An ihre erste Führung kann Gerlinde Dörr sich noch sehr gut erinnern: Sie stand vor einer Gruppe mit 30 Leuten, einen Zettel mit Notizen zur Sicherheit in der Hosentasche. „Mein Atem wurde im Verlauf immer schneller“, erzählt sie. Doch am Ende hätten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer geklatscht – und den Spickzettel habe sie auch nicht gebraucht.
Das ist nun rund 34 Jahre her. Seitdem hat Gerlinde Dörr unzähligen Besuchergruppen die „Stuppacher Madonna“ von Matthias Grünewald erklärt, die zu den bedeutendsten Werken christlicher Kunst zählt. Nun übernimmt ein neues Team diese Verantwortung.
„Es war eine wunderbare Aufgabe, das Evangelium und die ganze Symbolik, die in dem Bild stecken, weiterzugeben“, sagt Gerlinde Dörr. Dabei wollte sie das anfangs gar nicht. Sie habe zu der Zeit zwei kleine Kinder gehabt und habe nicht wieder sonntags arbeiten wollen, wie sie das zuvor im Kurhaus von Bad Mergentheim musste, erklärt Gerlinde Dörr. Nach mehreren Anläufen ließ sie sich dann aber überreden: „Es war damals nicht anders als heute, man suchte dringend jemanden für die Betreuung der Gruppen“, berichtet Gerlinde Dörr. So stellte Pfarrer Bruno Hilsenbeck sie zum 1. August 1987 für die „Stuppacher Madonna“ ein. Er hatte sie für diese Aufgabe schon lange vorher haben wollen. Leider erlebte er dann keine der Führungen von Gerlinde Dörr. Denn nur wenige Tage später starb Hilsenbeck nach einem Schlaganfall. Erst gab es ein kleines Team für die Führungen, später war Gerlinde Dörr allein.
Tausende Besucherinnen und Besucher
Gerlinde Dörr nahm Anfragen und Anmeldungen für die Führungen entgegen und war Ansprechperson, wenn es um die „Stuppacher Madonna“ ging – rund um die Uhr, wie sie sagt. Obwohl sie nur halbtags eingestellt war, sei sie für die Gruppen zu jedem gewünschten Termin zur Stelle gewesen. Zusätzlich dazu kamen die festen Führungen am Nachmittag.
Laut ihren Angaben zog die „Stuppacher Madonna“ in ihrer Anfangsphase 50.000 bis 60.000 Menschen jährlich an. Später seien die Zahlen rückläufig gewesen. Seit 1999 trennt eine schützende Glaswand die Kapelle mit der Madonna vom übrigen Kirchenraum ab. Das lässt seitdem individuelle Besichtigungen außerhalb von Führungen zu. Damit bleiben die tatsächlichen Besucherzahlen aber auch nicht mehr erfasst.