Advent

Kein Advent „nach Fahrplan“

Kommt Gott an wie ein Zug nach Fahrplan? Ein symbolischer Liniennetzplan erschließt Wege zu einem tieferen Verständnis des Advents. Foto: (c) Steffel

In der Symbolik des Bahnverkehrs zeigt ein Adventliches Gebet, was Advent bedeutet und was nötig ist, damit Gott wirklich ankommt.

Wie schön ist doch die Ankunft, wenn man erwartet wird! Vor allen an größeren Bahnhöfen lässt sie sich beobachten, die Sehnsucht und die Vorfreude auf das Zusammentreffen der Kinder mit ihrem Papa, der als Wochenendpendler von der Arbeit kommt, die Freude über das Wiedersehen mit Oma und Opa, die in einer fernen Stadt leben, oder das leidenschaftliche Hallo eines Paares mit „Fernbeziehung“. Und dann gibt es die, die anscheinend niemand erwartet; die, die sich mit ihrem Trolley fast verstohlen an den fröhlichen Mini-Grüppchen vorbeischlängeln. Und wie ist es bei Jesus? Wird er (wirklich) erwartet? Kommt Gott überhaupt an wie ein Zug nach Fahrplan? Diese Frage meditiert ein Adventliches Gebet am 12. Dezember in Ulm.

„Advent heißt auf Deutsch Ankunft. Kommt Jesus an wie der Zug F 33? Unbeirrt davon, ob nun jemand mit klopfendem Herzen am Bahnsteig steht oder ob keiner wartet?“ fragte einmal die evangelische Theologin und Dichterin Dorothee Sölle. Und gab gleich die Antwort: „Sicher nicht. Zum Advent gehören Wartende. Stünde niemand an Jesu Bahnsteig, so führe sein Zug durch, trotz des kirchlichen Fahrplans.“ Auch der Ulmer Dekanatsreferent Dr. Wolfgang Steffel erteilt dieser so schlichten wie sympathischen Vorstellung eine Absage: „Die Ankunft Gottes kann keinem innerweltlichen Fahrplan abgelesen werden“, sagt er – nutzt aber gerne das Bild des Liniennetzplans, um adventliche Wege aufzuzeigen.

Umsteigen zum "Herzensgrund"

Als geistlichen Wegweiser zur Gelassenheit hat Steffel seinen symbolischen Liniennetzplan mit 52 Strecken einst entwickelt. Die Namen der Strecken und ihrer Stationen, auch die der Regionen, durch die sie führen, sind ersetzt durch Begriffe aus dem Themenfeld der Gelassenheit. Da gibt es Nah- und Fernstrecken, geradlinige und kurvenreiche, Verkehrsknotenpunkte, Intercity-Stationen und kleine Haltepunkte. Der „Exodus-Express“ ist ein Zug in die Freiheit, „Stollenbahnen“ führen zu mehr Tiefgang, die „Mut-Mach-Bahn“ ist selbstredend. Manche Streckenabschnitte entsprechen Abschnitten einer Lebensstrecke, andere sind nach einer kurzen Lebensweisheit benannt. In diesem – coronabedingt – besonderen Advent und Weihnachtsfest will Theologe Steffel die adventlichen Strecken nochmals „abfahren“, auch um auszuloten, welche neuen Verbindungen seit dem Fahrplanwechsel möglich sind.

Wer Advent er-fahren will, muss umsteigen von der Haupt- auf die Nebenstrecke, von der „Parallel-Bahn“ zum „Einkehrschwung“, um ins Herzfeld zu gelangen. Umsteigehalt ist „Großherzigkeit“. „In den Herzensgrund, in die Begegnung mit Gott, führt ein bewährter und gerader Weg von ‚barmherzig‘ aus. Ubi caritas est et amor, Deus ibi est – Wo die Liebe und die Güte wohnt, dort nur wohnt der Herr. Im Handeln am Not leidenden Menschen begegne ich Gott. Der Geist treibt mich in den Dienst am Nächsten“, schreibt Steffel in einer seiner Linienbeschreibungen zum Advent.

In adventliche Haltungen einüben

Steffel betont aber auch die Unberechenbarkeit und Unverfügbarkeit der Ankunft Gottes in Christus: „Wir können auf Gott nicht aus unseren Überlegungen oder Denkkonstrukten schließen. Denn Gott ist kein Seiendes dieser Welt, sondern das Sein schlechthin.“ In dieser Unwissenheit bleibe (nur) die Einübung in adventliche Haltungen, „in eine Gestimmtheit auf die Ankunft, ein schweigendes Anhalten und Stille-Sein sowie eine Ruhe, die für das Verborgene sensibilisiert, erklärt Steffel. „So entsteht eine Offenheit für die Begegnung und Entgegnung von Gott und Mensch als ein Sich-überraschen-lassen.“

INFO

Das Dekanat Ehingen-Ulm lädt für Samstag, 12. Dezember, 10.30 Uhr zu einem adventlichen Gebet mit Dr. Wolfgang Steffel in die Kirche St. Franziskus am Tannenplatz in Ulm-Wiblingen ein. Eine „Mitfahrt“ auf den adventlichen Gebets- und Meditationsstrecken des symbolischen Liniennetzplans ist nur mit Sitzplatzreservierung (d.h. Anmeldung) bis 11. Dezember unter Telefon (0731) 9206010, E-Mail: dekanat.eu@drs.de möglich.

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