Personal

"Wichtig ist mir, ein überschaubares Haus zu hinterlassen"

Die Ferienzeit im Sommer gibt Paul Hildebrand den nötigen Spielraum, alles für die bevorstehende Übergabe vorzubereiten. Bild: DRS

Paul Hildebrand geht Ende September in den Ruhestand. Bis dahin bereitet er das Büro für das Tandem seiner Nachfolgenden und für die Übernahme vor. Bild: DRS

Paul Hildebrand (70), Domkapitular und Leiter der Hauptabteilung „Pastorales Personal“, geht Ende September in den Ruhestand.

Im Interview blickt er zurück auf seine zwölfjährige Amtszeit und spricht über seine Zukunftspläne.

Herr Hildebrand, Sie standen für rund zwölf Jahre an der Spitze der Hauptabteilung ‚Pastorales Personal‘. Was wird Ihnen davon besonders in Erinnerung bleiben?

Emotional bewegend war für mich zum einen die Begleitung des Prozesses ‚Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten'. Denn darin hat sich eine loyale, solidarische Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinaus konkretisiert, die es uns erlaubte, notwendige Entwicklungen in den Blick zu nehmen. Kernstück waren die drei mal zwei Tage Fortbildungen ‘Wandlung‘ für 1500 pastorale Mitarbeitende, damit die sich in ihren Teams den Herausforderungen stellen konnten. Ziel war es, die von der Veränderung Betroffenen zu Beteiligten zu machen. In diesem gemeinsamen Design und mit dieser großen Unterstützung aller, die von einer konfliktfreien Zusammenarbeit im Inneren geprägt war, konnten wir wichtige Entwicklungsimpulse setzen, die aufgrund der Auswertung des Prozesses weitergehen müssen.

An welche Entwicklung denken Sie noch?

Der andere Höhepunkt meiner Amtszeit war die Integrierte Stellenplanung, mit der die Zeit bis 2025 personell in den Blick genommen wird, und die ebenfalls unter Beteiligung der Betroffenen erarbeitet wurde. Die interdisziplinäre Erweiterung der Pastoralteams mit Mitgliedern, die andere berufliche Qualifikationen mitbringen, war dabei natürlich ebenfalls ein Impuls, um die pastorale Weiterentwicklung zu fördern.

Was war das schönste Erlebnis in Ihrer Zeit als Hauptabteilungsleiter?

Da gibt es mehrere Erinnerungen. Angesichts der Herausforderungen waren mir die Gespräche mit den Dekanatsleitungen wertvoll. Gefreut hat mich die Rückmeldung eines Dekans, dass die Kriterien der Integrierten Stellenplanung nachvollziehbar sind und alle seine Fragen damit beantwortet werden konnten. Schöne Erlebnisse waren für mich auch immer die Firmungen, mit den jungen Menschen. Wichtig war mir auch immer der Kontakt zu den Haupt- und Ehrenamtlichen vor Ort. Man isst und spricht miteinander und erfährt so vieles, was sie bewegt. Besondere spirituelle Erfahrungen waren auch die Martinuswallfahrten nach Szombathely und Tours, denn es hat eine besondere Qualität, an den Ursprüngen anzuknüpfen. Ich fühle mich dabei der Person des Heiligen Martin und seiner großen Wirkungsgeschichte besonders nahe.

Wie schätzen Sie die Entwicklung in Zukunft ein?

Ich denke, dass es verstärkt Quereinstiege in die kirchlichen Berufe geben wird. Von Menschen, die sich in ihren Vierzigern beispielsweise sagen, dass es mit Ihrem bisherigen Arbeitsleben in der Industrie noch nicht alles gewesen sein kann und die bewusst Menschen beistehen wollen. Wir werden auch verstärkt auf die Charismen von Ehrenamtlichen schauen und uns fragen, welche Aufgaben sie in der Seelsorge übernehmen könnten, beispielsweise bei Menschen in Trauer. Es wird für uns wesentlich sein, dass wir an den Lebenswendepunkten wie Geburt und Hochzeit, bei Krankheit und Tod präsent sind. Dabei ist es aber auch wichtig, dass wir immer nur überschaubare Zeiträume in den Blick nehmen, denn es kann ja immer wieder unvorhergesehenes geschehen, so wie uns das die Flüchtlingskrise und jetzt die Pandemie gezeigt haben.  

Stichwort ‚Corona‘: Welche Auswirkungen hatte die Pandemie von Ihrer Warte aus auf die Tätigkeit der Priester vor Ort?

Es gab verschiedene Phasen des Schocks, als die Pandemie das Schwungrad des Gewohnten zum Stehen brachte. Ostern 2020 und danach ohne die gewohnten Präsenzgottesdienste war eine sehr harte Zeit. Für die Priester stellte sich generell immer wieder die Frage, wie es trotz allem gelingen konnte, mit den Menschen in Kontakt zu bleiben, sie zu erreichen.  Das brachte viele kreative Ideen hervor. Allerdings gab es auch viele organisatorische Dinge, die bewerkstelligt werden mussten.  

Was, denken Sie, wird nach der Pandemie bleiben?

Mediale Angebote und Videokonferenzen als Instrumente der beruflichen Kommunikation werden sicher weiter genutzt. Auf der anderen Seite bin ich aber überzeugt, dass es ein starkes Bedürfnis gibt, wieder Menschen zu treffen und gemeinsam Gottesdienste zu feiern. Die Sehnsucht nach dem gemeinsamen Erleben wird wieder deutlich erwachen und das Bedürfnis danach, nicht mit dem eigenen Erleben allein zu sein, sondern in Gemeinschaft dazuzugehören.

Ihre Dienstzeit endet am 30. September. Wie werden sich Ihre letzten Wochen im Amt gestalten?

Ich bin bis zum letzten Tag voll im Dienst und bereite das Büro für das Tandem meiner Nachfolgenden und für die Übernahme vor.

Wie kommt es, dass Sie gerade Ende September als Zeitpunkt für Ihren Rücktritt gewählt haben?

Das wurde von mir mit Blick auf die Ferienzeit ganz bewusst so gelegt, denn bis alle aus dem Urlaub zurückgekehrt sind und wieder Vollbetrieb herrscht, ist es Anfang Oktober.  Die Ferienzeit gibt den nötigen Spielraum zum Abschließen verschiedener Vorgänge und zum ‘Aufräumen‘ des Büros.

Und wie geht es für Sie privat weiter?

Ende August werde ich aus meiner Dienstwohnung ausziehen, so dass mein Nachfolger ab Mitte September einziehen und sich einrichten kann. Es war mir wichtig, dass er von Beginn an einen privaten Rückzugsort hat, denn vom ersten Tag an wird für ihn der Dienst im Mittelpunkt stehen.

Wohin werden Sie ziehen?

Ich ziehe nach Stuttgart. Die Stadt bietet mir viele Möglichkeiten und bis auf ein Jahr lebte und arbeitete ich immer am Neckar. Dort habe ich auch meine sozialen Verbindungen.

Werden Sie in Stuttgart weiter in einer Gemeinde aktiv sein und aushelfen?

Ich ziehe in den Stuttgarter Westen in das Gebiet der Gemeinde St. Elisabeth und mit dem Pfarrer dort habe ich schon Kontakt aufgenommen, wobei ich aber alle 45 Stuttgarter Gemeinden aus meiner Zeit als Jugendpfarrer kenne und auch die Pfarrer sind mir natürlich bekannt. Dort, wo ich gebraucht werde, bringe ich mich gerne ein.

Haben sie noch viele Auswärtstermine, gibt es Zeit für Abschiedsbesuche?

Nein, ich mache keine Tour. Dazu habe ich gar keine Zeit und das ist auch nicht nötig. Es hat mir immer Freude gemacht, da gibt es nichts nachzuholen und das ist auch nicht üblich. Wichtig ist mir jetzt, ein überschaubares Haus zu hinterlassen.

Haben Sie schon Pläne für die Zeit ab Oktober?

Zunächst einmal ausschlafen und dann lerne ich gerne Sprachen und ich lerne auf diesem Weg auch gerne die Welt kennen. So kann ich mir sehr gut einen Sprachaufenthalt in Spanien, einem südamerikanischem oder aber auch einem englischsprachigen Land vorstellen.

Zur Person

Paul Hildebrand wurde im März 1951 in Wangen im Allgäu geboren. Nach der Schulzeit in Leutkirch und Ehingen an der Donau studierte er von 1970 bis 1975 katholische Theologie an der Universität Tübingen, unterbrochen durch ein Studienjahr in Innsbruck. Nach der Priesterweihe 1978 in Ulm-Wiblingen folgten Stationen als Vikar in Rottweil und Esslingen sowie mehrere Jahre in der Jugendseelsorge – unter anderem von 1989 bis 1996 als Diözesanjugendseelsorger des BDKJ und Leiter des Bischöflichen Jugendamtes in Wernau am Neckar. 1997 zog es Hildebrand wieder zurück nach Esslingen, als Pfarrer der Gemeinde St. Paul. 1999 wurde er zum Dekan des Dekanats Esslingen gewählt, später zum Dekan des neu gebildeten Dekanats Esslingen-Nürtingen.  Von 2003 bis 2007 war er zudem Moderator der Dekanekonferenz der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Im Jahr 2009 übernahm er die Leitung der Hauptabteilung „Pastorales Personal“ im Bischöflichen Ordinariat in Rottenburg. Seine Freizeit verbringt Hildebrand gerne mit Zeitung lesen, (theologische) Literatur studieren, Konzerte besuchen und andere Länder bereisen.

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