„Jesus kann das nicht alleine. Jesus braucht Freunde.“ Schuldekan Tobias Haas betet in Wort und Gebärdensprache. In leichter Sprache, in einfachen Worten und mit Gesten untermalt, damit jede und jeder Anwesende die Gebete versteht, erklärt Haas in der Kurzandacht zu Beginn des kurzweiligen Abends in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart: „Es geht darum, auch Menschen, die nicht sehen oder hören können und Menschen, die kognitiv eingeschränkt sind, in das Dankgebet mit einzubeziehen.“
Gott sei Dank
In einem Rückblick stellten zunächst Lara Maier und Verena Ernst von der Projektgruppe „Leichte Sprache“ das Projekt und ihre Arbeit der letzten fünf Jahre vor, bevor sie zum Abendgebet mit Texten aus dem Gebetbuch „Gott sei Dank“ überleiteten. Musikalisch begleitet wurde der Abend von Raphael Schäfer an der Gitarre und Raphaela Vogel am Klavier. Nach diesem besinnlichen und informativen Start waren die etwa 80 geladenen Gästen aus Kirche und Gesellschaft mitten im Thema angekommen. Seit 2019 bieten eine Projektgruppe mit Mitarbeitern aus der Diözese und dem Katholischen Bibelwerk e.V., Fortbildungen zu Bibel und Leichter Sprache in der Diözese an. In diesem Projekt entstand unter anderen auch das Gebetbuch „Gott sei Dank“
Gebete auch in Gebärdensprache
Diözesanreferentin Verena Ernst erklärt, worum es bei den „Bibelübersetzungen“ – die eigentlich eine Übertragung ist - und auch bei der Gestaltung des Gebetbuchs geht: „Leichte Sprache ist eine barrierefreie Sprache, welche sich aus einfachen und klaren Sätzen zusammensetzt, um besser verständlich zu sein. Dazu gehören kurze Sätze, Prägnanz, eine klare Gesamtgliederung sowie eine einfache Sprache ohne Fremdwörter und Fachvokabular. Erklärende Bilder, Fotos und Grafiken tragen weiterhin zum Ziel der Textverständlichkeit bei.“ Im Gebetbuch, das die Anwesenden zum Mitsingen und Mitbeten in den Händen hielten, kommen ergänzend auch Gebete in einfacher Gebärdensprache hinzu, sowie QR-Codes, um die Lieder auch zu Hause hören zu können.
Der Mensch bleibt hängen, bekommt den Rest nicht mit
Dr. Katrin Brockmöller, Geschäftsführende Direktorin des Bibelwerks, erklärt, dass Texte in Leichter Sprache sich zwar in erster Linie an Menschen mit Behinderung richteten, allerdings auch an Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen: „Generell einfach an alle, die aus irgendeinem Grund sprachlich und/oder kognitiv eingeschränkt sind oder eine niedrige bzw. nicht so hohe Lesekompetenz haben. „Was für "normale Texte" gelte, sei doppelt nötig, wenn es sich um antike, biblische Texte in oft "schwierigen" deutschen Übersetzungen handele. Bei Menschen mit Beeinträchtigungen erschließe sich der Inhalt eines Textes oder einer Bibelstelle nicht nach und nach: „Wenn ein Mensch mit kognitiver Beeinträchtigung ein Wort nicht versteht, kommt er nicht über diese Hürde. Er bleibt hängen und bekommt den Rest nicht mehr mit.“