Heimattage

Ist Kirche Heimat?

Betriebsseelsorgerin Hermine Burger (l.) und Lea Fritzenschaft vom Jugendreferat sprechen am Stand des Dekanats Biberach bei den Heimattagen mit Renate Gleinser (r.) - Foto: DRS/Waggershauser

Mitarbeitende im Dekanat Biberach kommen mit Besucher:innen der Baden-Württemberg-Tage ins Gespräch.

Es ist kein gewöhnlicher Sonntagmittag in Biberach. Während die Glocke auf dem Turm der ökumenisch genutzten Martinskirche zum Gebet läutet, schieben sich Menschenmassen, darunter viele Familien mit Kindern, durch die Fußgängerzone hinüber zum Marktplatz. Um die Kirche herum zeigen Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste ihre Fahrzeuge mit blinkendem Blaulicht, während sich vor den Pommesbuden und anderen Essensständen Schlangen bilden. Die Besucher:innen kommen aus Oberschwaben, aber auch aus anderen Landesteilen. "The Länd zu Gast in Biberach" - das war an diesem Wochenende im Rahmen der Heimattage unter der Schirmherrschaft des Landes Baden-Württemberg erlebbar.

"Kirche ist doch Heimat", dachte sich Dekanatsreferent Robert Gerner, als er erstmals von dem Großereignis las. Die verschiedenen Dienste im Alfons-Auer-Haus und darüber hinaus waren von seiner Idee begeistert, dass sich das Katholische Dekanat Biberach dort mit einem Stand präsentieren könnte. Auf dem schmucken Holzmarkt stellen sich nun Einrichtungen und Angebote wie Betriebsseelsorge, Jugendreferat und Erwachsenenbildung in der "Körper- & Seelemeile" vor. Mit je einem Sektor sind sie alle auf dem Glücksrad am Eingang des Zeltes vertreten, das nicht nur Kinder anlockt. Wer am Rad dreht, erhält neben Gummibärchen und anderen Leckereien entsprechendes Infomaterial.

Kontroverse Diskussionen

Weniger Beachtung finden die auf die Straße geklebten Kreise mit QR-Codes, über die sich kurze Videos der Einrichtungen abrufen lassen. Sie führen zu einer Pinnwand, auf der die Besucher:innen aufschreiben können, was ihnen auf der Seele brennt. "Der Erste dort hat mir gleich gesagt, dass er mit Kirche nichts zu tun hat", berichtet Gerner vom Samstag. Der Besucher sei aber überrascht gewesen, dass Kirche bei einer Leistungsschau inmitten der geöffneten Geschäfte sowie der Stände von großen Firmen, Parteien und unterschiedlichen Organisationen zu finden wäre. Das Gespräch der beiden dauerte schießlich etwa eine Stunde.

Auch Lea Fritzenschaft, die ihren Freiwilligendienst im Jugendreferat leistet, ist gefragte Gesprächspartnerin. "Viele sagen 'Kirche nein', viele fühlen sich aber auch in der Kirche wohl", macht sie zwei etwa gleich große Gruppen aus. Zur Sprache kämen die großen Themen wie Kindesmissbrauch, Zölibat und fehlende Einflussmöglichkeiten vor allem für Frauen. "Aber gerade hat ein Mann erzählt, dass ohne Hilfswerke wie Misereor oder die Bahnhofsmission das Ganze nicht funktionieren würde", erzählt sie.

Im Gespräch bleiben

Zum Kettcarrennen auf dem Schadhofplatz am anderen Ende der Fußgängerzone gegen den Europaabgeordneten Norbert Lins lässt sich der Biberacher Dekan Stefan Ruf nicht überreden. Aber er interessiert sich für die Themen an der Station von Autostopp Europa, einer Kunstinstallation zum Mitmachen des Straßenkunstkollektivs TheaterTonne e.V. Gegenüber Lins äußert er seine Sorge um einen Rechtsruck in Europa. Im Katholischen Dekanat laufen die Fäden des Bündnisses für Demokratie und Toleranz im Landkreis Biberach zusammen, dessen Aufsteller mitten im Europaparcours der Straßenkünstler steht.

Zurück auf dem Holzmarkt. "Die Leute sind total dankbar, dass wir da sind", betont Chris Schlecht von der Profilstelle Ehrenamts- und Engagementsentwicklung im Dekanat Biberach. Auch wenn er bei denen, die noch in der Kirche aktiv sind, viel Frust zu hören bekam, hätten sie den Ort geschätzt, an dem sie das loswerden konnten. Er versprach den Besucher:innen, ihre Beiträge an der Pinnwand dem Bischof weiterzuleiten. Die Heimattage hätten gezeigt, dass es gut sei, mit denen, die in der Kirche ihre Heimat haben und denen, die sie dort nicht oder nicht mehr haben, im Gespräch zu bleiben.

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