wir in Rom Aufklärungsarbeit geleistet und das Bild wieder ein wenig zurechtgerückt. Deshalb bin ich von der Reise positiv überrascht wieder nach Hause gegangen. Wir wurden gehört mit unserem Wunsch, in der Kirche unseren Platz zu finden. Bei der Begegnung mit Bischof Kennedy, der uns sehr wohlwollend und wertschätzend willkommen hieß, erklärte er uns, bei ihm sei noch nie eine Gruppe von Frauen am Tisch gesessen, immer nur Bischöfe. Das ist bezeichnend für die Kirche und hat mich einerseits stolz, andererseits sehr traurig gemacht.

Nadine Maier, was meinen Sie dazu?

Ich denke, es braucht zum einen Lösungen für Ortskirchen, die je nach Kontext getroffen werden können und nicht für die Weltkirche gleichzeitig gültig sein müssen. Ich habe in Rom beeindruckende Frauen erlebt, die teils in leitenden Positionen zum Beispiel bei Caritas Internationalis oder den Generalordensoberen vieles dafür tun, Frauen zu fördern, sie in Dikasterien zu platzieren, sie bei der Weltsynode einzubeziehen. Sr. Nathalie Becquart, die als Untersekretärin die Weltsynode organisiert, hat deutlich gemacht, wie viel Unterschied die weiblichen Stimmen bereits bei der letzten Versammlung gemacht haben. Es braucht dringend diese Geschichten von Frauen, die sicher an vielen Stellen völlig andere Blickwinkel einbringen werden als die Bischöfe.

Was muss passieren, damit junge Menschen der Kirche nicht den Rücken kehren, Frau Maier?

Die meisten jungen Menschen erwarten leider nicht mehr viel von der katholischen Kirche. Die Hochengagierten, die mit viel Einsatz und Herzblut dabei bleiben und sich bei uns in der Kinder- und Jugendarbeit engagieren, hoffen aber weiter. Sie wünschen sich eine offene und tolerante Kirche, die niemanden diskriminiert und ausschließt. Eine Kirche, in der sie sich willkommen und ernstgenommen fühlen – das betrifft auch unsere Sprache, unsere Bilder, mit denen wir oft nicht mehr verstanden werden. Eine Kirche, in der sie Platz haben – das äußert sich auch ganz konkret in der Frage, ob junge Menschen Räume und Orte in der Kirche vorfinden, die sie nach ihren Vorstellungen gestalten können. Junge Menschen haben ein feines Gespür für Ungerechtigkeit. Und Geschlechtergerechtigkeit, auch im Blick auf sexuelle Identität und Orientierung – ist ein wichtiges Thema für viele und wird selbstverständlich vorausgesetzt.

Frau Maier, was ist Ihrer Einschätzung nach auf dem synodalen Weg möglich?

Ich bin überzeugt, die katholische Kirche ist gerade in ihrer weltweiten Vernetzung wichtig, in Zeiten wie diesen. Sie hat immer noch sehr viel Einfluss in vielen Ländern, sie kann vermitteln, für den Frieden eintreten, sich für Menschenrechte weltweit einsetzen. Die Kirche ist gesellschaftlich immer noch eine wichtige Kraft, die sich für Zusammenhalt und Miteinander einsetzt – und sich wie beispielsweise vor den Wahlen in Ostdeutschland und der Abgrenzung zur AfD auch klar mahnend für Menschenwürde und gegen Hass und Hetze positioniert, wenn Parteien das „christliche Abendland“ für sich in Abgrenzung zu Menschen anderer Herkunft und Religion beanspruchen. Um glaubwürdig zu werden und um endlich wieder in den Mittelpunkt zu rücken, worum es eigentlich gehen sollte – nämlich die befreiende und frohmachende Botschaft des Evangeliums - muss die Kirche endlich ihre Strukturdiskussionen hinter sich lassen, indem sie freistellt und ermöglicht, statt zu verbieten und auszugrenzen.
Die Beschlüsse des synodalen Weges müssen schnellstmöglich umgesetzt werden. Es braucht einen Aufbruch in der Kirche, der signalisiert: wir machen uns gemeinsam auf in Richtung Kirche von morgen, die eine buntere, offenere, gerechtere sein wird als die alten Bilder, Regeln und engen Vorgaben, an die sich ohnehin schon längst niemand mehr hält. Die Geschichten in dieser Kirche werden zu oft von Männern erzählt, von Bischöfen nach Rom weitergegeben. Nach ihnen wird entschieden. Wir müssen vielmehr die Geschichten, die Blickwinkel von Frauen, von Kindern, von Jugendlichen erzählen, ihre Art Kirche zu leben, ihre Ideen und Hoffnung, ihre Fragen, ihre Nöte wahr- und ernstnehmen. Frauen müssen auf allen Ebenen gleichberechtigt mitgestalten und –entscheiden können. Dann werden wir eine Kirche für alle, in der sich Menschen wieder zuhause fühlen.

Bischofssynode Synodale Kirche 2021–2024

XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode in Rom zum Thema „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“


Der Weg der Synode wurde offiziell durch Papst Franziskus am 9./10. Oktober 2021 in Rom eröffnet. Die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode findet in zwei Sitzungen im Abstand von einem Jahr statt: die erste fand vom 4. bis 29. Oktober 2023.

Die zweite Sitzung der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ findet vom 2. bis 27. Oktober 2024 im Vatikan statt. Das Leitwort der Sitzung lautet: „Wie wir eine missionarisch-synodale Kirche sein können“.

Der Vatikan hat am 16. September 2024 die Namensliste der Synodenmitglieder, das Programm und die Methodologie für die Weltsynode vom 2. bis 27. Oktober 2024 veröffentlicht. Aus Deutschland nehmen Bischof Dr. Georg Bätzing (Limburg), Bischof Dr. Felix Genn (Münster), Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), Bischof Dr. Stefan Oster SDB (Passau), Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck (Essen) und Bischof Dr. Bohdan Dzyurakh CSsR, Apostolischer Exarch für die Ukraine des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien, teil. Außerdem sind auf der Synode der Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Renovabis, Pfr. Dr. Thomas Schwartz, Prof. em. Dr. Antonio Autiero (Universität Münster), Pfr. Michael Berentzen (Münster), P. Clemens Blattert SJ (Frankfurt, Leiter des Zentrums für Berufungspastoral), Matthias Kopp (Bonn, Deutsche Bischofskonferenz) sowie Prof. Dr. Thomas Söding (Universität Bochum) vertreten.

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