Corona

In der Kirche willkommen

Die Empfangteams stehen mit FFP2-Masken und an Tischen im Eingangsbereich der jeweiligen Kirche.

In der Weingartener Basilika (linkes Foto: Uwe Kiechle) nehmen Tina Kiechle (r.) und Jörg Bogenrieder (m.) Kontaktdaten auf. Josef Kaiser und Adelinde Filleböck (rechtes Foto: Marina Philipp) empfangen die Gottesdienstbesucher in Kressbronn am Bodensee.

Corona-Ordner könnten ein bereits urkirchlich belegtes Empfangsteam wiederbeleben. Der Vorschlag kommt aus Oberschwaben.

Sonntagmorgen in der Weingartener Basilika. In Kürze beginnt der Gottesdienst. Tina Kiechle rückt den Tisch in der Eingangshalle zurecht und schaut, ob genügend Stifte und Zettel für die Registrierung bereitliegen. Die 48-Jährige koordiniert in der katholischen Kirchengemeinde St. Martin den Ordnerdienst, den sie an diesem Tag auch selbst übernimmt.

Die Kirchengemeinderätin begrüßt die Gottesdienstbesucher und schaut, ob sie eine medizinische Maske tragen und ihre Hände desinfizieren. Dann lässt sie die Kontaktdaten notieren und in ein Körbchen legen. All das ist nach dem Hygieneschutzkonzept der Diözese Rottenburg-Stuttgart während der Pandemie vorgeschrieben. Dass schon die ersten christlichen Gemeinden einen Türhüter-Dienst kannten, war Kiechle bisher nicht bekannt - und macht sie neugierig.

Ordner bereits in den frühchristlichen Gemeinden

Damals hießen die Ordner Ostiarier, was sich vom lateinischen Wort „ostium“ für Eingang ableitet. „Sie nahmen die Gottesdienstbesucher in Empfang“, erklärt der Biberacher Dekan Sigmund Schänzle, „hielten aber auch die Kirchen in Ordnung, was heute meist Mesnerinnen und Mesner tun.“ Seit dem 3. Jahrhundert zählte die Beauftragung zum Ostiarier zu den niederen Weihen, die jeder Kleriker bis zu deren Abschaffung 1972 auf dem Weg zur Priesterweihe durchlaufen musste, ergänzt der Geistliche.

Als Ordner und Platzanweiser gab es seit dem Mittelalter auch sogenannte Kirchenschweizer. In der Basilika St. Georg in Ochsenhausen, wo Schänzle Pfarrer ist, blieb deren Prozessions- und Ordnerstab erhalten. Die Schweizer - der Name geht auf emigrierte Soldaten aus dem Nachbarland zurück - führten den feierlichen Ein- und Auszug an und sorgten während der Messe für Ruhe und Ordnung. „Heute kennt man die Leute in farbigen Uniformen nur noch als Ansprechpartner in Köln und anderen Domkirchen“, sagt der Dekan.

Vorgeschrieben und doch von Herzen

Josef Kaiser steht als Ordner an der Tür der Kressbronner Kirche St Maria, Hilfe der Christen. Die Gemeindemitglieder erkennt er hinter der Maske inzwischen bereits an den Augen. „Zwei Drittel kommen regelmäßig, 20 Prozent melden sich häufiger übers Pfarrbüro an“, erzählt der 66-Jährige. Er weiß, wo die Einzelnen gerne sitzen, und versucht es möglich zu machen. 70 Personen können unter Einhaltung der Abstandsregeln mitfeiern. Doch auch wer unangemeldet und knapp kommt, hat Chancen. „Schauen Sie, dieser freie Platz hat genau auf Sie gewartet“, empfängt Kaiser die Besucher mit einem Schmunzeln.

Tina Kiechle und Josef Kaiser machen ihren Ordnerdienst gern. Auch die meisten ihrer jeweils etwa 20 Kolleginnen und Kollegen, die sich ansonsten in Kirchengemeinderäten, liturgischen Diensten und kirchlichen Gruppierungen engagieren. Aber ihre Aufgabe ist aus der Not geboren, nicht freiwillig. „Wenn jedoch nach Corona Kontrollen und Strichlisten wegfallen, wären wir freier“, überlegt Kiechle. Von Touristen in der Basilika weiß sie, dass sie sich freuen, wenn sie angesprochen werden. Warum nicht auch die Gottesdienstbesucher?

Ein Vorbild aus Frankreich

Sie kennt es aus anderen Ländern und Konfessionen, dass die Liturgen oder Gemeindemitglieder die Gottesdienstbesucher willkommen heißen und am Ende auch verabschieden. So einen Dienst würde sich auch Dekan Schänzle für die Nach-Corona-Zeit wünschen - als Ergänzung zu den Präsenzdiensten, die es tagsüber in der ehemaligen Ochsenhausener Klosterkirche bereits gibt. Wie so eine Begrüßung aussehen könnte, schlägt Lena Scherer aus Bad Saulgau vor. Sie hat es so vor Corona während ihrer vier Besuche in Taizé erlebt.

Bei den internationalen ökumenischen Jugendtreffen in dem französischen Dorf bekamen sie und andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Aufgabe, vor den täglich drei Gottesdiensten die Liedhefte und Textblätter zu verteilen. Ein freundliches Lächeln und ein guter Wunsch hätten zur tollen Atmosphäre dort beigetragen, erinnert sich die 25-jährige Studentin. „Ich fände es etwas Schönes“, ergänzt sie, „wenn auch in unserer Gemeinde weiterhin jemand persönlich am Eingang steht und begrüßt.“

Hinweis zur aktuellen Coronalage

Im Landkreis Biberach sind derzeit (Stand 27. April) wegen anhaltender 7-Tage-Inzidenzwerte von über 200 pro 100.000 Einwohner Präsenzgottesdienste nur im Freien möglich.

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