Seelsorge

Ideen und Leidenschaft für spannende Zeiten

Offene Fragen aus den Regionalforen der Gemeinden für Katholiken anderer Muttersprache diskutierten (von links) Ordinariatsrätin Regina Seneca, Leiterin der Hauptabteilung V „Pastorales Personal“, Weihbischof Matthäus Karrer, Leiter der Hauptabteilung IV „Pastorale Konzeption“, Alessandra Class (Moderation) und Vladimir Lukic, Referent für Interkulturelle Pastoral, mit den Teilnehmern des Diözesanforums. Foto: drs/Jerabek

Heimatstiftende Gemeinschaft sein - gemeinsam Kirche gestalten: In Ulm trafen sich Vertreter muttersprachlicher Gemeinden zum zweiten Diözesanforum.

Glaube in Vielfalt leben, Vernetzen, Veränderungen gestalten - so könnte man den thematischen Dreiklang formulieren, unter dem die „Foren der Katholiken anderer Muttersprache“ auf regionaler und auf diözesaner Ebene stehen. Vor allem ehrenamtliche Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aus den rund 100 muttersprachlichen Gemeinden (GKaM) in der Diözese Rottenburg-Stuttgart tauschen sich über aktuelle Herausforderungen aus und beraten Themen, die in die Arbeit des Diözesanrats einfließen. Diese Themen zu bündeln, Spezifika zu benennen, aber auch Veränderungen wahrzunehmen, die auf die muttersprachlichen Gemeinden kaum anders zukommen wie auf die Territorialgemeinden, ist Ziel der Foren. Vertreter des Diözesanrates und des pastoralen Personals nahmen deshalb am zweiten Diözesanforum der GKaMs ebenso teil wie Vertreter der Diözesanleitung und Mitarbeiter der zuständigen Hauptabteilungen.

Wie vor Jahresfrist, als man sich erstmals in Ulm traf, erhielten auch beim zweiten Diözesanforum Berichte aus den Regionalforen breiten Raum. Was ist uns wichtig? Was nehmen wir für die kommenden fünf Jahre in den Blick? Die anstehenden Veränderungsprozesse - etwa der Gebäudeprozess - sei in den muttersprachlichen Gemeinden „ein großes Thema, weil sie keine eigenen Räume haben“, so die Berichterstatter. Die Verfügbarkeit geeigneter Räume für Veranstaltungen sei „bisher schon in den meisten GKaMs ein Problem“, so der Tenor. Unklar sei, wie die GKaMs in diesem Prozess überhaupt „gezählt“ würden, zumal ihr Einzugsgebiet zumeist sehr viel größer ist als die Seelsorgeeinheit, zu der sie (organisatorisch) gehören. Vielfach sei auch noch keine Einladung zur Mitarbeit im Zukunftsausschuss der jeweiligen Seelsorgeeinheit erfolgt.

Gemeinschaft ist nicht nur, wo der Priester ist

Weil in Zukunft auch die GKaMs mit Vakanzen beim pastoralen Personal rechnen müssen, treibt viele Gemeinden auch die Frage um: Was passiert, wenn der (muttersprachliche) Pfarrer weg ist und kein Nachfolger kommt? Mit Blick auf die teils sehr großen Seelsorgegebiete, die etwas anderen Strukturen in der Arbeit der Gemeinden und verschiedene Spiritualitäten fürchte man vielerorts ein Auseinanderbrechen der GKaM, wenn diese ohne Pfarrer bliebe. Nach den Worten der Berichterstatter aus den Regionen gebe es eine hohe Erwartung, „dass unsere Diözese das Problem für uns löst“, aber auch die Bereitschaft, nicht nur den Mangel zu sehen, sondern den Fokus stärker auf die Berufungspastoral und das Gebet für geistliche Berufungen auch in den GKaMs zu lenken.

Ordinariatsrätin Regina Seneca, Leiterin der Hauptabteilung V „Pastorales Personal“, warb dafür, das Gemeindeleben nicht allein auf den Priester zu fokussieren: „Gemeinschaft entsteht doch nicht nur, wo der Priester ist; Gemeinschaft entsteht jeden Sonntag, wenn sich die Gläubigen versammeln, die Heilige Schrift aufschlagen und miteinander beten - wir alle bilden doch Gemeinde.“ Die Idee, verstärkt Wort-Gottes-Feiern anzubieten, findet in den GKaMs ein unterschiedliches Echo, weil diese Gottesdienstform in den verschiedenen Sprachgruppen unterschiedlich stark verankert ist. Angeregt wurde, künftig auch Wort-Gottes-Feier-Leiter in den Muttersprachen auszubilden. Nach den Worten von Weihbischof Matthäus Karrer müsse man vor dem Hintergrund weiteter Zuwanderung und immer internationaler werdender Gemeinden die Sprachkenntnisse des gesamten Personals - also auch in den Territorialgemeinden - in den Blick nehmen und gegebenfalls auch schulen, um Seelsorge für Migranten in ihrer Muttersprache auch jenseits bisheriger starrer Zuständigkeiten sicherzustellen.

Mehr Miteinander statt „die da“ und „wir hier“

In dem „Koffer voller Fragen“, den die Regionalforen der GKaMs ihren Vertreterinnen und Vertretern im Diözesanforum sinnbildlich mit auf den Weg gegeben hatten, fand sich erneut die Frage, wie die Kooperation zwischen deutsch- und muttersprachigen Gemeinden „auf Augenhöhe“ verbessert werden kann, und auch die Frage nach der angemessenen Repräsentation muttersprachlicher Christinnen und Christen in diözesanen Gremien. Auf Ebene der Seelsorgeeinheiten brauche es Verbindungspersonen, die die verschiedenen Bedarfe sehen und verstehen und als Brückenbauer wirken könnten. Wichtig sei aber auch, dass bereits bestehende Möglichkeiten der Mitwirkung auf Ebene der Seelsorgeeinheit durch die GKaMs auch tatsächlich wahrgenommen würden. Ordinariatsrätin Seneca warb - jenseits des allenthalben beklagten „Weniger“ bei Personal und anderen Ressourcen - dafür, stärker das Gute und das Prägende an der Gemeinschaft zu sehen und mehr das Miteinander zu suchen: kein „die da“ und „wir hier“, sondern mehr Miteinander - diesen Wunsch habe sie auch an die Gemeinden der Katholiken mit deutscher Muttersprache, sagte Seneca.

Nicht nur vor dem Hintergrund anstehender Strukturprozesse und einer neuen Fokussierung auf die Kernaufträge der Kirche - Seelsorge und soziales Engagement -, sondern angesichts der wachsenden Herausforderung, als Kirche verstärkt gesellschaftlich integrierend zu wirken, lud Weihbischof Karrer die muttersprachlichen Gemeinden dazu ein, gemeinsam mit den territorialen Belegenheitsgemeinden an einer „Vision für unsere Raumschaft“ zu arbeiten, also den Blick über die eigene (Kirchen-)Gemeinde hinaus auf die Frage zu lenken „Wozu braucht es uns?“ und auf dieser Grundlage Schwerpunkte zu setzen.

In Replik auf einen Hinweis zu „sich verändernden Realitäten“ beim Familienbild, mit denen die Kirche umgehen müsse, warben mehrere Vertreter der GKaMs für ein stärkeres Selbstbewusstsein der Katholiken, „nicht die Gesellschaft zu kopieren“, sondern christliche Familienwerte selbstbewusst zu vertreten. Weniger in Strukturen zu denken, als vielmehr auf der Grundlage der christlichen Leitmotive Glaube, Hoffnung und Liebe, das sei das Gebot der Stunde, lautete ein weiterer Appell. Einig war man sich, dass das noch junge Instrument der Regional- und Diözesanforen für GKaMs beibehalten werden solle.

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