Das Gender-Sternchen* steht bei Personenbezeichnungen für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, die neben Männern und Frauen auch alle anderen Geschlechteridentitäten miteinschließt. Indem es der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) der Diözese Rottenburg-Stuttgart künftig in Wort und Schrift verwendet, bildet er einerseits gesellschaftliche Lebenswirklichkeit ab und macht gleichzeitig alle Menschen sichtbar, die sich nicht eindeutig einem binären Geschlecht zugehörig fühlen.
„Das Sternchen zeigt unsere Wertehaltung, die darauf basiert, dass Gott jede*n Menschen liebt“, erklärt Markus Scheifele, BDKJ-Diözesanjugendseelsorger den Beschluss der Diözesanversammlung der Dachorganisation katholischer Jugend- und Dekanatsverbände, die am 19./20. Oktober in Wernau stattfand.
Der Abstimmung ging ein Studienteil voraus, in dem die rund 70 Delegierten sich mit dem Thema „Geschlechtliche Vielfalt“ beschäftigten. Als Fachreferent*innen waren Rafaela Soden, Theologin und Referent*in für junge Erwachsene im Erzbistum Freiburg sowie Isabelle Melcher, Psychotherapeut*in und Leiter*in der Beratungsstelle Transsexualität, Transgender und Intersexualität (TTI) in Ulm zu Gast.
„Junge lesbische, schwule, bi-, trans- oder intersexuelle Menschen, haben oft das Gefühl keinen Platz in der Kirche zu haben. Kirche macht sich an all diesen Menschen schuldig, indem sie deren Lebensrealität verschweigt“, bewertet Soden die Morallehre der Amtskirche. Damit legitimiere sie auch Stigmatisierungen, Diskriminierungen und schwere Menschenrechtsverletzungen, wie sie weltweit an der Tagesordnung seien.
Hier sieht der BDKJ Rottenburg-Stuttgart seine Aufgabe darin, diese Menschen als Teil der Kirche sichtbar zu machen. „Denn mit Sprache schafft man Realität und wir wollen eine Sprache verwenden, die alle Menschen einschließt“, begründet Scheifele das Gender-Sternchen.
Um darüber hinaus auf die Realität sexueller und geschlechtlicher Vielfalt hinzuweisen, beschloss die Versammlung ein Positionspapier zu erarbeiten, das die Wertehaltung der katholischen Jugendverbände verdeutlicht. Bis zur Frühjahrssitzung im März 2020 sollen darin Standpunkte und Forderungen zu geschlechtlicher Vielfalt formuliert werden, die dem BDKJ eine Handlungsbasis für politische Aktionen geben.
So kann er etwa künftig seine Teilnahme an der Christopher-Street-Day-Parade, an Maria 2.0-Kirchenstreiks oder am Konzil von unten mit einem Hinweis darauf begründen. Denn das Positionspapier wird unter anderem neben der geschlechtlichen Vielfalt auch Aussagen zur Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit enthalten.
„Der BDKJ Rottenburg-Stuttgart sieht sich als Vorreiter innerhalb der katholischen Kirche, sich für alle jungen Menschen unabhängig ihrer geschlechtlichen und sexuellen Orientierung politisch einzusetzen – und dies ab sofort auch mittels geschlechtergerechter Sprache“, bemerkt Scheifele zufrieden zum Ergebnis der Herbstversammlung.