Tod und Trauer

Joachim musste nicht alleine gehen

Gruppenfoto der Kinder mit Bestatterin zwischen Särgen, Kreuzen und Urnen.

Die 4. Klasse der Grundschule Bad Wurzach besuchte im Religionsunterricht Bestatterin Cornelia Schuster (hinten l.) - Foto: Bernadette Miller

Eine Religionsklasse der Grundschule Bad Wurzach besucht die örtliche Bestatterin und gestaltet eine Trauerfeier.

Joachim hatte keine Angehörigen. Als er mit 77 Jahren starb, war niemand da, der die Trauerfeier organisieren oder das Grab hätte pflegen können. Das Sozialamt ordnet in solchen Fällen eine anonyme Bestattung an. Die Urne wird in einem pflegefreien Grabfeld beigesetzt. Bei Joachims Beerdigung sang und betete jedoch eine bunte Kinderschar auf dem Friedhof. Die Schüler:innen warfen Blütenblätter in das kleine Erdloch und trafen sich anschließend zum traditionellen „Leichenschmaus“. Auslöser war die Lerneinheit „Tod, Trauer und christlicher Auferstehungsglaube“ im Religionsunterricht der 4. Grundschulklasse - und Lehrerin Bernadette Miller.

Miller ist ausgebildete Gemeindereferentin. Für sie ist Religion nicht trockene Theorie, sie muss erlebbar werden. Zu den sieben Werken der Barmherzigkeit, die Jesus am Ende des Matthäusevangeliums benennt, gehört auch Tote begraben. So organisierte sie zwei Termine für ihre Bad Wurzacher Religionsgruppe mit Bestatterin Cornelia Schuster. Zunächst lernten die jungen Besucher:innen den Ort kennen, wo Schuster trauernde Angehörige berät und wo diese Särge und Urnen für die Verstorbenen auswählen können. Eine Woche später erkundeten die Kinder mit ihr und Miller die Aussegnungshalle und den städtischen Friedhof der Kurstadt.

Kinder gehen unbefangener mit dem Tod um

Tod und Trauer - ein Thema, mit dem sich viele Erwachsene schwertun. Die Kinder waren jedoch neugierig und stellten ihre Fragen ganz unbefangen. Ihre Offenheit begeisterte die Bestatterin. Als sich Schuster dann mit Joachims Tod beschäftigte, kam ihr eine Idee. Warum nicht die Viertklässler fragen, ob sie die Bestattung gestalten möchten? Miller war von diesem Vorschlag sehr angetan, holte das Einverständnis ihrer Schulleitung ein und sprach mit den Kindern. „Kein Mensch soll alleine gehen“, waren sie sich einig. "Das ist eine gute Sache, wir sind dafür."

„Passende Bibeltexte aussuchen und Lieder üben - alle waren mit Eifer dabei“, berichtet Miller. Eine junge Künstlerin gab der gespendeten Urne mit dem Buch des Lebens, in dem Joachims Name steht, eine persönliche Note. Und die Kinder schrieben ihre eigenen Namen mit dazu. Immer mehr Menschen beteiligten sich. Das „Blumenstüble an der Ach“ stellte einen Korb voll Blütenblätter zur Verfügung, Pastoralreferent Matthias Winstel sorgte dafür, dass Joachims Name auf der Glasstele des Gräberfeldes erscheint, und die Eltern der Kinder besorgten mehrere Grablichter. Schließlich backten sie auch Köstlichkeiten für das Essen nach der Feier in der Schule.

Joachim bleibt in Erinnerung

„Es war ein wunderschöner Winternachmittag“, erinnert sich Miller an Joachims Beerdigung. Die Salvatorianer läuteten die Glocke der Wallfahrtskirche auf dem Gottesberg nahe beim Friedhof und die Kinder gaben dem Verstorbenen mit den Blütenblättern ihre Wünsche mit ins Grab. „Durch unser Dasein bezeugen wir: Im Tod ist Leben durch Jesus Christus, unseren auferstandenen Bruder und Herrn - auch für unseren Verstorbenen“, deutete die Gemeindereferentin das Geschehen. Joachim hatte keine Angehörigen mehr. Aber nun gibt es einige junge Menschen, die ihn sicher nicht mehr vergessen.

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