Diözesanrat

"Kirche tut was!"

Der 11. Diözesanrat hat sich erstmals wieder in Präsenz getroffen. Bild: Diözesanrat / Ines Szuck

Zum ersten Mal seit seiner Konstituierung im März 2021 hat der 11. Diözesanrat der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Präsenz getagt.

In seiner Sitzung am 13. und 14. Mai im Bildungshaus Kloster Untermarchtal beschäftigte sich das oberste gewählte Priester- und Laiengremium mit den Themen Junge Erwachsene, Zweckerfüllungsfonds sowie der Klinik- und Altenheimseelsorge. Des Weiteren stand der Bericht der Diözese zur Weltbischofssynode auf der Tagesordnung – eine Zusammenfassung der Stellungnahmen aus der gesamten Diözese, inklusive der Erklärung des Diözesanrats.

Zuvor hatten die diözesanen Räte mit eindeutiger Mehrheit Gabriele Denner zu ihrer neuen Geschäftsführerin bestellt. Nach gut 50 Jahren übernimmt damit erstmals eine Frau die Geschäftsführung des Diözesanrats und Priesterrats der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Der bisherige Geschäftsführer Alexander Bair wechselt im September 2022 zum Diözesancaritasverband.

Zwischenstand Projekt Junge Erwachsene

Susanne Grimbacher und Andreas Chucherko, die beiden Leiter des Projekts „Junge Erwachsene“, stellten das Umsetzungskonzept vor, berichteten über ihre Arbeit mit der Zielgruppe und informierten das Gremium über den aktuellen Stand des Projekts. Dieses wurde 2019 vom 10. Diözesanrat als ein Schwerpunktthema der Diözese gesetzt. Der Auslöser dafür war u.a. eine Studie zu den Austrittszahlen, worin sichtbar wurde, dass vor allem Menschen zwischen 18 und 35 Jahren aus der Kirche austreten. Die daraufhin geschaffene und auf fünf Jahre begrenzte Projektstelle beschäftigt sich mit eben dieser Zielgruppe - junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren, die wenig oder gar keinen Kontakt zur Kirche haben, der Kirche vielmehr skeptisch gegenüberstehen, bei denen aber Fragen zur sinnstiftenden Lebensgestaltung eine wichtige Rolle spielen. Der Auftrag war, ein Umsetzungskonzept, das sich bewusst außerhalb der bisher üblichen pastoralen Konzepte und nicht dem Erhalt der Organisation zu dienen hat. „Vielmehr geht es um die pastorale Ausrichtung, um die Relevanz von Kirche im Leben junger Erwachsener. Nicht um der Kirche willen, sondern um der jungen Erwachsenen willen,“ betonen Susanne Grimbacher und Andreas Chucherko.

Ziel ist es einerseits, durch verschiedene Angebote Kontakte zu jungen Erwachsenen herzustellen, deren Lebenswirklichkeiten theoretisch und praktisch zu verstehen und andererseits Möglichkeiten neuer Zugangswege an neuen Orten auszuprobieren und auszuloten und dazu entsprechende Initiativen zu fördern. Ganz bewusst werden dabei keine Projekte initiiert oder gefördert, die in der Kirche bereits verankerte junge Erwachsene ansprechen. Stattdessen geht es um junge Erwachsene, die in Distanz zur Kirche leben. Grimbacher und Chucherko führen regelmäßig qualitative Interviews mit jungen Erwachsenen aus verschiedenen Milieus und Altersgruppen (zw. 18 und 35 Jahren), werten diese fortlaufend aus und lassen die Ergebnisse ins aktuelle Tun des Umsetzens einfließen, auch unter Berücksichtigung aktueller Forschung zum Thema. Die Ergebnisse werden regelmäßig ausgewertet. Susanne Grimbacher und Andreas Chucherko sind überzeugt: „Das mit Kirche und jungen Erwachsenen, das wird was!“

Aufstockung Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfe

Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen waren in 2021 erstmalig mehr als 84 Mio. Menschen weltweit auf der Flucht, wobei die schätzungsweise 12 Mio. Geflüchteten in und aus der Ukraine noch nicht berücksichtigt sind. Von diesen sind bereits rund 727 000 Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland angekommen, davon rund 100 000 in Baden-Württemberg. Sie müssen versorgt und integriert werden – eine große Herausforderung für Kirchengemeinden, kirchliche Einrichtungen und den Diözesancaritasverband. Ein Ende des Krieges ist derzeit nicht absehbar. Um die Hilfen auch über eine längere Zeit aufrechterhalten zu können, müssen Akteure der kirchlichen Flüchtlingshilfe in der Ukraine, in ihren Nachbarländern und in der Diözese Rottenburg-Stuttgart dafür finanziell in Stand gesetzt werden. Zugleich müssen auch andere Projekte der weltkirchlichen Flüchtlingshilfe, etwa im Irak, fortgesetzt werden.

„Wir sind aufgerufen den Akteuren der kirchlichen Flüchtlingshilfe bei ihrer Arbeit für diese Menschen dort, wo wir es vermögen, zu helfen - mit kurzfristigen Maßnahmen, aber auch mit langfristigen Projekten. Es gibt so viele Stellen an denen Hilfe notwendig wäre. Wir können nicht überall helfen, aber wir konnten schon einiges tun mit den Mitteln, die Sie, die Mitglieder des Diözesanrats, uns zur Verfügung gestellt haben,“ so Norbert Brüderl, Vorsitzender des Diözesanausschusses Eine Welt.

„Es ist uns sehr wichtig, dass der Zweckerfüllungsfonds nicht einfach Ukrainehilfe ist, sondern Hilfe für alle Geflüchteten, völlig unabhängig von ihrer Herkunft,“ betonte Dr. Joachim Drumm, Flüchtlingsbeauftragter der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Um dieses Engagement in seiner ganzen Breite fortführen zu können, hat der Diözesanrat die Aufstockung der beiden diözesanen Fonds der Flüchtlingshilfe beschlossen. Dazu werden aus dem Jahresüberschuss 2021 des Diözesanhaushalts jeweils 3 Mio. Euro, insgesamt also 6 Mio. €, für die weltkirchliche und die diözesane Flüchtlingshilfe zur Verfügung gestellt. „Wir haben die Möglichkeit Menschen, woher sie auch kommen oder sind, in ihrer Not zu unterstützen. Das ist eine diakonische Tat unserer Diözese, der Ortskirche von Rottenburg-Stuttgart, auf die wir auch stolz sein dürfen. Denn hier geschieht sehr viel Gutes“, so Bischof Fürst.

Klinik- und Altenheimseelsorge in der Pandemie

In beeindruckender Weise berichteten Beatrix Schubert und Marianne Rathgeb sowie Ralf Weber über ihre vielfältigen Aufgaben und Erfahrungen in der Klinikseelsorge und der Altenheimseelsorge. Immer noch wirkt die Pandemie nach, bei der anfangs eine große Verunsicherung, Zutrittsverbote, Ratlosigkeit, uneinheitliche Vorgaben bei Mitarbeitenden und Patienten sowie die Angst vor Ansteckung, auch mit Blick auf Angehörige, im Vordergrund standen. Wie wichtig die Arbeit der Seelsorger:innen in Kliniken und Altenheimen ist, bestätigte Nobert Schnee, seit über 40 Jahren im Diözesanrat: „Als Betroffener und damit aus persönlicher Erfahrung weiß ich, wie wichtig die Arbeit der Seelsorger:innen ist. Gerade in Zeiten der Pandemie waren sie manchmal der einzige Kontakt der Menschen auf der Intensivstation zur Außenwelt. Ihnen gilt mein Dank, mein großer Respekt und meine Wertschätzung.“ Wie in anderen Bereichen kam es auch in der Klinik- und Altenheimseelsorge zu einem Digitalisierungsschub. Einerseits begleitet von Entgrenzung und Ernüchterung andererseits führte das aber auch zu einer spirituellen Kreativitätsexplosion. Schwierig war das Handeln zwischen den Welten, um Betroffenen, Angehörigen und Mitarbeitenden gleichermaßen gerecht zu werden. „Die Krisensituation erforderte Handeln wider besseren Wissens – und das hinterlässt Spuren. Und wo bleibt die Kirche? In vielfältiger Weise an der Seite der Menschen in der akuten Notsituation und in einer gerade erst angelaufenen Lernsituation, in der sie nicht hinter die Erfahrungen aus der Pandemie zurückfallen darf,“ erklärte Beatrix Schubert, Klinikseelsorgerin in Tübingen.

Bischof Dr. Gebhard Fürst war tief bewegt: „Mich haben die Berichte nicht nur persönlich, sondern auch im Hinblick auf meine Aufgabe sehr berührt. Ich habe sie als eine Meditation über das heilsame Handeln aus dem Geist des Evangeliums am Menschen erlebt - Seelsorge vor Ort und ganz nah beim Menschen. Ich bin tief beeindruckt und dankbar.“

Bericht der Diözese Rottenburg-Stuttgart zur Weltsynode 2023

Bischof Dr. Gebhard Fürst informierte über die Stellungnahme der Diözese Rottenburg-Stuttgart zur Weltsynode, die er Anfang Mai 2022 der Deutschen Bischofskonferenz zugesandt hatte. In dem Bericht schilderte er zunächst die Situation in den Kirchengemeinden, die in großer Sorge um die Zukunft der Kirche sind: Überalterung, Kirchenaustritte, Priestermangel, Missbrauch machen weitreichende Reformen erforderlich. Der Glaubenssinn der Menschen ist ernst zu nehmen, Macht ist zu beschränken, Ämter und Aufgaben zeitlich zu befristen. Weitere Themen sind die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, eine dem Stand des Wissens entsprechende Sexualmoral, Stärkung der Ökumene. Ein besonderer Abschnitt gilt dem Rottenburger Modell. Der Diözesanrat hatte im November 2021 eine eigene Erklärung zur Weltbischofssynode verabschiedet. „Mein Dank gilt an dieser Stelle der Hauptabteilung IV – Pastorale Konzeption des Bischöflichen Ordinariats, unter der Leitung von Weihbischof Matthäus Karrer, der mich maßgeblich bei der Erstellung des Berichts unterstützt hat. Dieser ist eine Zusammenfassung der Stellungnahmen, die mich aus der gesamten Diözese, aus Kirchengemeinden, Seelsorgeeinheiten und Dekanaten erreicht haben. Die vom Diözesanrat im November 2021 beschlossene Erklärung wurde dabei im vollständigen Wortlaut übernommen“, so Bischof Fürst.

Pastorale Schwerpunkte in Kraft gesetzt

Abschließend informierte Bischof Dr. Gebhard Fürst die Diözesanen Räte darüber, dass die in der Märzsitzung 2022 vom Diözesanrat verabschiedeten Pastoralen Schwerpunkte – Glaubenskommunikation, Engagemententwicklung, Vernetzung im pastoralen und diakonischen Handeln, strategische Personal und Organisationsentwicklung – in Kraft gesetzt sind.

Alle zwei Jahre empfiehlt der Diözesanrat als Pastoralrat Bischof Dr. Gebhard Fürst pastorale Schwerpunkte für die Weiterentwicklung der Seelsorge in der Diözese. In seiner Märzsitzung hatte das Gremium nach intensiven Beratungen das Beratungspapier für die pastoralen Schwerpunkte in den Jahren 2023 und 2024 mit großer Mehrheit verabschiedet. Dieses war zuvor vom Pastoralausschuss und der für die Pastoral zuständigen Hauptabteilung unter der Leitung von Weihbischof Matthäus Karrer sorgfältig erarbeitet worden.

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