Diözese

Immer fragen: „Wie wäre es, wenn ...?“

Generaloberin Schwester Maria Hanna Löhlein erklärt mit Unterstützung von Projektkoordinator Claus Mellinger (mit Tafel) den Umbau der Franziskuskapelle des Klosters Reute - Foto: DRS/Waggershauser

Das Projektteam von „Räume für eine Kirche der Zukunft“ lässt sich auf dem Reutener Klosterberg inspirieren und motivieren.

Im leergeräumten Mutterhaus der Franziskanerinnen von Reute hämmern und bohren Handwerker. Die Veränderungen der letzten 115 Jahre sind größtenteils zurückgebaut. Generaloberin Schwester Maria Hanna Löhlein und Claus Mellinger, Koordinator der Klosterbergprojekts, erzählen der Besuchergruppe anschaulich, was in den Räumlichkeiten entstehen soll. Die Regionalmanager:innen und Projektverantwortlichen der Diözese von „Räume für eine Kirche der Zukunft“ bekommen nicht nur eine Vorstellung der künftigen Architektur und des Konzepts. Sie spüren, welche Rolle die kleiner werdende Ordensgemeinschaft in der Gesellschaft von heute spielen möchte.

Begeisterung und Lust auf Veränderung - diese Reaktion ist eher selten, wenn die Regionalmanager:innen sich mit den Verantwortlichen und Gremien in den Seelsorgeeinheiten treffen. Letztere sollen nach Vorgabe der Diözese ihren Bestand an beheizten Gebäuden - Kirchen und Kapellen ausgenommen - bis zum Jahr 2035 um 30 Prozent reduzieren oder über gemeinsame Nutzungen anders finanzieren. Mit dem gesparten Geld sollen die übrigen Gebäude energetisch fit für die Zukunft gemacht werden. Auch bei den Ordensschwestern sei die Skepsis anfangs groß gewesen, berichtet Schwester Maria Hanna, als 2014 das Gespenst eines Gesamtnutzungskonzepts im Raum stand.

Auch Kritik einbeziehen

Wie haben die Ordensfrauen es geschafft, dass auch die Kritikerinnen unter den Mitschwestern den gewaltigen Umbau mittragen? „Da haben wir zwei Jahre investiert“, gesteht die Generaloberin. Das sei es aber wert gewesen. Als Mellinger 2016 zunächst als externer Berater dazustieß, lenkte er das Augenmerk weg von den Gebäuden. „Wo wollen Sie als Gemeinschaft hin“, fragte er. Und er ließ die Schwestern ganz konkret ausmalen, wie es in zehn oder 20 Jahren aussehen würde, wenn alles mit immer weniger Schwestern so weiterliefe wie bisher. Langsam habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das nicht geht. Und wie dann?

In einstündigen Interviews befragte das Beraterteam 55 Schwestern, 16 Mitarbeitende und neun Externe. Es wollte zunächst herausfinden, wo diese Menschen aktuell stehen, bevor es um die Wünsche für die Zukunft ging. „Man durfte alles denken“, betont Schwester Maria Hanna und gesteht, dass es nicht so einfach war, die Kritik von Widerständlerinnen auszuhalten und ihnen zuzuhören. Aber genau das habe letztendlich wichtige Impulse gegeben. „Stehen wir als Gemeinschaft im Mittelpunkt oder die Menschen, die zu uns kommen“, formuliert die Generaloberin eine Grundentscheidung. Als Vision nannten die Schwestern, „einfach, offen und nah“ für andere da zu sein.

Die Dynamik kommt im Tun

Denn schon die Gründerinnen der Ordensgemeinschaft fanden sich 1848 zusammen, um „Gott in der leidenden Menschheit zu dienen“. Als aktuelle Nöte, denen sie begegnen könnten, identifizierten die Schwestern Einsamkeit  und Wohnungsnot. Für die konkrete Umsetzung gab es viele - auch widersprüchliche - Ideen. „Was wäre, wenn wir das so machen?“ Zuerst entwickelten 30 Vordenkerinnen alle Ansätze weiter und klopften sie darauf ab, ob sie die Vision mit Leben füllen. Mit ihren kreativen Umsetzungsvorschlägen steckten sie ihre Mitschwestern an und später auch Vertreter der Zivilgesellschaft. Schließlich bezogen sie im Bürgerdialog das ganze Dorf mit ein.

Jeder Schritt veränderte das Projekt und brachte es weiter. „Was passiert ist, kann man nicht planen“, ist Mellinger überzeugt. Auch dass sie unter fünf ausgewählten Architekturbüros mit Braunger Wörtz aus Blaustein dasjenige gefunden haben, dass die Vision teilt und groß genug für die Umsetzung ist, sehen die Franziskanerinnen als Glücksfall. Neben dem Empfang und einem schlichten Bereich für Einkehrtage im Bauteil aus dem 15. bis 18. Jahrhundert entsteht gerade im Anbau vom Anfang des 20. Jahrhunderts das klosternahe Wohnen. Dort können Interessierte in Anbindung an die Gemeinschaft leben, ohne einzutreten. Und drumherum entwickelt sich das Dorf mit.

Zuerst die Vision, dann die Gebäude

Dass die Seelsorgeeinheiten kein Kloster sind und es nicht überall Visionäre wie Schwester Maria Hanna gibt, ist Diözesanbaumeister Thomas Schwieren, Felix Kellner und Cäcilia Riedißer als Verantwortliche des Projekts „Räume für eine Kirche der Zukunft“ klar. Aber wie  anfangs Mellinger die Gremien dazu zu bringen, statt der Ängste Visionen zu entwickeln und erst danach zu überlegen, welche Gebäude dafür nötig sind, könnte ein wichtiger Impuls für die Regionalmanager:innen sein. Kirche und Gemeindehäuser seien doch für viele Heimat, gab eine davon zu bedenken. „Wie wäre es für die Gemeinden, diese Heimat einfach schön zu machen und andere dorthin einzuladen?“

Weitere Informationen zum Projekt "Räume für eine Kirche der Zukunft" finden Sie hier.

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