Noch ist die Gruppe der Frauen überschaubar, die an diesem sonnigen Märznachmittag an einem der Tische im Café Platz genommen haben. Es hat sich vermutlich noch nicht herumgesprochen, dass das Familienzentrum MOMOs WELT in der Ravensburger Weststadt nach der Coronapause seit einer Woche wieder geöffnet ist. Die elfjährige Helin und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Berat sind bereits durch eine Tür im hinteren Teil des eingeschossigen Gebäudes verschwunden. Sie genießen es, die kleine Bücherei zusammen mit der Leiterin Elisabeth Bodenmüller heute für sich zu haben.
"Ich lese am liebsten 'Die drei ??? Kids' und 'Gregs Tagebuch'", verrät Berat. Seine Schwester bevorzugt Otfried Preußlers 'Die kleine Hexe'. Beide sitzen am Kindertisch und sind in ihre Bücher vertieft. Nach ihrer Herkunft gefragt, antworten sie gleichzeitig mit "Italien". Etwas später kommt auch ihre Mutter Sebiha Tas dazu und klärt auf. Ihre Kinder seien in Italien geboren, sie sei aber Kurdin und stamme aus der Türkei. Seit 2015 wohne die Familie nun in der Domäne Hochberg, jenem Teil der Weststadt, der um die Jahrtausendwende mit vielen geförderten Sozialwohnungen gebaut wurde.
Mit Begegnung und Büchern Deutsch gelernt
"Als ich am Anfang hierher gekommen bin, habe ich kein Deutsch gesprochen", gesteht Sebiha Tas. Im Nachbarschaftstreff der katholischen Kirchengemeinde Zur Heiligsten Dreifaltigkeit, der damals noch in einer Wohnung mitten im Viertel untergebracht war, lernte sie schnell andere Frauen kennen - und mit ihnen die Sprache. Helin und Berat lesen alle Bücher auf Deutsch. Die heute 33-Jährige profitierte aber von der Mehrsprachigkeit der Bücherei. "Oben steht es auf Deutsch und unten die Übersetzung auf Türkisch", erklärt sie und zeigt die Seite eines zweisprachigen Bandes. In den Regalen stehen auch Druckwerke in russischer und in englischer Sprache.