Einsatzjacke, Pieper, Handy und Rucksack – all das ist griffbereit, wenn Ehrenamtliche der Notfallseelsorge Stuttgart in Bereitschaft sind. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst rufen sie, wenn es darum geht, Todesnachrichten zu überbringen oder wenn andere schwere Schicksalsschläge über Menschen hereinbrechen. Eine intensive Ausbildung bereitet Ehrenamtliche, wie die 56-jährige Carola und die 59- jährige Susanne, auf die Einsätze in Ausnahmesituationen vor.
„Die Ausbildung gibt mir die Chance, mich selbst weiterzuentwickeln und in meine neue Aufgabe hineinzuwachsen“, erzählt Susanne, die über einen Infoabend auf dieses besondere Ehrenamt gestoßen ist. Dass die Ausbildungszeit 170 Stunden, verteilt auf zwei Jahre, umfasst, findet sie angemessen. Carola, die mit ihr die Ausbildung begonnen hat und mit der sie mittlerweile befreundet ist, stimmt ihr zu: „Man lernt viel über sich selbst. Nur wenn man sich gut kennt, kann man anderen Menschen beistehen.“ Die beiden Frauen sind sich einig, dass ihnen auch ihre Lebenserfahrung zugutekomme.
Breitgefächerte Ausbildung
Während der Ausbildung lernen die Teilnehmenden zum einen die Strukturen der Blaulichtfamilie kennen. Zum anderen werden die Frauen und Männer auf die Einsätze gut vorbereitet. „Die Einführung in die Psychotraumatologie fand ich sehr interessiert und auch, was uns der Arbeitskreis Leben über Suizid berichtet hat“, erzählt Carola. Ihre Freundin Susanne ergänzt: „Für uns als Brückenbauerinnen ist es sehr wichtig, dass wir Einrichtungen in Stuttgart kennen und den Kontakt zu ihnen herstellen können.“
Die Ausbildung ist kein Frontalunterricht: Bei Rollenspielen werden mögliche Situationen und Reaktionen aufgezeigt. „Supervision ist sehr wichtig. Durch den Austausch über reale Einsätze lernt man sehr viel“, sagt Andreas Groll, Diakon und Leiter der Notfallseelsorge Stuttgart.
Hospitationen am Ende der Ausbildung
Am Ende des Einführungskurses beginnen schon die Hospitationen. Die Neuen begleiten die Erfahrenen bei ihren Einsätzen. „Man spürt, wenn man bereit dafür ist“, weiß der Diakon aus eigener Erfahrung. Bereits seit sieben Jahren ist er als Notfallseelsorger in Stuttgart unterwegs. Die Ehrenamtlichen sind bei ihren Einsätzen nicht auf sich allein gestellt. „Es gibt immer jemanden, der im Hintergrunddienst anrufbereit ist, das ist ein wertvolles Gefühl“, so Andreas Groll.
Da sein, wenn Polizisten und Feuerwehrleute wieder gehen
Besonders häufig werden Notfallseelsorger gerufen, um bei Überbringungen von Todesnachrichten dabei zu sein. „Wenn die anderen Einsatzkräfte gehen, bleiben wir“, sagt Andreas Groll. „Wir sind da und begleiten Übergangszeiten, damit die Menschen mit der tragischen Nachricht nicht allein gelassen werden. Diese wenigen Stunden können viel bewirken.“ Ziel der Notfallseelsorger sei es, innerhalb einer halben Stunde nachdem sie gerufen wurden, vor Ort zu sein. „Wenn man Dienst hat, ist man einsatzbereit“, so die 56-jährige Carola, die anfänglich aufgeregt war und auf keinen Fall den Anruf der Leitstelle verpassen wollte. „Wenn man dann aber gerufen wird, die Jacke anzieht und zum Einsatzort kommt, wird man sehr ruhig“, berichtet die 59-jährige Susanne.
So viele Einsätze wie nie zuvor
Im Jahr 2022 hatte die Notfallseelsorge Stuttgart so viele Einsätze wie nie zuvor, durchschnittlich waren es sechs pro Woche. Im Team der Notfallseelsorge Stuttgart, die unter dem Dach der Feuerwehr angesiedelt ist, arbeiten derzeit 43 engagierte Männer und Frauen. Wovon sich derzeit 13 Notfallseelsorger/innen in Ausbildung befinden.
Nächste Ausbildung der Notfallseelsorge Stuttgart
Der nächste Einführungskurs startet am 24. Februar 2023.
Interessierte sind herzlich zu den Infoabenden eingeladen:
Dienstag, 10. Januar, 19 Uhr im Haus der Katholischen Kirche, Königstraße 7
Mittwoch, 18. Januar, 19 Uhr im Hospitalhof, Büchsenstraße 33
Sie können sich auch direkt an Andreas Groll (E-Mail: groll(at)notfallseelsorge-stuttgart.de, Handy-Nr.: 0175 5065045) wenden.